2016-01:Atompolitik in Slowenien

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Atompolitik in Slowenien

Nuclear Heritage Die Hinterlassenschaften der Atomkraft des ehemaligen Jugoslawien, sowohl militärischer als auch sogenannter "friedliche" Nutzung, um Strom zu produzieren, wurden in den letzten Jahren klarer und besser dokumentiert, nachdem wichtige Archive geöffnet wurden und die involvierten Personen begannen offen zu reden. Das entstehende Bild der historischen Entwicklung ist alles, nur nicht positiv.

Historischer Überblick

In den späten 1940ern befahl der jugoslawische Präsident Josip Broz Tito die Einrichtung des Atomprogramms, wahrscheinlich sah er die Entwicklung von Atomenergie als einen Schlüssel für weitere wirtschaftliche Entwicklung an. Jugoslawiens frühe Forschung profitierte enorm von der Zusammenarbeit mit Norwegen, besonders bei der Wiederaufbereitung, und zu einem geringeren Grad auch von der Sowjetunion. Konkurrierend mit dem zivilen Forschungsprogramm initiierte Tito ein Atomwaffenprogramm. Sicherheitsbedenken und der Wunsch nach internationaler Anerkennung spielten dabei wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Entscheidung atomare Abschreckung zu aufzustellen.

In den 1960ern beendete Tito das Atomwaffenprogramm aus zwei Gründen: erstens auf Grund des Atomunfalls am Vinca Atominstitut am 15. Oktober 1958, wo sechs Menschen verstrahlt wurden und einer von ihnen starb. Der zweite Grund waren die riesigen Kosten des Projektes.

1974 wurde das Waffenprogramm wiederbelebt, nachdem Indien, mit dem Jugoslawien um die Führung in der Bewegung der Blockfreien Staaten konkurrierte, eine Atomwaffe testete. Es hausierte nun unter dem Namen Programm A und widersprach Jugoslawiens Mitgliedschaft am Atomwaffensperrvertrag seit 1970. Der Mangel an Enthusiasmus unter Atomwissenschaftler*innen und unzureichende finanzielle Mittel sind oft zitierte Gründe, weshalb Jugoslawiens Kurs hin zur Atomwaffenmacht letztlich nicht erfolgreich war und 1987 beendet wurde.

In den 1970ern wechselte der Fokus von Jugoslawiens zivilen Atomprogramms von der Forschung zur Atomstromproduktion. 1981 ging das erste und einzige Atomkraftwerk des Landes in Krško in Betrieb. Aber die Tschernobyl-Katastrophe im April 1986 führte zu einem Moratorium, welches zuerst vom slowenischen Parlament und dann vom Bundesrat angenommen wurde, und dass die gesamte atomkraftbezogene Forschung in Jugoslawien beendete.

1992, nach der Abspaltung Sloweniens, Kroatiens, Mazedoniens und Bosnien-Herzegowinas, schufen Serbien und Montenegro den neuen Staat, genannt Bundesrepublik Jugoslawien, welcher bis 2003 existierte, dann aber vom Staatenbund Serbien und Montenegro ersetzt wurde. Montenegro erklärte seine Unabhängigkeit 2006 nachdem es beinahe 90 Jahre Teil Jugoslawiens gewesen war.

Mitte bis Ende der 1990er Jahre begannen Wissenschaftler*innen vom Atomforschungsinstitut Vinca in der Nähe Belgrads, welches einer der Hauptwissenschaftsstandorte Jugoslawiens war, Bedenken zur Sicherheit der über 40 Kilogramm Kernbrennstoffs aus hoch angereichertem Uran und der 2,5 Tonnen abgebrannter Brennelemente Bedenken zu äußern, die in Vinca gelagert wurden. Im August 2002 wurde der Abtransport von 48 Kilogramm auf 80% angereicherten Urans von Vinca zum russischen Atomreaktoren Institut in Dmitrovgrad, Russland, organisiert.

Atomkraft in Slowenien

In Slowenien gibt es mehrere Atomanlagen: einen Atomreaktor in Krško, den ehemaligen Uranabbau in Žirovski Vrh bei Škofja Loka und das Atomforschungsinstitut "Jožef Stefan" mit seinem Forschungreaktor "TRIGA" in Ljubljana. Ein zentrales Lager für niedrig- und mittelradioaktiven Müll befindet sich in Brinje bei Ljubljana.

Uranabbau

In Žirovski Vrh wurden die Abfälle des angrenzenden Uranabbaus in der Vergangenheit gelagert wurden. Das Bergwerk wurde in den 1990ern stillgelegt; das Lager wurde vom für die Stilllegung zuständigen Unternehmen Rudnik Žirovski Vrh gebilligt.

Jožef Stefan-Institut

Das Forschungsinstitut arbeitet seiner Selbstdarstellung zufolge auf dem Gebiet der Reaktorphysik mit Schwerpunkt auf die Entwicklung von Berechnungsmethoden für Forschungs- und Leistunsreaktoren. Entsprechende Modelle wurden für die slowenischen Reaktoren TRIGA und Krško entwickelt. Daneben befasst sich das Institut auch mit den sogenannten weiterentwickelten Reaktorkonzepten der 4. Generation, mit modernen Neutronenquellen und mit der Erarbeitung von Daten und Materialien für die Fusionstechnologie.

AKW Krško

Krško ist das einzige Atomkraftwerk in Slowenien, ein einzelner Westinghouse-Leichtwasserreaktor (Druckwasserreaktor) mit einer Kapazität von 696 MW. Betreiber ist das slowenisch-kroatische Unternehmen Nuklearna Elekrarna Krško" (NEK). Die Regierungen Sloweniens und Kroatiens schlossen am 11. März 2003 einen Vertrag über Eigentum, Stilllegung und Kosten des AKW ab. 50% des Atomkraftwerks gehören dem slowenischen Energiekonzern GEN-Energija, 50% dem kroatischen Energiekonzern HEP Electric. Aufsichtsbehörde für atomare Sicherheit ist die slowenische Administration.

Krško ging 1983 in Betrieb; die Stilllegung ist für 2023 geplant, aber Energiekonzerne und Politiker*innen wollen eine Laufzeitverlängerung. Die Brennstäbe werden vom deutschen Unternehmen NUKEM geliefert, Uran-Ursprungsort sei Russland, so der Leitende Ingenieur des AKW. Auf dem Produktionsweg wird das Uran zunächst zur Anreicherung zur Columbia-Anlage in die USA verschifft. Am Ende der Prozedur werden die Brennelemente nach Slowenien transportiert.

Nach der Stilllegung des AKW sollen die abebrannten Brennelemente bis zu 50 Jahre auf dem AKW-Gelände gelagert werden. NEK hat noch keine Pläne, was mit den hoch-radioaktiven Abfällen am Ende geschehen soll. Sie rechtfertigen dieses Defizit damit, dass der hochradioaktive Atommüll kein Abfall sei, sondern eine "Ressource". Schließlich gab der Technische AKW-Direktor Bozidar Krajnc bei einer Diskussion während eines offiziellen Besuchs von Atomkraftgegner*innen aus verschiedenen Ländern zu, dass er keine Ahnung hat, was mit den radioaktiven Abfällen geschehen soll. Vielleicht landen sie am Ende doch in einem Endlager - welches es jedoch noch nicht gibt und bisher in Slowenien auch noch nicht weiter erörtert wurde.

Zur Zeit treiben GEN-Energija und das slowenische Wirtschaftsministerium den Bau eines weiteren Reaktors mit einer Kapazität von 1.000 bis 1.600 MW in Krško voran. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf etwa 1,5 Milliarden EUR, sagt die Atomlobby. Kritiker*innen schätzen, dass sich der finanzielle Aufwand eher auf etwa 5 Milliarden EUR belaufen word. Für 2013 war der Baubeginn projektiert, um 2017 in Betrieb zu gehen. Noch ist nichts derartiges geschehen.

Endlager für niedrig- und mittelradioaktiven Abfall

Hinsichtlich des leicht- und mittelradioaktiven Abfalls des AKW Krško ist die Lage ein wenig anders. Die Regierung will ein oberflächennahes Endlager, in nur 70 Meter Tiefe, in Vrbina bei Krško errichten lassen. Die Gemeinde von Krško hat diesen Plänen bereits im Juli 2009 zu gestimmt.

Verantwortlich für das Endlager ist die ARAO – Agentur für die Lagerung radioaktiver Abfälle. Laut ihrer Website muss das Lager nur für 300 Jahre sicher sein. In Brinje bei Ljubljana besteht außerdem eine Zwischenlager für niedrig- und mittelradioaktiven Abfall aus Industrie, Medizin und Forschung, das seit 1986 in Betrieb ist. Ursprünglich wurde es vom Jožef Stefan-Institute betrieben, aber seit 1999 ist die Agentur für die Lagerung radioaktiver Abfälle (ARAO) auch hierfür zuständig. Die Lagerung erfolgt an der Oberfläche statt. Die radioaktiven Materialien werden unterteilt in: Abfälle in Fässern, umschlossene Strahlenquellen und Sondermüll.

Dieser Artikel basiert auf Beiträgen eins befreundeten atomkraftkritischen slowenischen Wissenschaftlers und Rechercheergebnissen, die auf der Website des Nuclear Heritage Networks gesammelt wurden.