2010-01:Verbraucherschützer sagen: Danke, BAYER!

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Verbraucherschützer sagen: Danke, BAYER!

Bert Schmelzberg Heimlich, still und leise hat die Verbraucher Initiative (VI), ein Verein, der sich selbst Verbraucherschutzverband nennt, die Trägerschaft für ein von BAYER, Monsanto & Co. bezahltes "Informationsportal" zu Genfood aufgegeben.

Im Rechenschaftsbericht von 2009, vorgelegt zur Mitgliederversammlung am 31. Oktober, teilten Bundesvorstand und Geschäftsführung der Verbraucher Initiative mit:

"Seit dem Start im Jahr 1997 war die VERBRAUCHER INITIATIVE ideelle Trägerin des Internetportals www.transgen.de (Transparenz für Gentechnik bei Lebensmitteln). transgen.de war einer der ersten Versuche, das damals noch wenig verbreitete Medium Internet konsequent für neue Formen der Verbraucherinformation zu nutzen – und das bei einem Thema, das von Beginn an Gegenstand heftiger gesellschaftlicher Auseinandersetzungen war. Inzwischen ist transgen.de als zuverlässige Informationsquelle geschätzt. Die Internetseite wird sowohl von interessierten Verbrauchern genutzt, wie auch von Lehrern, Journalisten und allen, die sich professionell mit Gentechnik, Landwirtschaft und Lebensmitteln beschäftigen. Anfang des Jahres 2009 wurde mit dem „Forum Bio- und Gentechnologie – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e. V.“ eine neue Form der Trägerschaft gegründet. Träger sind Wissenschaftler aus mehreren Städten sowie einige Journalisten, die für das Internetportal transgen.de arbeiten. Die VERBRAUCHER INITIATIVE gehört diesem Verein nicht an.

Die VERBRAUCHER INITIATIVE begrüßte im Frühjahr die Entscheidung von Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner zum Anbauverbot von MON810."

Mit dieser umständlichen und gut versteckten Ausstiegserklärung endet ein besonders krasses Beispiel von Konzern-Greenwashing und NGO-Käuflichkeit. Denn bei TransGen.de geht es nicht um Verbraucherschutz oder Transparenz, sondern um geschickte Gentechnik-Werbung, als scheinbar ausgewogene Information getarnt. Die Verbraucher Initiative lieferte dabei nur die vertrauenerweckende Fassade. Bezahlt wurde und wird TransGen von BAYER CropScience, BASF, Dow Agro Sciences, Monsanto, Du Pont/Pioneer Hi-Bred und Syngenta Agro.

Es stimmt, dass TransGen eine zuverlässige Quelle ist - nämlich für trojanische Gentechnikpropaganda. Leider stimmt es auch, dass die Seite von LehrerInnen und JournalistInnen genutzt wurde. Nach einer Aufklärungsaktion von Anti-Gentechnik-Aktiven vor einigen Jahren nahmen wenigstens die Umweltverbände ihre Empfehlungen für TransGen zurück.

"Ausgewogene" Berichterstattung bei TransGen

Hier ein Beispiel für die Arbeitsweise von TransGen: Im November 2009 wurde der sogenannte Benbrook-Report veröffentlicht, eine Langzeitstudie, derzufolge der Einsatz von Gentechnik zur Ausbreitung von pestizidresistenten Unkräutern führt und die Pestizidrückstände in Lebensmittel ansteigen lässt. Die Studie wertete öffentliche Daten des US-Agrarministeriums aus. Bei TransGen wird daraus eine "ausgewogene" Meldung:

"Mehr oder weniger Pestizide? - Zwei aktuelle Studien über die Umweltauswirkungen gentechnisch veränderter Pflanzen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. ... Eine der Studien, verfasst von Charles Benbrook und herausgegeben von den US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisationen The Organic Center und Union of Concerned Scientists, kommt zu einem negativen Ergebnis: In den USA ist seit der Markteinführung herbizidresistenter gv-Pflanzen 1996 die Menge der ausgebrachten Herbizide um 175 Millionen Kilogramm gestiegen ... In der Studie des britischen Agrarökonoms Graham Brooks (PG Economics) fällt die Bilanz dagegen positiv aus. Er hat als Folge des Anbaus von gv-Pflanzen zwischen 1996 und 2007 weltweit einen rückläufigen Einsatz von Herbiziden ermittelt. Danach sind etwa 200 Millionen Kilogramm weniger ausgebracht worden."

Während TransGen nicht vergisst, die "negative" Studie als NGO-Studie zu kennzeichnen, verschweigt das Portal, dass die positive Bilanz von einem Forscher gezogen wurde, dessen Porträt man auf der Webseite von Monsanto bewundern kann. Auch der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung ist kein Zufall: Graham Brooks hat der Gentechnikindustrie auch schon nach anderen kritischen Studien "wissenschaftliche" Munition zur Verteidigung geliefert.

Verbraucherverband schwieg zu Gentechnik

Die Verantwortlichen bei der Verbraucher Initiative scheinen lange Zeit weder solche "Feinheiten" bemerkt noch überhaupt erkannt zu haben, dass ihnen als Trägerorganisation von TransGen die Rolle des nützlichen Idioten zufiel. Vielleicht waren die Dollarzeichen einfach zu groß. Das Geschäft hat sich jedenfalls für die Gentechindustrie doppelt gelohnt, denn TransGen konnte befriedigt feststellen:

"Der einzige große Verbraucherverband, der sich aus Einzelmitgliedern zusammensetzt, klammert 'Gentechnik' auf seiner Website nahezu aus - aus gutem Grund: Die Verbraucher Initiative ist Träger von TransGen."

Bei dem neuen Träger von TransGen, dem "Forum Bio- und Gentechnologie – Verein zur Förderung der gesellschaftlichen Diskussionskultur e. V.", handelt es sich praktisch um die MitarbeiterInnen von TransGen selbst. Sie nennen sich als Firma inzwischen "i-bio" und zeichnen auch noch für drei ähnliche Gentechnik-"Informations"-Portale verantwortlich.

Geändert hat sich also bei TransGen fast nichts, außer dass der Name einer wenig bekannten Verbraucherorganisation vom "Türschild" verschwunden ist. Zum Glück gibt es immer noch Wissenschaftlerinnen, Aktivisten und Journalistinnen, die sich nicht kaufen lassen, denn die Wahrheit herauszufinden und zu verbreiten macht einfach viel mehr Spaß.