2007-02:GERO AG betreibt Gentechnologie-Zentrum in Gatersleben

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GERO AG betreibt Gentechnologie-Zentrum in Gatersleben

http://taz.de/blogs/saveourseeds/2007/04/27/vergelts-gott-der-fromme-biopark-in-gatersleben/


Vergelt’s Gott: Der fromme Biopark in Gatersleben

Hätten Sie’s gedacht? Der Rheinische Merkur[1] hat uns darauf gebracht: Eines der führenden und aggressivsten Agro-Gentechnikzentren der Republik, der “Biopark Gatersleben[2]” gehört der katholischen Kirche, genauer der Gero AG des Bistums Magdeburg. Investitionsvolumen: 16,6 Mio €. Quadratmeterpreise: 8,50 € für Büro- und Laborflächen, 10,25 € im Gewächshaus und 1,50 € für Freiflächen für gentechnische Experimente. Die werden nicht zuletzt deshalb heftig kritisiert, weil direkt neben dem kircheneigenen Biopark das Institut für Pflanzenzüchtung[3] die wichtigste deutsche Sammlung alter Sorten beherbergt und vermehrt. Auf der Biopark-Webseite ist auch Platz für einen “ethischen Diskussionskreis”[4]. Doch der bietet ausser dem Anblick eines Ministers zwischen zwei feschen Maderln bisher leider noch keinen Inhalt an.[5] “Der Biopark entsteht in direkter Nachbarschaft zum Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, das auch Deutschlands größte Genbank für Kulturpflanzen mit über 150.000 Saatgutmustern beherbergt. Auf dem Biotech-Campus befindet sich auch das BASF-Tochterunternehmen SunGene und ein bereits voll ausgelastetes Biotech-Gründerzentrum mit jungen Biotech-Firmen. Damit bietet der Standort für die pflanzliche Biotechnologie in Sachsen-Anhalt und bundesweit beste Bedingungen,” wirbt die “Gero AG”, ehemals Siedlungswerk St. Gertrud, in ihrem Geschäftsbericht. “Im Biotech- Gründerzentrum finden diese jungen, innovativen Biotechfirmen ein ideales Klima zum Wachsen.” Eingeweiht und gesegnet wurde das neue Forschungsgewächshaus im letzten Jahr stilecht mit Weihwasser durch Ordinariatsrat Lieb.

„Wir tragen das Thema Biotechnologie offensiv in die Öffentlichkeit“, sagt Antje Guth, die Geschäftsführerin des “Biopark” und der Gero-Tochter “Futura” und bezeichnet gar das Kommunikationszentrum auch als das “eigentliche Herzstück” des neuen Zentrums. Sogar ein Labor für Schüler wurde dort eingerichtet, in dem sie erste Experimente machen können. Unter der gleichen Adresse wie die frommen Venture-Kapitalisten gibt auch die vom Gentechnik-Netzwerk Innoplanta[6] gesteuerte “Arbeitsgemeinschaft Innovative Landwirte”, AGIL, ihre Presseerklärungen heraus, in denen sie wahlweise Landwirtschaftsminister Seehofer der Fortschrittsverhinderung und Gentechnik-Kritiker der Verblendung zeiht und selbst die absehbare Halbierung der zum Gentechnik-Anbau angemeldeten Maisflächen noch als einen Erfolg zu verkaufen versucht. Eines verbindet die Gentechnikfreunde und das Bistum Magdeburg[7]: Sie sind in der krassen Minderheit (auf katholisch: Diaspora). Während AGIL behauptet deutschlandweit 70 Landwirte zu repräsentieren (zum Vergleich: 26.307 Bäurinnen und Bauern beteiligen sich aktiv an gentechnikfreien Regionen), sind im gesamten Bistum nur 3,7% der Bevölkerung katholisch. Aus Mitgliedsbeiträgen läßt sich da nicht viel bewegen.

Der forsche Umgang ihrer Anlagenverwalterin mit dem Thema scheint allerdings auch innerhalb der Kirchenleitung nicht unumstritten. Von anderen kirchlichen Institutionen kam bereits geharnischte Kritik. Ein Professor für systematische Theologie, der um ein Gutachten gebeten wurde, half auch nicht recht weiter. Dem Rheinischen Merkur sagte er: „Ein Ausstieg der Diözese aus dem Projekt Gatersleben wäre aus Gründen der Konfliktvermeidung vernünftig. Sie wäre aber, verstanden als Signal einer pauschal negativen Bewertung speziell im Blick auf die besonderen Bedingungen am Standort Gatersleben, aus meiner Sicht ethisch voreilig.“ Stattdessen empfiehlt er im Wesentlichen, zu diskutieren.

Genug Stoff dafür gibt es allemal. Dieser Tage werden in Gatersleben Gentechnik-Erbsen mit Schweine-Genen[8] ausgesät, im November wurde dort erstmals gentechnisch veränderter Weizen[9] ausgebracht. Zehntausende von Einwendungen konnten daran bisher nichts ändern. Das für die Genehmigungen zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel empfiehlt stattdessen, die Vermehrung der Erhaltungssorten an einen anderen Standort zu verlagern, weil Verunreinigungen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Am 21. Mai fand in Gatersleben eine Demonstration “Rettet die Genbank Gatersleben”[10] um fünf vor Zwölf am dortigen Bahnhof statt.

Das ganze Schlamassel auf einen Blick gibt es auch als pdf-file http://www.ipk-gatersleben.de/Internet/Infrastruktur/Institut/Standort/Biotech-Campus.pdf

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Geschrieben von saveourseeds, am Freitag, 27.04.2007 um 14:45

Benedikt Härlin, Jahrgang 57, befasst sich schon länger mit Fragen der Gentechnik. Er arbeitet für die Zukunftsstiftung Landwirtschaft (http://www.zs-l.de). "Save our Seeds" ist eine europäische Initiative der Zukunftsstiftung Landwirtschaft gegen Gentechnik im Saatgut (http://www.saveourseeds.org).