2013-02:rez energie

Aus grünes blatt
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Bücher zu Energie und Klimaschutz

Thomas Seltmann
Photovoltaik: Solarstrom vom Dach
(2. Auflage 2011, Stiftung Warentest in Berlin, 208 S., 24,90 €)
Ein Buch in gewohnter Qualität der Warentester: Praxisnah, anschaulich geschrieben und bebildert erfahren LeserInnen alles Wichtige zu Planung, Finanzierung, Errichtung, Anschluss und Wartung der Anlage. Etwas dürftiger fallen (umwelt-)politische Bewertungen aus, z.B. ganz am Schluss die Behauptungen, dass unter Freiflächenanlagen ungestörte Biotope entstehen können - ein ziemlicher Nonsens angesichts der durch Bodenverdichtung, ausbleibendem Regen und Verschattung völlig veränderten Standortbedingungen. Das Buch sei also denen empfohlen, die eine Hilfe für die praktische Umsetzung suchen. Kritische politische Kommentierung gibt es dann anderswo.

Hannes Koch u.a.
Stromwechsel
(2012, Westend in Frankfurt, 182 S., 12,99 €)
Welch ein geiles Land Deutschland doch ist, welch coole PolitikerInnen hier für das Gute kämpfen und wie selbst die übelsten Konzerne allen Profitinteressen zum Trotz doch immer wieder für das Richtige zu gewinnen sind bzw. selbst zu deren VorkämpferInnen werden (wobei das -Innen fast überflüssig ist, es ist fast nur über Super-Männer etwas zu lesen)! So jedenfalls liest sich das (völlig quellenangabenfreie) Buch - von kleinen Kratzern im nationalen Lack abgesehen. Die Frage der Machtverhältnisse, ein kritischer Blick auf die Zerschlagung von Bürgerbeteiligungsrechten durch die ProtagonistInnen der Energiewende selbst (zwecks schnelleren Kraftwerksbaus) und vieles mehr fehlen im Buch weitgehend. Das ist bereits ein Beitrag zur Geschichtsschreibung des „Green New Deal“: Die neue Farbe von Grün ist rosarot!

Fritz Vahrenholt/Sebastian Lüning
Die kalte Sonne
(2012, Hoffmann und Campe in Hamburg, 445 S., 24,99 €)
„Warum die Klimakatastrophe nicht stattfindet“, steht im Untertitel. Vahrenholt und Lüning versuchen das anhand von Daten über Sonnenzyklen zu belegen. Ihre Theorie: Die gemessenen Temperaturschwankungen seien Folge unterschiedlicher Sonnenaktivitäten. Denn diese dominiere das Geschehen. Solche Fakten wären in der Tat wichtig für die Debatte, wenn das Buch nicht seltsam veraltet erschiene. Für die Jetztzeit sagen die Autoren nämlich bereits eine Abkühlung des Klimas voraus, was aber die Durchschnittstemperaturen nicht hergeben. Gibt es andere Interessen? Vahrenholt war prominenter Umweltschützer in früheren Jahren und steht jetzt auf der anderen Seite. Sein Co-Autor organisiert das Ölgeschäft des Multis RWE Dea in Afrika. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Praxisleitfaden „Klimaschutz in Kommunen“
(2011, Deutsches Institut für Urbanistik in Berlin, A4-Loseblattordner mit 514 S.)
Ein umfassendes Werk voller praktischer Tipps zur Umsetzung von Klimaschutzzielen in der Kommunalpolitik. Der Schwerpunkt liegt inhaltlich bei der Energieversorgung und strategisch bei den administrativen Mitteln, die einer Gemeinde(verwaltung) zur Verfügung stehen. Bedauerlicherweise lückenhaft ist folglich die Frage von Beteiligungsmodellen wie z.B. Versorgungsstrukturen in BürgerInnenhand. Hier würde sich die Kommune selbst entmachten - und vielleicht ist das kein Zufall, dass eine solche Richtung nicht dargestellt wird. Für KommunalpolitikerInnen, Verwaltungsapparate und alle, die über die Institutionen Klimaschutz umsetzen wollen, ist die Mappe aber sehr geeignet. Von planerischen Festschreibungen über Finanzierungsfragen bis zu themenspezifischer Öffentlichkeitsarbeit und Beratung sind alle wichtigen Themen abgedeckt.

Joachim Radkau/Lothar Hahn
Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft
(2013, Ökom in München, 413 S., 24,95 €)
Im Stil eines Geschichtsbuch zeichnen die Autoren die lange und reichlich verzweigte Geschichte der Atomkraftnutzung nach - beginnend mit der ersten öffentlichen Freisetzung atomarer Energie als Vernichtungsschlag von Hiroshima über die vielen Debatten in der Wissenschaft, zwischen Politik und ForscherInnen, vor und während des Baus von Reaktoren sowie nach kleinen und großen Unfällen. Eine seltsame Leerstelle bilden Protest und Widerstand, die im Buch nur beiläufig erwähnt werden. Auch insofern ähnelt das Buch einem Geschichtsbuch: Wichtig ist nur, was in den Sphären der Wichtigen (Eliten) geschieht.

Kurt G. Blüchel
Der Klimaschwindel
(2007, C. Bertelsmann in München, 335 S., 14,95 €)
Klimadebatten sind in - und ob die aktuellen TurboklimaretterInnen der Marke Merkel und Gabriel wirklich die Sache im Kopf haben oder sich lieber als Mami der Nation inszenieren oder als Machertypen für höhere Aufgaben empfehlen wollen, ist schwer zu erkennen. In einer solchen Situation ist jede Position marktfähig. Also sind Bücher, die den Klimawandel für unbedenklich und die Szenarien für Lügen verklären, auch längst erschienen - so wie dieses. Sorgsam werden die Zahlen aneinandergereiht, die für die hier vertretene Position passen: Alles halb so wild und nur der natürliche Trend. Beweisbar ist es genauso wenig wie die Schreckensnachricht vom Klima. Warum aber gibt es überhaupt die Debatte? Würde mensch erst einmal fordern, dass exakt nachgewiesen werden müsse, dass Gewehrkugeln schädlich sind für Menschen, bevor das Schießen eingestellt wird, käme das gleiche Desaster: Es gibt keine objektiven Erkenntnisse. Daher lohnt der Hahnenkampf um die Definitionsmacht des Wahren auch nicht. Aber er schwemmt Geld in die Kassen der Verlage und Autoren - und das dürfte denn auch der wichtigste Ansporn sein.