2007-03:Utopien: Begriffe, Klassifizierung

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Utopien: Begriffe, Klassifizierung

fb Dieser Text ist aus dem Utopien-Seminar hervorgegangen, das im September 2007 in Magdeburg stattfand und will einen Einblick in die theoretische Debatte um Utopien geben. Hierbei geht es vor allem um mit der Idee einer herrschaftsfreien Welt zusammenhängende Begriffe und Erklärungsansätze zu diesen. Diese Einführung zum Thema Utopien umreißt das begriffliche Spektrum zunächst und ist nicht als abgeschlossen zu betrachten.

Begriff Utopie

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird "Utopie" einerseits verwendet, um eine positive Idealvorstellung zu beschreiben, andererseits aber auch um zu sagen, dass etwas unmöglich ("utopisch") ist. Für letzteres wäre statt "utopisch" passender der Begriff "illusorisch". Denn "Utopie" meint zwar etwas, was gerade nicht ist, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass es nicht möglich wäre. Zur sprachwissenschaftlichen Herkunft des Begriffs "Utopie" führe ich im Folgenden einige weitere Begriffe ein, die zum Teil zur Herleitung des deutschen Wortes genutzt werden können oder zur Abgrenzung bzw. Konkretisierung helfen können.

Einer der Wortursprünge ist das griechische eu-topos, wobei "eu" für "gut" und "topos" für "Ort" steht, gemeint ist also der „gute Ort“. Damit weist diese Begriffsquelle darauf hin, dass eine Utopie eine Vorstellung eines guten bzw. besseren Ortes oder auch Welt beschreiben soll. Dementsprechend ist mit Utopie in der Regel ein positives Gesellschaftsbild gemeint, im Gegensatz dazu steht die Dystopie, die weiter unten beschrieben wird.[1]

Einen anderen Zusammenhang stellt das Wort a-topie her, das ebenfalls aus dem Griechischen abgeleitet ist (griechisch ατοπία, atopía - Ortlosigkeit), und etwas nicht zuzuordnendes meint, das von hoher Originalität ist. Ein anderes Wort für diese Bedeutung wäre auch "Unbeschreiblichkeit".[2]

Bekannter als eu-topos ist der altgriechische Wortursprung ou-topos (altgriechisch οὐτοπία „der Nicht-Ort“), woher die sprachtheoretisch gebräuchliche Übersetzung von Utopie mit "Nicht-Ort" abgeleitet wird[3]. Damit beschreibt die Utopie idealisierte Vorstellungen, die in dieser Gesellschaft aber nicht vorliegen bzw. zum gegebenen Zeitpunkt nicht realisierbar sind[4].

Als hetero-topie[5] bezeichnet werden wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind. Gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. Nach Foucault können Gegenstand der Heterotopologie Orte sein, die von einer Gesellschaft errichtet wurden, um das Anor­male besser kontrollieren und bestenfalls disziplinieren zu können. Es können darüber hinaus Orte sein, die sich allein der Lust, der Schönheit oder dem Widerstand verschrieben haben, Orte, die nur solange "toleriert" werden, wie sie kein "öffentliches Ärgernis" oder gar eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.[6] Es handelt sich um Orte, die in dieser Gesellschaft möglich sind, sie reflektieren und gewissermaßen aufzeigen, was von der Utopie hier realisierbar ist. Heterotopien können damit die "utopischen Ansätze im Hier & Jetzt" sein, die es zu entwickeln gilt.[7]

Allerdings werden mit Heterotopien in der Rezeption häufig negative Aspekte verbunden: beispielsweise ihre Wirkung als Puffer einer Gesellschaft, die gegenläufige Energien auffangen, aber (bzw. vielleicht: und so) das System nicht ernsthaft verändern können. Viele Kommunen könnten in diese Interpretation passen, wenn ihre utopischen Ansätze die Gesellschaft aber nicht wirklich verändern, da sie auf sich bezogen bleiben und keine tiefergehenden Veränderungen erwirken. Kritische, utopisch denkende Menschen werden dort aufgefangen und schaden dem System an diesen Orten möglicherweise weniger, als wenn sie offensiv für ihre Ideen innerhalb der Gesellschaft auftreten würden. Ein anderes Beispiel für Heterotopien könnten die Offenen Räume mitsamt der dahinterstehenden Logik sein. Angesichts der negativen Zuschreibungen des Heterotopie-Begriffs dürfte dies Ausgangspunkt für vielseitige Diskussionen um die Wirkungsmacht dieses (und anderer) Ansatzes sein. Als andere Beispiele für Heterotopien nennt Foucault Jugend-, Alten- und Erholungsheime, psychiatrische Kliniken, Gefängnisse, die Kolegs des 19. Jahrhunderts, Kasernen, Friedhöfe, Kinos und Theater, Gärten, Museen, Bibliotheken, Festwiesen, Feriendörfer, kultische und nicht-kultische Reinigungsstätten, Gästehäuser, Bordelle, Kolonien sowie das Schiff als Heterotopie schlechthin.[8] Gemeinsam haben sie, dass sie jeweils für sich genommen Ausnahmen zur Normalität darstellen, jeweils aber auch die Gesellschaft abbilden.

Als dys-topie (altgriechisch dys- für miss-, un-, übel-) werden beispielsweise Geschichten bezeichnet, die in einer fiktiven Gesellschaft spielen, die sich zum Negativen entwickelt hat. Auch die literarische Endzeit ist eine Form der Dystopie. Häufig wollen die AutorInnen dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbilds vor Entwicklungen in der Gegenwart warnen. Typische Charakteristika von Dystopien sind beispielsweise mechanisierte Superstaaten, die dem Individuum jegliche Freiheiten nehmen, die Kommunikation der Menschen untereinander ist eingeschränkt und gestört, und das Bewusstsein der eigenen Geschichte oder eigener Werte gekappt.[9] Dystopien haben meistens die Funktion, auf gefährliche Entwicklungen hinzuweisen und darauf hinzuwirken, das etwas nicht getan wird. Beispiele für Dystopien sind die aktuellen Klimakatastrophenfilme, sofern mensch davon ausgeht, dass diese Entwicklungen noch vermeidbar sind.

Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Utopien taucht auch der Begriff euchai auf, der Dinge meint, die zwar schwer zu verwirklichen, aber doch möglich sind.[10] Möglicherweise könnten die heterotopischen Utopie-Ansätze im Hier & Jetzt (Beispiel: Offene Räume) damit umschrieben werden. Sie zielen Zustände an, die aufgrund der ungeeigneten Rahmenbedingungen fast nicht erreichbar sind, es gibt aber eine Chance mit entsprechendem Engagement sich ihren Zielen (z.B. Horizontalität) anzunähern.

Von diesen Bedeutungen ausgehend ist die Idee einer herrschaftsfreien Welt eine Utopie, da sie eine eine positive Gesellschaftsvorstellung, die aber nicht der aktuellen Realität entspricht und unter den gegebenen Bedingungen nicht realisierbar ist, beschreibt. In ihrer Idealität ist sie auch eine Atopie. - Auf der anderen Seite stehen die utopischen Projekte bzw. Alternativ-Ansätze, mit denen Menschen im Hier & Jetzt versuchen diese Vorstellungen einer herrschaftsfreien Welt anzunähern. Sie entsprechen dem Bild einer Heteropie, sind sie doch etwas "Anormales" in dieser Gesellschaft, spiegeln diese in ihren Restmuster des Mainstreams wider, zeigen aber auch einen Ausschnitt aus einer ganz anderen Welt.

Nach Foucault kann das Verhältnis zwischen Utopie und Heterotopie auch als Spiegel beschrieben werden: Auf der einen Seite steht der Mensch in seiner aktuellen Gesellschaft, auf der anderen Seite befindet sich die utopische Welt. Sind Realität und scheinbare Utopie übereinstimmend, handelt es sich vom Begriff her nicht um eine Utopie, sondern um eine Heterotopie, die Glaswand dazwischen wäre also ein Spiegel. Unterscheiden sich Gesellschaft und Wunschvorstellung, so liegt auf der anderen Seite die Utopie. Dabei sind die Übergänge zwischen den Polen dieses Bildes fließend und es sind Zustände vorstellbar, in denen sowohl Elemente von Utopie und Heterotopie vorliegen.

Ausgehend von der Heterotopie-Definition ergibt sich die spannende und kritische Frage, inwiefern die alternativen Ansätze im Hier & Jetzt geeignet sein können, die Utopie zu erreichen. Damit erhält Adornos Spruch, es gäbe nichts Richtiges im Falschen weiteres Fundament. Auch wenn diese Überlegungen vor allem philosophischen Charakter haben, könnten sie helfen auf abstrakter Grundlage Abschätzungen vorzunehmen, Strategien für den Kampf um eine bessere Welt zu entwickeln.

Das ständige Scheitern herrschaftsfreier Projektansätze - z.B. in Offenen Räumen - sollte nicht allzu schnell zum Resignieren führen. Das Scheitern ist vielmehr ein Hinweis auf die richtige Einschätzung der Bedeutung diskursiver Kräfte und des Zusammenspiels von Herrschaftsmechanismen, die sich gegenseitig verstärken. Herrschaftsfreiheit aus der uns umgebenden Gesellschaft heraus zu entwickeln ist schwierig, da Herrschaft systemimmanent angelegt ist. Aber sie ist nicht unmöglich, wenn auch das Bewusstsein für diese Problematik bei den Agierenden vorhanden sein sollte: "[G]erade im Eifer des Änderungswillens [wird] allzu leicht verdrängt [...], daß Versuche, in irgendeinem partikularen Bereich unsere Welt wirklich eingreifend zu ändern, sofort der überwältigenden Kraft des Bestehenden ausgesetzt sind und zur Ohnmacht verurteilt erscheinen. Wer ändern will, kann es wahrscheinlich überhaupt nur, indem er diese Ohnmacht selber und seine eigene Ohnmacht zu einem Moment dessen macht, was er denkt und vielleicht auch was er tut."[11]


Weitere Begriffe

Die Begriffe "Herrschaft", "Hierarchie" und "Macht" hängen eng zusammen, unterscheiden sich aber auch deutlich. Für eine ernsthafte theoretische Auseinandersetzung damit ist es wichtig, sie voneinander abgrenzen zu können und ihre Bezüge zueinander zu verstehen. Kurz gefasst bedeutet Macht ein bestimmtes Handlungspotential zu haben, was sowohl positiv als auch negative Auswirkungen haben kann. Aus verschiedenen solchen Potentialen können Hierarchien entstehen, die wiederum noch nicht automatisch negativ im Sinne von anti-emanzipatorisch sein müssen. Sie sind aber eine Voraussetzung für das Entstehen von Herrschaft, welche aus emanzipatorischer Sicht abzulehnen ist, da sie Fremdbestimmung darstellt. Anders herum kann mensch sagen, dass da wo Herrschaft vorliegt, auch Hierarchien zu finden sind. Und Hierarchien bauen auf verschiedene Handlungsmöglichkeiten (Potentiale - Macht) auf.

Zu diesen in der Auseinandersetzung mit dem Gedanken einer herrschaftsfreien Welt überwiegend negativ besetzten Begriffen, die vor allem der Analyse der Verhältnisse im Hier & Jetzt dienen sollen, haben wir zwei positive Pendants vorzustellen: die Prinzipien der "Selbstorganisation" und der "Horizontalität". Beide umschreiben Bedingungen und Möglichkeiten für Emanzipation und sind damit Teile einer Strategie für eine Befreiung aus herrschaftsförmigen Verhältnissen.

In der alten Max Weber-Definition ist Herrschaft[12] die Fähigkeit für einen Befehl von bestimmten Personen Gehorsam zu erhalten. Diese Definition erfasst allerdings einige neuere Erkenntnisse der Herrschaftsanalyse nicht, so lässt sich damit beispielsweise diskursive Herrschaft nicht herleiten. Verschiedene jüngere ForscherInnen (u.a. Spehr, Gruppe Gegenbilder) haben sich mit einer aktuelleren Definition versucht. Wahrscheinlich bedarf es aber weiterer Begriffsklärungen zur Konkretisierung um notwendige und hinreichende Bedingungen für das Vorliegen von Herrschaft zu beschreiben.

Hierarchien[13] sind Unterschiede, diese meinen im gesellschaftlichen Bereich Über- und Unterordnungen von Befugnissen, Zugangsmöglichkeiten, Befehlsketten etc. Hierarchien liegen damit u.a. durch Spezialisierungen, Erfahrungen, körperliche oder geistige Beschränkungen oder Vorteile, aber offensichtlich auch, wenn Menschen unterschiedliche Macht haben, über deutlich verschieden viel Geld verfügen uvm.

Frühere Machtdefinitionen[14] stellten diese mit dem Begriff der Herrschaft gleich und in vielen politischen Diskursen ist das bis heute noch der Fall. Beispielsweise wenn Ton Steine Scherben "Keine Macht für niemand" fordern (was allerdings auch aufgrund der doppelten Verneinung als "alle Macht für alle" interpretiert werden kann) oder wenn die Grünen in ihrem Wahlkampf "Den Männern die Hälfte der Macht" zugestehen wollen. Hier wird Macht mit Herrschaft gleichgesetzt, was auch der Wahrnehmung vieler Menschen entsprechen dürfte. Allerdings wurden in der Philosophie und Sprachwissenschaft inzwischen deutliche Abgrenzungen zwischen den Begriffen vorgenommen, weswegen es sinnvoll ist, bei der theoretischen Auseinandersetzung auf diese einzugehen. Demnach beschreibt Macht insbesondere die Fähigkeit bzw. das Potential etwas zu tun und ist damit eine Grundvoraussetzung dafür, dass Menschen handlungsfähig sind. Es kann auch hier eine genauere Klassifizierung vorgenommen werden, die z.B. zu einer Unterteilung in "kreative Macht" (das konkrete Tun von Menschen) und "instutionalisierte Macht" (Herrschaft) genutzt werdne kann.

Selbstorganisation[15] ist ein Prinzip, das helfen soll, unabhängig von einzelnen Faktoren (z.B. Lohnarbeit) zu sein und damit selbstbestimmter das eigene Leben führen zu können. Hierbei kommen in der aktuellen Praxis Verbindungen aus verschiedensten Ansätzen zur Organisation des Lebens zusammen, z.B. durch Aneignung von Kompetenzen, strategisches Vorgehen bei der Organisation von Ressourcen, Herstellung verschiedenster Kontakte etc. Selbstorganisation ist aber auch ein Anspruch, der an Menschen gestellt wird, wenn sie sich ohne Führung organisieren sollen. Diesen Anspruch erheben in letzter Zeit Kongresse wie der JUKSS und verschiedenste Alternativprojekte.

Horizontalität[16] beschreibt den Umgang der Menschen miteinander. Es handelt sich um einen erweiterten Begriff von Gleichberechtigung, der auch die unterschiedlichen Voraussetzungen (Erfahrungen, körperliche Benachteiligung, Kompetenzen) berücksichtigt und zum Ziel hat, unter diesen Bedingungen eine Verhandlungsbasis "auf gleicher Augenhöhe" zu schaffen. Umfassende Horizontalität liegt erst vor, wenn alle Einflüsse von Herrschaft ausgeschaltet sind und auch die Auswirkungen anderer Machtverhältnisse ausgeglichen werden. Horizontalität ist damit ein Grundprinzip herrschaftsfreier Gesellschaft, aber auch Anspruch bzw. Ziel für emanzipatorische Projekte im Hier & Jetzt.


Klassifizierung von Utopien

Zur Klassifizierung von Utopien gibt es unterschiedliche Ansätze, die sich teils überschneiden, teils aufeinander aufbauen, manchmal aber auch überhaupt keinen Bezug zu anderen Klassifizierungen haben. Die Wikipedia unterscheidet in religiöse (z.B. christliche oder islamische Utopien vom Gottesstaat), wissenschaftlich-technische (technischer Fortschritt verbessert das Leben und löst die aktuellen Probleme der Gesellschaft) und gesellschaftliche Utopien (vor allem sozialistische und kommunistische Utopien von einer gerechteren Welt, z.B. ohne Geld, Lohnarbeit oder Unterdrückung). Weiterhin gibt des die Klasse der Sozialutopien, die vor allem zu Zeiten der industriellen Revolution entstanden und deren VertreterInnen z.B. Robert Owen oder Charles Fourier waren. Bei dieser Kategorie gibt es sicherlich weitgehende Überschneidungen mit dem Begriff der gesellschaftlichen Utopien, obwohl beide Klassifizierungsansätze verschiedene Herkunft haben.

Eine andere Form der Einteilung liegt in der Beschreibung von Utopien als rein literarische Werke die in einer fiktionalen Gesellschaft spielen und für sich nicht den Anspruch einer 1:1-Übertragbarkeit haben und in solche Gesellschaftsentwürfe, die beschreiben, wohin die jetzige Gesellschaft sich entwickeln soll. Die literarische Utopien werden beispielsweise von Hans Joachim Mähl definiert als "Entwurf einer hypothetisch möglichen, d.h. unter Setzung bestimmter Axiome denkbaren/vorstellbaren Welt (Gesellschaftsverfassung/Lebensform), entworfen in räumlicher oder zeitlicher Projektion als Gegenbild (Negation) zu den explizit oder implizit kritisierten gesellschaftlichen Mißständen der jeweiligen Zeit."[17] Literarische Utopien sind in der Regel in der Form des utopischen Romans bzw. Zukunftsromans geschrieben; auch Science Fiction[18] kann dazugerechnet werden. Inhalt sind meist Vorstellungen einer besseren Welt, die in fiktive Erzählungen verpackt werden. VertreterInnen sind beispielsweise Jules Verne, Thomas Morus mit "Utopia" oder Francis Bacon mit "Nova Atlantis". In den Bereich der literarischen Utopien sind auch die später entstandenen Anti-Utopien (Dystopien) zu zählen, deren VertreterInnen z.B. Orwell mit "1984" oder Huxley mit "Brave New World" waren.

Utopien, die als Entwurf auf die wirkliche Gesellschaft übertragen werden sollen wird beispielsweise von Steffen Greschonig in seiner Arbeit "Utopie - Literarische Matrix der Lüge?" vorgeworfen, strukturell und häufig systematisch Elemente von Lügen zu enthalten, da sie häufig in einer unzutreffenden Re-Kontextualisierung dargestellt werden (beispielsweise wenn sie sich auf literarische Utopien beziehen, die eine fiktionale Gesellschaft mit anderen Rahmenbedingungen als im Hier & Jetzt zugrundelegen), innere Widersprüche nicht behandeln (beispielsweise wird dem Marxismus vorgeworfen sich einerseits von Elementen der Utopie und Ideale zu distanzieren und andererseits diese selbst zu verwenden) oder bedeutende Ausblendungen (Fragen oder Faktoren, die wichtig wären, gar nicht erst zu behandeln, aus denen aber möglicherweise erkennbar würde, dass sie unzutreffend für die hiesigen Ausgangsbedingungen sind) zu beinhalten. Angesichts dieser, gewiss zu großen Teilen berechtigten, Kritik ist es angeraten, favorisierte Utopieentwürfe kritisch zu hinterfragen und auch deutlich zwischen den hypothetischen Prämissen und wissenschaftlich hergeleiteten Tendenzen zu differenzieren.

Bei einer inhaltlichen Unterscheidung von Utopien könnten wiederum kommunistische, sozialistische, demokratische und herrschaftsfreie Gesellschaftsentwürfe unterschieden werden. Zu letzteren könnten dann einige anarchistische Modelle, die Welt der Freien Kooperationen (Christoph Spehr) und die "Freien Menschen in Freien Vereinbarung" (Gruppe Gegenbilder) gezählt werden.


Fußnoten

  1. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4
  2. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Atopie_%28Philosophie%29&oldid=34032451
  3. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343
  4. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.
  5. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heterotopie_%28Literatur%29&oldid=34564403
  6. vgl. http://www.jungle-world.com/seiten/2006/02/6984.php
  7. vgl. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 80f.
  8. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utopie&oldid=35055343
  9. vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dystopie&oldid=36516470
  10. Steffen Greschonig: Utopie - Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4, S. 61
  11. T.W. Adorno, in: Mündigkeit, S. 143f.; zitiert in in Volker Weiß, Sarah Speck (Hg.): Herrschaftsverhältnisse und Herrschaftsdiskurse. Lit-Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-8258-99387
  12. vgl. http://deu.anarchopedia.org/APO-Calypse:Herrschaftsfreie_Welt%3F_%28Seminar%29_Reader_Herrschaft
  13. vgl. http://deu.anarchopedia.org/APO-Calypse:Herrschaftsfreie_Welt%3F_%28Seminar%29_Reader_Hierarchie
  14. vgl. http://deu.anarchopedia.org/APO-Calypse:Herrschaftsfreie_Welt%3F_%28Seminar%29_Reader_Macht
  15. vgl. http://deu.anarchopedia.org/APO-Calypse:Herrschaftsfreie_Welt%3F_%28Seminar%29_Reader_Selbstorganisation
  16. vgl. http://deu.anarchopedia.org/APO-Calypse:Herrschaftsfreie_Welt%3F_%28Seminar%29_Reader_Horizontalitaet
  17. Hans Joachim Mähl: Utopie und Utopienreflexion bei den Frühromantikern; zitiert in: Wilhelm Voßkamp (Hg.): Utopienforschung. Interdisziplinäre Studien zur neuzeitlichen Utopie. Bd. 3, Stuttgart 1982, S. 273-302, hier: S. 274; in: Steffen Greschonig: Utopie Literarische Matrix der Lüge? Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-631-53815-4
  18. Klassifizierungs-Versuch zum Science Fiction: http://www.phantastik-couch.de/science-fiction.html