2007-03:Jagdkritik mit religiösem Fanatismus?

Aus grünes blatt
Zur Navigation springenZur Suche springen

Jagdkritik mit religiösem Fanatismus?

religiös motivierte Jagd-Kritik

sp Jagd ist ein blutiges ‚Hobby’, das jedes Jahr – nach offiziellen Angaben – mindestens vier bis fünf Millionen nichtmenschliche Tiere ‚verschlingt’. Aus einer Perspektive, welche die Grenzziehung zwischen Menschen und anderen Tieren hinterfragt und ihre Leidensfähigkeit umfassend anerkennt, ist Jagd eindeutig abzulehnen. Auch ökologisch ist Jagd weder notwendig noch sinnvoll . Die Demaskierung von und der praktische Widerstand gegen Jagd kann schon deshalb als wichtiger Teil emanzipatorischer Politik gelten. Es ist allerdings nicht alles Gold, was sich gegen Jagd wendet ...

In den letzten Jahren versuchen fragwürdige religiöse Gruppierungen vermehrt, dieses Themengebiet zu besetzen – und das teilweise erschreckend erfolgreich. Bereits seit 2002 weisen kritische JagdgegnerInnen darauf hin, dass mit „Universelles Leben“ (UL) gezielt eine Religionsgemeinschaft mit „Hang zum Totalitären“ – so befand ein bayrisches Verwaltungsgericht 1995 – in die Antijagd-Szene drängt. Insbesondere die „Initiative zur Abschaffung der Jagd“ gilt inzwischen als von UL unterwandert. Universelles Leben wird eine autoritär-sektenartige Organisationsstruktur, starke Abschottung von der „feindlichen“ Außenwelt sowie Ausbeutung der Mitglieder vorgeworfen. Außerdem vertritt UL eine Karma- und Reinkarnations-Lehre, bei der alles Negative, was einzelne erfahren, auf Handlungen in vergangenen Leben zurückgeführt wird. Zugespitzt wird dies in der Aussage, jüdische Menschen hätten ihre Verfolgung selbst verursacht. In den folgenden Abschnitten möchte ich einige, eventuell weniger bekannte Recherchen zur Problematik öffentlich machen, die vielleicht zur grundsätzlichen Beschäftigung mit UL einladen.

Zwangsbejagung ade

Auf den ersten Blick zeigt sich www.zwangsbejagung-ade.de als ‚harmlose’ Homepage, die sich kritisch mit Jagd auseinandersetzt. Im Impressum der Seite wird der „Arbeitskreis für humanen Tierschutz e.V.“ als verantwortlich aufgeführt - namentlich wird R. Dunkel erwähnt. Hinweise, die eine Nähe zu Universelles Leben andeuten könnten, sind indirekt, aber auffällig: So wird auf der Homepage ein Artikel aus „Freiheit für Tiere“, eine UL-nahe Zeitung, übernommen. Auf der Linkseite sind „Der Lusttöter“ (Verlag „Das Brennglas“, UL-nah) und „Freiheit für die Tiere“ prominent verlinkt. Auch die Verweise auf die mutmaßlich von UL unterwanderte „Initiative zur Abschaffung der Jagd“ und Anti-Jagd-Demos sind auffällig, da beide Seiten als eng verwoben mit UL gelten. Aus all diesen Hinweisen lässt sich nicht sicher ableiten, dass zwangsbejagung-ade.de selbst UL nahe steht - aber auf jeden Fall fehlt jede kritische Distanz. Das Gegenteil ist offensichtlich der Fall.

Arbeitskreis humaner Tierschutz

Demonstration in Würzburg, wo "Universelles Leben" u.a. aktiv ist

Das Impressum von zwangsbejagung-ade.de führt uns zum „Arbeitskreis humaner Tierschutz“. Der eingetragene Verein (vollständiger Titel: „Arbeitskreis für humanen Tierschutz und gegen Tierversuche e.V“) ist ansässig in Frankenbrunn; als Schatzmeister taucht der bereits bekannte R. Dunkel auf. Schnell fällt ins Auge, dass auf der Homepage des Arbeitskreises Tierschutz mit einer Kirchenkritik verbunden wird, die auch vom Universellen Leben stammen könnte – eine Mischung aus aggressiver Rhetorik gegen die – nicht zu Unrecht kritisierten – Amtskirchen bei gleichzeitiger Werbung, eine neue Religiösität außerhalb von diesen zu entwickeln. Auf selbiger Seite ist auch eine astreine Gleichsetzung von Konzentrationslagern (KZ) mit Legebatterien zu finden – wörtlich heißt es: „Oder können sie sich einen Jesus vorstellen, von Ammoniakdünsten umwabert, in den KZ-Hühnerhaltungen zuerst die Eier einsammelnd (...), um ihn dann schließlich - siehe oben - mit einem Metzgermesser in der Hand in einem Schlachthaus wiederzufinden?“ Die offensichtlichen Unterschiede zwischen der auf Profit ausgerichteten Haltung von Hühnern und den auf Vernichtung abzielenden KZs der Nazis werden ausgeblendet. Auf der Unterseite zu Jagd sind die Verweise seltsam beschränkt auf den schon bekannten Kreis – Lusttöter, Zwangsbejagung ade und Initiative zur Abschaffung der Jagd ... alles Zufall?

Personen

R. Dunkel ist Schatzmeister des „Arbeitskreis für humanen Tierschutz und gegen Tierversuche e.V.“ und Ansprechpartner der Homepage „Zwangsbejagung ade“. Er war Redner bei einer – nach Ansicht von KritikerInnen – von UL dominierten Antijagd-Demonstration in Würzburg, die am 28. Januar in 2006 stattfand. Auf der Demo redeten auch Dr. Gert-Joachim Hetzel und Kurt Eicher. Ersterer gehört zum „innersten Kreis“ von UL. Eicher gibt eine Offenheit für UL zu, weshalb ihm Sympathisantentum mit der Religionsgemeinschaft vorgeworfen wird. R. Dunkel war zudem Redner auf der 68. bundesweiten Demonstration „Natur ohne Jagd“ am 2. Juni 2007 auf dem Frankfurter Römer. In seiner Rede sagte er wörtlich: „Wir, der Arbeitskreis für humanen Tierschutz und gegen Tierversuche, haben es uns jedenfalls zur Aufgabe gemacht – zusammen mit der Initiative zur Abschaffung der Jagd - die erforderlichen Schritte zu tun, damit von staatlicher Seite wenigstens ein erster Schritt getan werden kann, ja getan werden muss!“ Weiterhin führt er aus: „Dankbar sind wir bereits heute, nämlich den Organisatoren dieser Demo. Ein Dankeschön insbes. an Julia Brunke und Kurt Eicher.“ Julia Brunke ist Chefredakteurin der Zeitschrift „ Freiheit für Tiere“, die als UL-nah gilt. Nach einer Distanzierung von UL hören sich Dunkels Worte definitiv nicht an.

Fazit

Vielleicht liegt der Arbeitskreis für humanen Tierschutz doch richtig: JagdgegnerInnen müssen auch eine deutliche Religionskritik entwickeln – aber eine, die sich grundsätzlich gegen alle Versuche wendet, Menschen mittels übersinnlichen, d.h. nicht erleb- oder hinterfragbaren, Wahrheiten gefügig zu machen. Darin unterscheiden sich Amtskirchen oder Universelles Leben nicht, sie konkurrieren lediglich um möglichst treu ergebene AnhängerInnen. Einige Tierrechts- und Antijagd-Gruppen grenzen sich klar gegenüber religiösen und totalitären Organisationen ab. Allerdings würde ich mir wünschen, dass beispielsweise die Auseinandersetzung mit UL offensiver geführt würde – sowohl hinsichtlich Recherchen, Veröffentlichungen als auch in puncto Widerstand. Der scheint aufgrund der ul-typischen Klagewellen fast kleinlaut geworden zu sein.

Link- und Lesetipps