Diskussion:2011-02:Was tun wenn's grünt?

Aus grünes blatt
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Kommentar zu "Was tun wenns grünt?" Floh In meinem Artikel "Ökostrom, selbstverwaltet, oder zentralisiert" wollte ich genau aufzeigen, dass es genausowenig nur eine Dezentralisierung der Stromerzeugung ist, wie die bloße Nachhaltigkeit derselben, die das Ziel emanzipatorischer Bewegung sein sollte, sondern vor allem die Rahmenbedingungen in Frage zu stellen. Also die Fragen: Wofür wird Strom erzeugt, und wer entscheidet das. Um die kapitalistischen Wirtschaftsbedingungen und einer Kritik an ihnen kommt mensch bei diesen Fragestellungen sicher nicht herum. Da bin ich einer Meinung mit "Vega" und schrieb deshalb in dem oben genannten Artikel: "Utopischer Ökostrom von unten - Möglich nur innerhalb Strukturen die nicht auf Wert- und Privatbesitzlogiken beruhen". Darlegen wollte ich warum ich glaube, dass es aber AUCH um eine Dezentralisierung geht, worin ich die praktische Vorraussetzung (zumindest aber Erleichterung) von Entscheidungsfindungen von unten sehe. Der zitierte Text aus der Ö-Punkte der kritisiert wurde, wurde meiner Meinung nach falsch aufgefasst. Den Vorschlag verstehe ich nicht als das Ziel kapitalistische Aktuer_innen zu überzeugen, sich freiwillig aus der Marktkonkurenz zu verabschieden, sondern relativ selbstorganisierte Initiativen, die in erster Linie aus idealistischen und nicht aus wirtschaftlichen Motivationen die Produktion von Ökostrom organisierten (beispielsweise die Stromrebellen Schönau), davon zu überzeugen sich gar nicht erst auf die Marktlogiken einzulassen, genau weil diese Logiken zu den von Vega beschriebenen Mechanismen führen.

Eine interessante Debatte hingegen finde ich, wie weit der Ansatz verfolgt werden sollte, im Hier und Jetzt, rechtliche Rahmenbedingungen zu suchen, innerhalb derer eine nicht auf Wertvermehrung ausgerichtete Stromproduktion möglich ist. Auf der einen Seite ist klar, dass es auch hier im Falschen das Richtige nicht gibt. So müssen die Anlagen vom kapitalistischen Markt erworben werden, und diese Kosten müssen irgendwie von den Verbraucher_innen oder den Organisator_innen aufgebracht werden. Die Gefahr besteht, dass im organisieren solcher Konzepte, die Frage der Rahmenbedingungen und der Besitzverhältnisse aus dem Auge verloren werden.

Vergleichbar wären solche Konzepte, in verschiedenen Varianten, mit dem Mietshäusersyndikat, oder der Stiftung Freiräume. Dass diese legalistischen Lösungen (vor allem das Mietshäusersyndikat) teilweise der Hausbesetzer_innenbewegung den Wind aus den Segeln nahm, und so die Frage nach den Eigentumsverhältnissen abschwächte ist eine berechtigte Kritik. Dass durch die Konzepte aber langfristig kapitalistische Sachzwänge abgemindert werden, und offener Raum für eine kontinuierliche politische Organisierung geschaffen wird (vor allem bei Projekten mit dem Konzept der Stiftung Freiräume) hat langfristig auch einen hohen Nutzen.

In diesem Konflikt müssen solche Konzepte also gesehen werden. Rechtliche Rahmen für selbstorganisierte Stromerzeugung würden beispielsweise den Sachzwang aufheben für die Nutzung von Strom Geld in den kapitalistischen Markt zu pumpen.


Antwort Vega Trotz Übereinstimmung mit Floh in fast allen Punkten, zeigt mir gerade die obenstehende Antwort, dass meine Kritik an dem Ö-Punkte-Konzept nicht Resultat eines Mißverständnisses war, sondern mit jedem Satz die Sache trifft. Es kann kein Außen zu kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Strukturen geben, solange nicht im großen Stil Produktionsmittel vergesellschaftet wurden. Einfach nur die Binnenstruktur von Kapital zu ändern, verändert seine Funktionsweise als Kapital nicht. Konkretes Beispiel: Meine finanzielle Situation ist gerade beschißen. Wenn ich deshalb aber die EWS nicht bezahle, werden sie mir den Strom abdrehen. In einem Einzelfall könnten sie vielleicht drauf verzichten, aber ich bin kein Einzelfall (in Deutschland sinken die Löhne aktuell...). Würde die EWS alle mit Strom beliefern die nicht zahlen können, müssten sie irgendwann den Laden dichtmachen, weil sie laufende Kosten (Löhne, Errichtungs- und Instandhaltungskosten für Anlagen,...) nicht zahlen können. Wenn die EWS jetzt ein Plenum mit allen Beschäftigten machen würde, könnten sie dann dort 5 mal durchdiskutieren ob sie lieber Strom abdrehen oder den Laden dichtmachen - andere Optionen gewinnen sie dadurch nicht. Sie können sich auch nochmal mit allen Produzenten und Konsumenten (also auch mir) zusammensetzen und diskutieren ob mensch lieber Strom abdreht oder den Laden dichtmacht - auch dadurch ändert sich nichts. Ändern tut sich an dieser Situation erst etwas, wenn alle Industrien zur Herrstellung und Wartung der Anlagen und Lebensmittel ihre Produkte der Allgemeinheit zur Verfügung stellen - was erst nach einer Revolutionierung der gesamten Gesellschaft möglich sein wird.

Es ist dennoch sinnvoll, sich Anlagen zur Stromerzeugung legal anzueignen. Aber nicht um eine befreite Gesellschaft vorwegzunehmen, sondern um die Strukturen zu stärken, von denen aus eine emanzipatorisch-revolutionäre Bewegung operiert. Die Widersprüche hierbei hat Floh richtig benannt.