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== Climate Crimes ==
 
== Climate Crimes ==
Es gibt sie immer noch, die von der Industrie finanzierten wissenschaftlichen Klimaleugner*innen. Aber heute reden in der BRD fast alle vom Klimawandel. Manche reden von der Klimakrise oder der
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Der Schweizer Autor P.M., der u.a. die Bolo-Bolo Utopie entwarf, meldete sich Ende 2019 mit einer kleinen Dystopie zur drohenden Öko-Diktatur zu Wort. Die Leute unterwerfen sich in seiner Dystopie – zum Teil mit Murren, aber im Wesentlichen ohne sich dagegen zu wehren – den drakonischen Maßnahmen der staatlichen Öko-Diktatur. Eine Grippewelle, genannt Corona-Pandemie, bringt unsere Leben gerade zum Stillstand. Und die Menschen unterwerfen sich, wie es P.M. beschrieb. Es gibt fast nur noch ein Thema – Corona. Die existentiellen globalen sozialen Fragen, die ökologischen Fragen so um Klima und Artensterben, sind vom Tisch. Die grundsätzliche Kritik an Staat und Kapitalismus ist noch weniger wahrnehmbar als ohnehin schon. Veranstaltungen, Demos, Direkte Aktion – alles abgesagt oder verschoben. Angesichts der fetten aufgelegten Hilfsprogramme für die darunter leidende Wirtschaft haben die Staaten danach mal wieder leere Kassen als Ausrede für fehlendes Handeln.
Klimakatastrophe. Wir nutzen Climate Crimes oder auch Klimakriege. Klima-Verbrechen und -Kriegesind legal, denn auf ihnen beruht das‚ warenproduzierende Patriarchat‘ (ein Begriff der marxistischen Wertkritikerin Roswitha Scholz).Das macht große Unterschiede, denn dieser Prozess ist nicht einfach menschengemacht. Er ist, so unsere These, die logische und auch rassistisch wirkende Konsequenz aus den Systemen Staat und Kapitalismus und ihrer patriarchalen Basis.
 
  
Der IPCC-Bericht von 2018 versammelt das aktuelle Wissen der weltweiten Klimaforschung. Er ist ein Bericht an die Staaten und stellt eine Vielzahl von Handlungsstrategien (genannt: Pfade) vor. Seine Aussagen zeigen deutlich auf, dass die Erwartungen, wieviel Zeit zum Handeln noch bleibt, sich von einem Bericht zum anderen erheblich verkürzt.
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Vor 10 Jahren, in der Weltwirtschaftskrise, haben wir im Umfeld vom Umsonstladen Bremen begonnen, uns intensiv mit den Verflechtungen von Herrschaft, Ökonomie, sozialen und ökologischen Zerstörungen, Patriarchat, Rassismus etc. zu beschäftigen. Herausgekommen ist dabei ein Buchprojekt, dessen Autor*innen-Kollektiv sich insbesondere anarcho-kommunistischen, anarcha-feministischen und radikal-ökologischen Ansätzen verbunden fühlt. Bevor unsere Kräfte von der Vorbereitung des Drucks und dann mit dem Druck gebunden waren, haben wir uns auf der Straße und in der Diskussion schwerpunktmäßig mit Climate Crimes beschäftigt. Das folgende ist eine stark gekürzte Zusammenfassung unserer Diskussion.  
  
Der IPCC-Bericht von 2018 prognostiziert bei einem sofortigen vollständigen Stopp des Ausstoßes von Klimagasen als Ergebnisdas Erreichen der Erwärmung um 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Stand in 30 – 100 Jahren. Das ist für keine* Politiker*in und auch für die Wissenschaftler*innen keine Option.Der Bericht fasst 90 Pfade zusammen, die alle davon ausgehen, dassweltweitnochmal die CO_2 -Menge der letzten 10 Jahre ausgestoßen wird. ‚Wir‘ haben dann mit den 90 Pfaden jeeine Wahrscheinlichkeit von 67 %, die Erderhitzung auf1,5 °C zu beschränken, wenn bestimmte Maßnahmenbündel getroffen werden. Die Pfade, die nicht auf den massiven Einsatz destruktiver Großtechnologien setzen, erfordern es, sofort zu beginnen, weltweit bis 2030 den Ausstoß von CO_2 auf weniger als die Hälfte, bis 2040 auf weniger eines Viertels und bis 2050 auf Null zu reduzieren. Zusätzlich ist danach eine negative CO_2 -Bilanz erforderlich, da CO_2 in der Atmosphäre über Jahrzehnte aktiv bleibt. Nach Ende der Freisetzungen von klimaaktiven Gasen würden die 1,5°C sonst deutlich überschritten.
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Wir vergessen keinesfalls, dass die Klimaverbrechen nur ein Aspekt des Krieges gegen die Grundlagen des Lebens auf der Erde sind. Und auch der Kontext, in dem dieser Text entstanden ist, kann leider nur angerissen werden. Auch Quellen-Verweise findet ihr meist nur im Buch (siehe Artikel: BEFREIUNG VOM GELD UND EIGENTUM … und warum das noch lange nicht reicht).
  
Die Grenzen des IPCC-Berichts liegen in der Logik der Systeme Staat und Kapitalismus. Die radikalen, destruktiven Konsequenzen fast aller Pfade werden erst bei kritischer Betrachtung deutlich.
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Es gibt sie immer noch, die von der Industrie finanzierten wissenschaftlichen Klimaleugner*innen. Aber heute reden in der BRD fast alle vom Klimawandel. Manche reden von der Klimakrise oder der Klimakatastrophe. Wir finden diese Begriffe verharmlosend. Sie verschleiern / verleugnen, dass dahinter politische Macht- und Wirtschafts-Interessen stehen. Wir sprechen deshalb von Climate Crimes oder auch von Klimakriegen. Klima-Verbrechen und -Kriege sind legal, denn auf ihnen beruht das ‚warenproduzierende Patriarchat‘ (ein Begriff der marxistischen Wertkritikerin Roswitha Scholz). Das macht große Unterschiede. Dieser Prozess ist, so unsere These, die logische und auch rassistisch wirkende Konsequenz aus den Systemen Staat und Kapitalismus und ihrer patriarchalen Basis (mehr dazu im Band 2 vom Buchprojekt).
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Die Veranstaltungen zum Bericht des Weltklimarats (IPPC, Intergovernmental Panel on Climate Change) in Bremen waren gut besucht. Eine kritische Diskussion fand aber auf diesen Großveranstaltungen nicht statt. Wir hatten schon zuvor begonnen uns mit dem Bericht auseinanderzusetzen und haben festgestellt, dass dieser im Namen des Klimaschutzes das destruktive (zerstörerische) Weiter so propagiert. Die Climate Crimes werden damit auf eine neue technologische Stufe gehoben. Als Anarchist*innen wundert uns das auch nicht, ist der IPCC doch eine von der sogenannten Staaten-Gemeinschaft finanzierte und ihnen verpflichtete Struktur.
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Der IPCC-Bericht von 2018 (>> https://www.ipcc.ch/sr15/download/) versammelt das aktuelle Wissen der weltweiten Klimaforschung. Er ist ein Bericht an die Staaten und stellt eine Vielzahl von Handlungsstrategien (genannt: Pfade) vor. Seine Aussagen zeigen deutlich auf, dass die Erwartungen, wieviel Zeit zum Handeln noch bleibt, sich von einem Bericht zum anderen erheblich verkürzt.
  
Von den 90 Pfad-Modellen, die 1,5°C anstreben, setzen nur neun nicht auf den massiven Einsatz der CDR- und CCS-Technologien. CDR bedeutet Kohlen-Dioxid-Reduzierung und meint Technologien, die der Atmosphäre CO_2 entziehen. Außer der Anlage von Wäldern und der Renaturierung von Wäldern (Moore werden seltsamerweise, obwohl weit effektiver, im IPCC-Berichtnicht diskutiert) handelt es sich um äußerst Energie- und Ressourcen-aufwändige Großtechnologien. Diesefunktionieren heute nur im Modellversuch, sind aber fest eingeplant. CCS, Carbon Capture and Storage (also CO_2 -Auffangen und Speichern) schien nach dem Scheitern des Greenwashing von Kohlekraftwerken mittels dieser Technologie gescheitert. Jetzt soll es in weit größerem Maße zurückkommen. Alle Studien dazu sagen, dass die unterirdischen Speicher nicht dicht sind, und dass sie regelmäßigen Austritt von CO_2 an die Erdoberfläche erwarten. Leider ist CO_2 schwerer als Luft, sammelt sich bei Austritt also bodennah. Bei einem größeren Leck bedeutet das das Ende für alles Leben in der Umgebung der Austrittsstelle.Auch verstecken die Pfadeundiskutiert eine massive Ausweitung der Energie aus Atomkraftwerken(für 2050 durchschnittlich 2,5 mal höher als heute, maximal 11 malhöher, minimal auf 1/3 reduziert). Zusätzlich werden noch viele Geo-Engineering Ansätze vorgeschlagen und eingeplant. Das ist nichts anderes als die Vorbereitung eines neuen technologischen Angriffs im Namen des Klimaschutzes.
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Der IPCC-Bericht von 2018 prognostiziert bei einem sofortigen vollständigen Stopp des Ausstoßes von Klimagasen als Ergebnis das Erreichen der Erwärmung um 1,5 °C (Grad Celsius) gegenüber dem vorindustriellen Stand in 30 – 100 Jahren. Das ist für keine* Politiker*in und auch für die Wissenschaftler*innen keine Option. Der Bericht fasst 90 Pfade zusammen, die alle davon ausgehen, dass weltweit nochmal die CO2-Menge (Kohlendioxid und Äquivalente anderer klimaaktiver Gase) der letzten 10 Jahre ausgestoßen wird. ‚Wir‘ haben dann mit den 90 Pfaden je eine Wahrscheinlichkeit von 67 %, die Erhitzung der Erde auf 1,5 °C zu beschränken, wenn bestimmte Maßnahmenbündel getroffen werden. Die Pfade, die nicht auf den massiven Einsatz destruktiver Großtechnologien setzen, erfordern es, sofort zu beginnen, weltweit bis 2030 den Ausstoß von CO2 auf weniger als die Hälfte, bis 2040 auf weniger eines Viertels und bis 2050 auf Null zu reduzieren. Zusätzlich ist danach eine negative CO2-Bilanz erforderlich, da CO2 in der Atmosphäre über Jahrzehnte aktiv bleibt. Nach Ende der Freisetzungen von klimaaktiven Gasen würden die 1,5 °C sonst deutlich überschritten.
  
Auf dem Klimagipfel COP 21 in Paris haben sich die Staaten in einer Sonntagsrede – also ohne jegliche Verpflichtung für die einzelnen Staaten – darauf geeinigt, die Aufheizung der Erde auf 1,5 ^o C begrenzen zu wollen. Die Pläne der einzelnen Staaten und Staatengemeinschaften verfehlen die Anforderungen aber total, die ihnen die eigenen Wissenschaftler*innen stellen. Wir sehen darin das
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Die Grenzen des IPCC-Berichts liegen in der Logik der Systeme Staat und Kapitalismus. Die radikalen, destruktiven Konsequenzen fast aller Pfade werden erst bei kritischer Betrachtung deutlich.
notwendige Scheitern der kapitalistischen Staaten, angemessene Konsequenzen zu ziehen. Gerade hat das EU-Parlament den Klima-Notstand erklärt. Ist das ebenso nur eine Sonntagsrede, oder wird es Konsequenzen haben? Und wenn ja, werden die sich mehr gegen die Menschen als gegen Industrie und Staat wenden?
 
  
Merkel hat für 2050 Klimaneutralität angekündigt und will damit ihren Ruf als Klimakanzlerin reaktivieren. Klimaneutralität ist aber etwas völlig anderes als das vom IPCC geforderte Ziel, den Ausstoß klimaaktiver Gase bis 2050 auf Null zu reduzieren. Klimaneutralität ermöglicht ein weiter so. Mit Hilfe von z.B. REDD-Projekten (ein fataler, kapitalfreundlicher Mechanismus des Kyoto-Protokolls. Dieses machte die Luftverschmutzung zur Ware) können im Globalen Süden Kompensationen für hier verursachten CO_2 -Ausstoß gekauft werden. REDD bewirkt praktisch immer wieder Repression gegen Indigene und Kleinbäuer*innen, die z.B. den Regenwald nutzen, nie aber gegen Großkonzerne und Großgrundbesitzer*innen, die diesen platt machen.
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Von den 90 Pfad-Modellen, die 1,5 °C anstreben, setzen nur neun nicht auf den massiven Einsatz der CDR- und CCS-Technologien. CDR bedeutet Kohlen-Dioxid-Reduzierung und meint Technologien, die der Atmosphäre CO2 entziehen. Außer der Anlage von Wäldern und der Renaturierung von Wäldern (Moore werden seltsamerweise, obwohl weit effektiver, im IPCC-Bericht nicht diskutiert) handelt es sich um äußerst Energie- und Ressourcen-aufwändige Großtechnologien. Diese funktionieren heute nur im Modellversuch, sind aber fest eingeplant. CCS, Carbon Capture and Storage (also CO2-Auffangen und Speichern) schien nach dem Scheitern des Greenwashing von Kohlekraftwerken mittels dieser Technologie gescheitert. Jetzt soll es in weit größerem Maße zurückkommen. Selbst Studien die CCS propagieren sagen, dass die unterirdischen Speicher nicht dicht sind, und dass sie regelmäßigen Austritt von CO2 an die Erdoberfläche erwarten. (z.B.: https://www.grs.de/sites/default/files/pdf/GRS%20-%20250_0.pdf) Leider ist CO2 schwerer als Luft, sammelt sich bei Austritt also bodennah. Bei einem größeren Leck bedeutet eine zu hohe CO2-Konzentration das Ende für alles tierische / menschliche Leben in der Umgebung der Austrittsstelle. Auch verstecken die Pfade undiskutiert eine massive Ausweitung der Energie aus Atomkraftwerken (für 2050 durchschnittlich 2,5 mal höher als heute, maximal 11 mal höher, minimal auf 1/3 reduziert). Zusätzlich werden noch viele Geo-Engineering Ansätze vorgeschlagen und eingeplant. Das ist nichts anderes als die Vorbereitung eines neuen technologischen Angriffs im Namen des Klimaschutzes.
  
Und auch die Erdaufheizung um 1,5 °C ist laut IPCC bereits sehr bedrohlich für die Meeresflora und -fauna, gerade in den tropischen Küstenbereichen. 70 – 90 % aller Korallenriffe werden bereits bei plus 1,5°C absterben. Es wird eine Verschlechterung der menschlichen Gesundheit erwartet. Krankheiten wie Malaria und das Dengue-Fieber werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit stark ausbreiten.Aber auch die Ernährung wird massiv betroffen sein. Es wird erwartet, dass der Klimawandel direkte Effekte auf die Qualität und Quantität der Ernteerträge hat. In der Sahelzone und Westafrika reichen bereits plus 1,5°C, um die Ernteerträge drastisch zu senken, bei Mais z.B. um 40 %. Noch stärker sind die Auswirkungen auf die Ernährungslage der Menschen in den Savannen und Trockengebieten des südlichen Afrikas. Aber auch Südostasien wird massiv betroffen sein. Eine sofortgesetzte Klimapolitik ist damit alsein neo-kolonialer Krieg gegendie Menschen im Globalen
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Auf dem Klimagipfel COP 21 (Klimakonferenz der Vereinten Nationen, 21st Conference of the Parties) in Paris haben sich die Staaten in einer Sonntagsrede – also ohne jegliche Verpflichtung für die einzelnen Staaten – darauf geeinigt, die Aufheizung der Erde auf 1,5 °C begrenzen zu wollen. Die Pläne der einzelnen Staaten und Staatengemeinschaften verfehlen die Anforderungen aber total, die ihnen die eigenen Wissenschaftler*innen stellen. Wir sehen darin das notwendige Scheitern der kapitalistischen Staaten, angemessene Konsequenzen zu ziehen. Gerade hat das EU-Parlament den Klima-Notstand erklärt. Ist das ebenso nur eine Sonntagsrede, oder wird es Konsequenzen haben? Und wenn ja, werden die sich mehr gegen die Menschen als gegen Industrie und Staat wenden?
Süden zu betrachten.
 
  
Die Verbrechen an der Menschheit und dem Leben auf der Erde werden bewusst in Kauf genommen. Die Überwindung der Klima-Verbrechen widerspricht der Logik des Profits (die heute nur noch auf die nächsten Quartalszahlen schaut) sowie der der Politik (die nicht über die nächste Wahlperiode und die Erhaltung der Welt der Waren hinausschauen kann). Das gleiche gilt für andere Angriffe auf die Grundlagen des Lebens auf der Erde.
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Merkel hat für 2050 Klimaneutralität angekündigt und will damit ihren Ruf als Klimakanzlerin reaktivieren. Klimaneutralität ist aber etwas völlig anderes als das vom IPCC geforderte Ziel, den Ausstoß klimaaktiver Gase bis 2050 auf Null zu reduzieren. Klimaneutralität ermöglicht noch stärker ein weiter so. Die reichen Staaten und die Konzerne können sich freikaufen. Das geht z.B. mittels REDD-Projekten (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degration), einem fatalen, kapitalfreundlichen Mechanismus des Kyoto-Protokolls. Das Kyoto-Protokoll machte die Luftverschmutzung zur Ware) können im Globalen Süden Kompensationen für hier verursachten CO2-Ausstoß gekauft werden. REDD bewirkt praktisch immer wieder Repression gegen Indigene und Kleinbäuer*innen, die z.B. den Regenwald nutzen, nie aber gegen Großkonzerne und Großgrundbesitzer*innen, die diesen platt machen.
  
Eine Lösungsperspektive sehen wir in einem radikalen, gesellschaftlichen Bruch mit Herrschaftssystemen wie Staat und Kapitalismus. Mit der Entwicklung eines Guten Lebens für alle weltweit gilt es, die Bedürfnisse der Menschen von den Warenverhältnissen zu lösen. Dass bedeutet auch gesellschaftlich die für den Kapitalismus grundlegende patriarchale Abspaltung der Reproduktion / des Care-Berichs zu überwinden, gesellschaftlich die Re_Produktion zu organisieren. Die Erfahrungen der Menschen aus den massiven Kämpfen im Globalen Süden und die dezentral-praktischen Ansätze im Sinne des Anarcho-Kommunismus und des Anarcha-Feminismus, Ansätze zur Befreiung vom Geld und Eigentum, Commonismus, sowie die Radikale Ökologie scheinen uns hilfreich, eine Welt jenseits der Warenlogik zu entfalten, in der viele Welten Platz haben (wie die Zapatistas aus Chiapas, Südmexiko sagen).
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Und auch die Erdaufheizung um 1,5 °C ist laut IPCC bereits sehr bedrohlich für die Meeresflora und -fauna, gerade in den tropischen Küstenbereichen. 70 – 90 % aller Korallenriffe werden bereits bei plus 1,5 °C absterben. Es wird eine Verschlechterung der menschlichen Gesundheit erwartet. Krankheiten wie Malaria und das Dengue-Fieber werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit stark ausbreiten. Aber auch die Ernährung wird massiv betroffen sein. Es wird erwartet, dass der Klimawandel direkte Effekte auf die Qualität und Quantität der Ernteerträge hat. In der Sahelzone und Westafrika reichen bereits plus 1,5 °C, um die Ernteerträge drastisch zu senken, bei Mais z.B. um 40 %. Noch stärker sind die Auswirkungen auf die Ernährungslage der Menschen in den Savannen und Trockengebieten des südlichen Afrikas. Aber auch Südostasien wird massiv betroffen sein. Eine so fortgesetzte Klimapolitik ist damit als ein neo-kolonialer Krieg gegen die Menschen im Globalen Süden zu betrachten.
  
Dazu haben wir eine Veranstaltung mit Präsentation und Diskussion vorbereitet. Sie findet als Beitrag des Seminars von Fritz Storim zur Public Climate School an der UNI Bremen am Tag vor dem weltweiten Klimastreiktag am 29.11. statt. Grundlage ist ein deutlich umfangreicherer Abschnitt aus unserem Buchprojekt ‚Befreiung vom Geld und Eigentum … und warum das noch lange nicht reicht‘. Die noch nicht endgültigen Texte zum Buchprojekt sind als pdf veröffentlicht unter:
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Die Verbrechen an der Menschheit und dem Leben auf der Erde werden bewusst in Kauf genommen. Die Überwindung der Klima-Verbrechen widerspricht der Logik des Profits (die heute nur noch auf die nächsten Quartalszahlen schaut) sowie der der Politik (die kaum über die nächste Wahlperiode und die Erhaltung der Welt der Waren hinausschauen kann). Das gleiche gilt für andere Angriffe auf die Grundlagen des Lebens auf der Erde.
* https://we.riseup.net/geldundeigentumabschaffen
 
  
Der erste Teil des Buchprojekts wird, wenn wir es schaffen die Planung einzuhalten, über Silvester gedruckt werden. Das Buch wird ohne Preisschild verteilt werden und es wird keine* daran verdienen. Wer spendet, fördert damit die direkt die Finanzierung des Drucks der anderen zwei Drittel vom Buchprojekt. Das Buchprojekt ist das Ergebnis einer 2010 von einer Person geschriebenen Diskussionsgrundlage und eines folgenden, fast 10 jährigen, kollektiven Diskussions- und Redaktionsprozesses im Umfeld vom Umsonstladen Bremen.
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Eine Lösungsperspektive sehen wir in einem radikalen, gesellschaftlichen Bruch mit Herrschaftssystemen wie Staat und Kapitalismus. Mit der Entwicklung eines Guten Lebens für alle weltweit gilt es, die Bedürfnisse der Menschen von den Warenverhältnissen zu lösen. Dass bedeutet auch gesellschaftlich die für den Kapitalismus grundlegende patriarchale Abspaltung der Reproduktion / des Care-Bereichs zu überwinden, gesellschaftlich die Re_Produktion zu organisieren. Die Erfahrungen der Menschen aus den massiven Kämpfen im Globalen Süden und die dezentral-praktischen Ansätze im Sinne des Anarcho-Kommunismus und des Anarcha-Feminismus, Ansätze zur Befreiung vom Geld und Eigentum, Commonismus, sowie die Radikale Ökologie scheinen uns hilfreich, eine Welt jenseits der Warenlogik zu entfalten, in der viele Welten Platz haben (wie die Zapatistas aus Chiapas, Südmexiko sagen). Da wir nicht das ganze Grüne Blatt alleine füllen wollen verweisen wir euch auf unsere ausführlichen Vorstellungen dazu insbesondere im Band 5 von unserem Buchprojekt.
  
''Umsonstladen Bremen''  
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''Autor*innen-Kollektiv ‚Befreiung vom Geld und Eigentum' im Umfeld vom Umsonstladen Bremen''  
  
  

Version vom 13:12, 13. Apr 2020

Climate Crimes

Der Schweizer Autor P.M., der u.a. die Bolo-Bolo Utopie entwarf, meldete sich Ende 2019 mit einer kleinen Dystopie zur drohenden Öko-Diktatur zu Wort. Die Leute unterwerfen sich in seiner Dystopie – zum Teil mit Murren, aber im Wesentlichen ohne sich dagegen zu wehren – den drakonischen Maßnahmen der staatlichen Öko-Diktatur. Eine Grippewelle, genannt Corona-Pandemie, bringt unsere Leben gerade zum Stillstand. Und die Menschen unterwerfen sich, wie es P.M. beschrieb. Es gibt fast nur noch ein Thema – Corona. Die existentiellen globalen sozialen Fragen, die ökologischen Fragen so um Klima und Artensterben, sind vom Tisch. Die grundsätzliche Kritik an Staat und Kapitalismus ist noch weniger wahrnehmbar als ohnehin schon. Veranstaltungen, Demos, Direkte Aktion – alles abgesagt oder verschoben. Angesichts der fetten aufgelegten Hilfsprogramme für die darunter leidende Wirtschaft haben die Staaten danach mal wieder leere Kassen als Ausrede für fehlendes Handeln.

Vor 10 Jahren, in der Weltwirtschaftskrise, haben wir im Umfeld vom Umsonstladen Bremen begonnen, uns intensiv mit den Verflechtungen von Herrschaft, Ökonomie, sozialen und ökologischen Zerstörungen, Patriarchat, Rassismus etc. zu beschäftigen. Herausgekommen ist dabei ein Buchprojekt, dessen Autor*innen-Kollektiv sich insbesondere anarcho-kommunistischen, anarcha-feministischen und radikal-ökologischen Ansätzen verbunden fühlt. Bevor unsere Kräfte von der Vorbereitung des Drucks und dann mit dem Druck gebunden waren, haben wir uns auf der Straße und in der Diskussion schwerpunktmäßig mit Climate Crimes beschäftigt. Das folgende ist eine stark gekürzte Zusammenfassung unserer Diskussion.

Wir vergessen keinesfalls, dass die Klimaverbrechen nur ein Aspekt des Krieges gegen die Grundlagen des Lebens auf der Erde sind. Und auch der Kontext, in dem dieser Text entstanden ist, kann leider nur angerissen werden. Auch Quellen-Verweise findet ihr meist nur im Buch (siehe Artikel: BEFREIUNG VOM GELD UND EIGENTUM … und warum das noch lange nicht reicht).

Es gibt sie immer noch, die von der Industrie finanzierten wissenschaftlichen Klimaleugner*innen. Aber heute reden in der BRD fast alle vom Klimawandel. Manche reden von der Klimakrise oder der Klimakatastrophe. Wir finden diese Begriffe verharmlosend. Sie verschleiern / verleugnen, dass dahinter politische Macht- und Wirtschafts-Interessen stehen. Wir sprechen deshalb von Climate Crimes oder auch von Klimakriegen. Klima-Verbrechen und -Kriege sind legal, denn auf ihnen beruht das ‚warenproduzierende Patriarchat‘ (ein Begriff der marxistischen Wertkritikerin Roswitha Scholz). Das macht große Unterschiede. Dieser Prozess ist, so unsere These, die logische und auch rassistisch wirkende Konsequenz aus den Systemen Staat und Kapitalismus und ihrer patriarchalen Basis (mehr dazu im Band 2 vom Buchprojekt).

Die Veranstaltungen zum Bericht des Weltklimarats (IPPC, Intergovernmental Panel on Climate Change) in Bremen waren gut besucht. Eine kritische Diskussion fand aber auf diesen Großveranstaltungen nicht statt. Wir hatten schon zuvor begonnen uns mit dem Bericht auseinanderzusetzen und haben festgestellt, dass dieser im Namen des Klimaschutzes das destruktive (zerstörerische) Weiter so propagiert. Die Climate Crimes werden damit auf eine neue technologische Stufe gehoben. Als Anarchist*innen wundert uns das auch nicht, ist der IPCC doch eine von der sogenannten Staaten-Gemeinschaft finanzierte und ihnen verpflichtete Struktur.

Der IPCC-Bericht von 2018 (>> https://www.ipcc.ch/sr15/download/) versammelt das aktuelle Wissen der weltweiten Klimaforschung. Er ist ein Bericht an die Staaten und stellt eine Vielzahl von Handlungsstrategien (genannt: Pfade) vor. Seine Aussagen zeigen deutlich auf, dass die Erwartungen, wieviel Zeit zum Handeln noch bleibt, sich von einem Bericht zum anderen erheblich verkürzt.

Der IPCC-Bericht von 2018 prognostiziert bei einem sofortigen vollständigen Stopp des Ausstoßes von Klimagasen als Ergebnis das Erreichen der Erwärmung um 1,5 °C (Grad Celsius) gegenüber dem vorindustriellen Stand in 30 – 100 Jahren. Das ist für keine* Politiker*in und auch für die Wissenschaftler*innen keine Option. Der Bericht fasst 90 Pfade zusammen, die alle davon ausgehen, dass weltweit nochmal die CO2-Menge (Kohlendioxid und Äquivalente anderer klimaaktiver Gase) der letzten 10 Jahre ausgestoßen wird. ‚Wir‘ haben dann mit den 90 Pfaden je eine Wahrscheinlichkeit von 67 %, die Erhitzung der Erde auf 1,5 °C zu beschränken, wenn bestimmte Maßnahmenbündel getroffen werden. Die Pfade, die nicht auf den massiven Einsatz destruktiver Großtechnologien setzen, erfordern es, sofort zu beginnen, weltweit bis 2030 den Ausstoß von CO2 auf weniger als die Hälfte, bis 2040 auf weniger eines Viertels und bis 2050 auf Null zu reduzieren. Zusätzlich ist danach eine negative CO2-Bilanz erforderlich, da CO2 in der Atmosphäre über Jahrzehnte aktiv bleibt. Nach Ende der Freisetzungen von klimaaktiven Gasen würden die 1,5 °C sonst deutlich überschritten.

Die Grenzen des IPCC-Berichts liegen in der Logik der Systeme Staat und Kapitalismus. Die radikalen, destruktiven Konsequenzen fast aller Pfade werden erst bei kritischer Betrachtung deutlich.

Von den 90 Pfad-Modellen, die 1,5 °C anstreben, setzen nur neun nicht auf den massiven Einsatz der CDR- und CCS-Technologien. CDR bedeutet Kohlen-Dioxid-Reduzierung und meint Technologien, die der Atmosphäre CO2 entziehen. Außer der Anlage von Wäldern und der Renaturierung von Wäldern (Moore werden seltsamerweise, obwohl weit effektiver, im IPCC-Bericht nicht diskutiert) handelt es sich um äußerst Energie- und Ressourcen-aufwändige Großtechnologien. Diese funktionieren heute nur im Modellversuch, sind aber fest eingeplant. CCS, Carbon Capture and Storage (also CO2-Auffangen und Speichern) schien nach dem Scheitern des Greenwashing von Kohlekraftwerken mittels dieser Technologie gescheitert. Jetzt soll es in weit größerem Maße zurückkommen. Selbst Studien die CCS propagieren sagen, dass die unterirdischen Speicher nicht dicht sind, und dass sie regelmäßigen Austritt von CO2 an die Erdoberfläche erwarten. (z.B.: https://www.grs.de/sites/default/files/pdf/GRS%20-%20250_0.pdf) Leider ist CO2 schwerer als Luft, sammelt sich bei Austritt also bodennah. Bei einem größeren Leck bedeutet eine zu hohe CO2-Konzentration das Ende für alles tierische / menschliche Leben in der Umgebung der Austrittsstelle. Auch verstecken die Pfade undiskutiert eine massive Ausweitung der Energie aus Atomkraftwerken (für 2050 durchschnittlich 2,5 mal höher als heute, maximal 11 mal höher, minimal auf 1/3 reduziert). Zusätzlich werden noch viele Geo-Engineering Ansätze vorgeschlagen und eingeplant. Das ist nichts anderes als die Vorbereitung eines neuen technologischen Angriffs im Namen des Klimaschutzes.

Auf dem Klimagipfel COP 21 (Klimakonferenz der Vereinten Nationen, 21st Conference of the Parties) in Paris haben sich die Staaten in einer Sonntagsrede – also ohne jegliche Verpflichtung für die einzelnen Staaten – darauf geeinigt, die Aufheizung der Erde auf 1,5 °C begrenzen zu wollen. Die Pläne der einzelnen Staaten und Staatengemeinschaften verfehlen die Anforderungen aber total, die ihnen die eigenen Wissenschaftler*innen stellen. Wir sehen darin das notwendige Scheitern der kapitalistischen Staaten, angemessene Konsequenzen zu ziehen. Gerade hat das EU-Parlament den Klima-Notstand erklärt. Ist das ebenso nur eine Sonntagsrede, oder wird es Konsequenzen haben? Und wenn ja, werden die sich mehr gegen die Menschen als gegen Industrie und Staat wenden?

Merkel hat für 2050 Klimaneutralität angekündigt und will damit ihren Ruf als Klimakanzlerin reaktivieren. Klimaneutralität ist aber etwas völlig anderes als das vom IPCC geforderte Ziel, den Ausstoß klimaaktiver Gase bis 2050 auf Null zu reduzieren. Klimaneutralität ermöglicht noch stärker ein weiter so. Die reichen Staaten und die Konzerne können sich freikaufen. Das geht z.B. mittels REDD-Projekten (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degration), einem fatalen, kapitalfreundlichen Mechanismus des Kyoto-Protokolls. Das Kyoto-Protokoll machte die Luftverschmutzung zur Ware) können im Globalen Süden Kompensationen für hier verursachten CO2-Ausstoß gekauft werden. REDD bewirkt praktisch immer wieder Repression gegen Indigene und Kleinbäuer*innen, die z.B. den Regenwald nutzen, nie aber gegen Großkonzerne und Großgrundbesitzer*innen, die diesen platt machen.

Und auch die Erdaufheizung um 1,5 °C ist laut IPCC bereits sehr bedrohlich für die Meeresflora und -fauna, gerade in den tropischen Küstenbereichen. 70 – 90 % aller Korallenriffe werden bereits bei plus 1,5 °C absterben. Es wird eine Verschlechterung der menschlichen Gesundheit erwartet. Krankheiten wie Malaria und das Dengue-Fieber werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit stark ausbreiten. Aber auch die Ernährung wird massiv betroffen sein. Es wird erwartet, dass der Klimawandel direkte Effekte auf die Qualität und Quantität der Ernteerträge hat. In der Sahelzone und Westafrika reichen bereits plus 1,5 °C, um die Ernteerträge drastisch zu senken, bei Mais z.B. um 40 %. Noch stärker sind die Auswirkungen auf die Ernährungslage der Menschen in den Savannen und Trockengebieten des südlichen Afrikas. Aber auch Südostasien wird massiv betroffen sein. Eine so fortgesetzte Klimapolitik ist damit als ein neo-kolonialer Krieg gegen die Menschen im Globalen Süden zu betrachten.

Die Verbrechen an der Menschheit und dem Leben auf der Erde werden bewusst in Kauf genommen. Die Überwindung der Klima-Verbrechen widerspricht der Logik des Profits (die heute nur noch auf die nächsten Quartalszahlen schaut) sowie der der Politik (die kaum über die nächste Wahlperiode und die Erhaltung der Welt der Waren hinausschauen kann). Das gleiche gilt für andere Angriffe auf die Grundlagen des Lebens auf der Erde.

Eine Lösungsperspektive sehen wir in einem radikalen, gesellschaftlichen Bruch mit Herrschaftssystemen wie Staat und Kapitalismus. Mit der Entwicklung eines Guten Lebens für alle weltweit gilt es, die Bedürfnisse der Menschen von den Warenverhältnissen zu lösen. Dass bedeutet auch gesellschaftlich die für den Kapitalismus grundlegende patriarchale Abspaltung der Reproduktion / des Care-Bereichs zu überwinden, gesellschaftlich die Re_Produktion zu organisieren. Die Erfahrungen der Menschen aus den massiven Kämpfen im Globalen Süden und die dezentral-praktischen Ansätze im Sinne des Anarcho-Kommunismus und des Anarcha-Feminismus, Ansätze zur Befreiung vom Geld und Eigentum, Commonismus, sowie die Radikale Ökologie scheinen uns hilfreich, eine Welt jenseits der Warenlogik zu entfalten, in der viele Welten Platz haben (wie die Zapatistas aus Chiapas, Südmexiko sagen). Da wir nicht das ganze Grüne Blatt alleine füllen wollen verweisen wir euch auf unsere ausführlichen Vorstellungen dazu insbesondere im Band 5 von unserem Buchprojekt.

Autor*innen-Kollektiv ‚Befreiung vom Geld und Eigentum' im Umfeld vom Umsonstladen Bremen