2017-02:Der bunte Umsonstzug

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Der bunte Umsonstzug

jb Nach dem Riesenerfolg zum Auftakt Anfang April wollen Gießener Aktivist*innen nun monatlich zum Umsonst-Umzug nach Gießen einladen. Fast 100 Menschen waren am 5. April gekommen, um aus Fahrradhängern, Einkaufswägen, Bücherregalen und von Kleiderständern alles Mögliche zu verschenken, was in dieser Gesellschaft an Überfluss entsteht. Doch der bunte, laute und auffällige Umzug war nur der Aufhänger. Es ging um mehr...

"Ohne Preise, Besitzdenken und ständiger Jagd nach Profit ist das Leben schöner" lautete ein Motto mehrerer Gießener Gruppen, die zusammen alle Menschen einluden, in Gießen das zu verschenken, was sie übrig haben - und das zu nehmen, was sie brauchen. Die Aktivist*innen retteten schon am Vorabend in einer öffentlich angekündigten Containernacht selbst Lebensmittel aus dem Müll. Zudem füllten sie Regale und Einkaufswagen mit Büchern und Kleidung. Der bunte Umzug war formal als Demo angemeldet, so dass sehr unterschiedliche Ideen hinzugefügt werden konnten. Nach den ersten beiden Umzügen im April und Mai steht nun fest: Das Ereignis soll regelmäßig in Gießen zu einem Treffpunkt für Nehmen und Geben, aber auch für politische Forderungen und Aktionen werden. Neben dem Verschenken sind Musik, Theater, Tanz, Flyerverteilen, performative Darstellungen, Kreidemalereien und vieles mehr erwünscht. Die Organisator*innen verteilen Infoflyer zu Essensverteilung, Umsonstläden und anderen Anlaufpunkten in Gießen. Mit Aktionen, Redebeiträgen und politischen Songs soll ein starkes Ausrufezeichen gegen Massenproduktion, Ressourcenverbrauch, Reichtumsgefälle, Wegwerfen und Konsumstress gesetzt werden. "Wir sind keine Caritas auf Demonstration, sondern fordern eine Welt, in der alle Menschen genug zum Leben haben - und gerade Deutschland Land und Rohstoffe den Menschen zurückgibt, deren Länder es ausbeutet, um hier vieles davon wegzuschmeißen." Ein*e andere Demonstrant*in verkündete durch das Mikrofon am mitgeführten, solarbetriebenen Soundsystem: "Wir wollen nicht die herunterfallenden Brotkrumen von den Tischen der Reichen und Mächtigen besser verteilen, sondern die Tischsitten ändern!" Eine neue Idee für Auswärtige ist, auch die Anfahrt gratis zu gestalten per Aktionsschwarzfahren, also der "Umsonstzug zum Umsonstzug".

Bilder, Berichte und die neuesten Termine gibt es auf facebook.com/umsonstzug.


Interview mit einem, der mitorganisierte

Wer sind die Organisatoren?

Wir organisieren uns in einer Gruppe, die aus Einzelpersonen besteht, oder aus kleineren, schon bestehenden Gruppen. Das Foodsharing-Projekt wird zum Beispiel einen großen Teil des Zuges bilden und die "Free School" ist auch mit dabei. Es wird Musik gemacht und getanzt. Die Besonderheit ist, dass ganz viele Gruppen dabei mitmachen können und selbst Sachen vorbereiten und wir denen die Plattform bieten, um ihre Themen in die Öffentlichkeit zu tragen. Wir haben keine Regeln, wer mitmachen darf und wer nicht. Wir sind offen für jeden und auch eine Voranmeldung ist nicht zwingend nötig, weil das auch die Hemmschwelle herabsetzt. Wir wollen niemanden ausgrenzen. Wir wollen zeigen, was es in Gießen schon für tolle Sachen gibt und vielleicht andere Menschen erreichen, die sonst wenig von diesen Angeboten wissen. Der Seltersweg ist da als Einkaufsstraße perfekt, weil wir wirklich jeden dort antreffen.

Worauf wollen Sie mit der Demo aufmerksam machen?

Ich denke, alle Leute, die da mitmachen, haben keine Lust mehr in einer Gesellschaft zu leben, in der es nur noch um Konsum geht, in der durch den ständigen Konsumzwang ganz viele Ressourcen verschwendet werden und in der für viele Leute das Leben auch nicht so einfach ist durch das Reichtumsgefälle und die damit verbundene Armut. Wir wollen das Ganze aber nicht einfach nur anprangern oder uns darüber beklagen, sondern zeigen, dass jeder etwas ändern kann und sich kleine Freiräume in seinem Alltag schaffen kann, um dem zu entfliehen. ...

Wir werden vielleicht Lieder über unsere Musikanlage spielen und Ansagen machen, um die Leute zu unterhalten. Außerdem haben wir an jeder Kreuzung eine kleine Zwischenkundgebung angemeldet. Das Mikrofon ist offen für alle. Wir wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, dass nur eine Person die eine richtige Meinung propagiert.

(Auszug aus Gießener Anzeiger, 3.4.2017, Link auf 242.blogsport.de unter Presse)