2016-02:Rezension dabei geblieben: Unterschied zwischen den Versionen

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==dabei geblieben – vom Älterwerden und Weiterkämpfen==
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== dabei geblieben – vom Älterwerden und Weiterkämpfen ==
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'''reka''' Anscheinend kommen viele Aktive früher oder später zu der Frage: wie weiter? Nach jahrelangem Aktivismus und Versuchen den Kapitalismus zu stürzen, Abwehrkämpfe gegen Neonazis zu führen, Freiräume zu erkämpfen und dem gleichzeitigen Entlanghangeln am Existenzminimum, ist ein Teil entweder ausgebrannt, desillusioniert oder zieht sich komplett ins Private zurück, wodurch viele Erfahrungen, Fähigkeiten, Ideen und Stärke der Bewegung verloren gehen.
  
'''reka''' Anscheinend kommen viele Aktive früher oder später zu der Frage: wie weiter? Nach jahrelangem Aktivismus und Versuchen den Kapitalismus zu stürzen, Abwehrkämpfe gegen Neonazis zu führen, Freiräume zu erkämpfen und dem gleichzeitigen Entlanghangeln am Existenzminimum, ist ein Teil entweder ausgebrannt, desillusioniert oder zieht sich komplett ins Private zurück, wodurch viele Erfahrungen, Fähigkeiten, Ideen und Stärke der Bewegung verloren gehen.
 
 
Die Autorin Rehzi Malzahn versucht dieser und weiteren Fragen im Buch „dabei geblieben“ mittels 25 Interviews mit älteren Aktivist*innen auf den Grund zu gehen.  
 
Die Autorin Rehzi Malzahn versucht dieser und weiteren Fragen im Buch „dabei geblieben“ mittels 25 Interviews mit älteren Aktivist*innen auf den Grund zu gehen.  
 
Mirko, ein Interviewter, meint: „Die Frage ist: Was kann man im Leben als Revolutionär erreichen? Und da würde ich sagen, man kann Linker bleiben und man kann gelebter Widerspruch sein. Man kann das Beste dafür tun, dass sich die Verhältnisse ändern.“  
 
Mirko, ein Interviewter, meint: „Die Frage ist: Was kann man im Leben als Revolutionär erreichen? Und da würde ich sagen, man kann Linker bleiben und man kann gelebter Widerspruch sein. Man kann das Beste dafür tun, dass sich die Verhältnisse ändern.“  
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Ziel der Autorin ist es, herauszufinden, wie es ältere Aktivist*innen geschafft haben, ihre Energie und den Willen zur gesellschaftlichen Veränderung von der Lebensphase des jugendlichen Rebellierens hin zu einem 'lebenslänglichen' Aktivismus zu bewahren. Dabei ist Rehzi Malzahn gleichzeitig ein kleines Zeugnis der deutschen Bewegungsgeschichte gelungen, da viele der Interviewten aus ganz unterschiedlichen Teilen der Bewegung kommen und aktiv sind.  
 
Ziel der Autorin ist es, herauszufinden, wie es ältere Aktivist*innen geschafft haben, ihre Energie und den Willen zur gesellschaftlichen Veränderung von der Lebensphase des jugendlichen Rebellierens hin zu einem 'lebenslänglichen' Aktivismus zu bewahren. Dabei ist Rehzi Malzahn gleichzeitig ein kleines Zeugnis der deutschen Bewegungsgeschichte gelungen, da viele der Interviewten aus ganz unterschiedlichen Teilen der Bewegung kommen und aktiv sind.  
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Ich persönlich mag an dem Buch, dass es keine fertige Lösung bietet, sondern die vielen verschiedenen Erfahrungen dazu einladen, auch seine eigenen Erfahrungen genauer zu reflektieren und dass Denkanstöße gegeben werden, die einem vielleicht weiter helfen können, eine eigene Lösung für diese Fragen zu finden. Dennoch wird nicht außer acht gelassen, dass es trotz allem  wichtig ist, dass wir es noch mehr schaffen, solidarische Netzwerke zu bilden, um uns gegenseitig zu stützen und uns auch in den alltäglichen Kämpfen zu unterstützen. Beispiele dafür wären Kommune oder andere Wohnprojekte, gemeinsame Ökonomien, soziale Zusammenhänge u.s.w.
 
Ich persönlich mag an dem Buch, dass es keine fertige Lösung bietet, sondern die vielen verschiedenen Erfahrungen dazu einladen, auch seine eigenen Erfahrungen genauer zu reflektieren und dass Denkanstöße gegeben werden, die einem vielleicht weiter helfen können, eine eigene Lösung für diese Fragen zu finden. Dennoch wird nicht außer acht gelassen, dass es trotz allem  wichtig ist, dass wir es noch mehr schaffen, solidarische Netzwerke zu bilden, um uns gegenseitig zu stützen und uns auch in den alltäglichen Kämpfen zu unterstützen. Beispiele dafür wären Kommune oder andere Wohnprojekte, gemeinsame Ökonomien, soziale Zusammenhänge u.s.w.
  
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[[Kategorie: Frühjahr 2017]]
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[[Kategorie: Herbst 2016]]
[[Kategorie: Artikel]]
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[[Kategorie: Rezensionen]]
[[Kategorie: Atommüll]]
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[[Kategorie: Emotionales]]
[[Kategorie: Konzerne]]
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[[Kategorie: Kapitalismus]]
 
[[Kategorie: Politik]]
 
[[Kategorie: Politik]]

Aktuelle Version vom 20. September 2016, 16:45 Uhr

dabei geblieben – vom Älterwerden und Weiterkämpfen

reka Anscheinend kommen viele Aktive früher oder später zu der Frage: wie weiter? Nach jahrelangem Aktivismus und Versuchen den Kapitalismus zu stürzen, Abwehrkämpfe gegen Neonazis zu führen, Freiräume zu erkämpfen und dem gleichzeitigen Entlanghangeln am Existenzminimum, ist ein Teil entweder ausgebrannt, desillusioniert oder zieht sich komplett ins Private zurück, wodurch viele Erfahrungen, Fähigkeiten, Ideen und Stärke der Bewegung verloren gehen.

Die Autorin Rehzi Malzahn versucht dieser und weiteren Fragen im Buch „dabei geblieben“ mittels 25 Interviews mit älteren Aktivist*innen auf den Grund zu gehen. Mirko, ein Interviewter, meint: „Die Frage ist: Was kann man im Leben als Revolutionär erreichen? Und da würde ich sagen, man kann Linker bleiben und man kann gelebter Widerspruch sein. Man kann das Beste dafür tun, dass sich die Verhältnisse ändern.“

Ziel der Autorin ist es, herauszufinden, wie es ältere Aktivist*innen geschafft haben, ihre Energie und den Willen zur gesellschaftlichen Veränderung von der Lebensphase des jugendlichen Rebellierens hin zu einem 'lebenslänglichen' Aktivismus zu bewahren. Dabei ist Rehzi Malzahn gleichzeitig ein kleines Zeugnis der deutschen Bewegungsgeschichte gelungen, da viele der Interviewten aus ganz unterschiedlichen Teilen der Bewegung kommen und aktiv sind.

Ich persönlich mag an dem Buch, dass es keine fertige Lösung bietet, sondern die vielen verschiedenen Erfahrungen dazu einladen, auch seine eigenen Erfahrungen genauer zu reflektieren und dass Denkanstöße gegeben werden, die einem vielleicht weiter helfen können, eine eigene Lösung für diese Fragen zu finden. Dennoch wird nicht außer acht gelassen, dass es trotz allem wichtig ist, dass wir es noch mehr schaffen, solidarische Netzwerke zu bilden, um uns gegenseitig zu stützen und uns auch in den alltäglichen Kämpfen zu unterstützen. Beispiele dafür wären Kommune oder andere Wohnprojekte, gemeinsame Ökonomien, soziale Zusammenhänge u.s.w.

Eine wichtige Stelle in dem Buch nimmt 'die' Szene ein, mit der sich viele der älteren Aktivist*innen auf Grund der Überidentifizierung durch Kleidungscodes etc. nicht mehr identifizieren können und in welcher durch beispielsweise unsolidarisches Verhalten oder sogenanntes Mackertum auch viele schlechte Erfahrungen gemacht wurden. Die ständige Bezeichnung von 'der' Szene ist etwas fragwürdig, da es meines Erachtens 'die' Szene gar nicht gibt. Es gibt eine antikapitalistische Bewegung, die viel zu vielfältig und bunt ist, als das mensch von 'der' einen Szene reden könnte.

Rehzi Malzahn: „dabei geblieben“; Unrast Verlag, Münster, 2015; 250 Seiten, 16 €; ISBN 978-3-89771-576-9