2015-02:Die SpardaBank und das P-Konto

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Die SpardaBank und das P-Konto

fb Seit 2010 gibt es für einen Teil der Bevölkerung ein eigenes Format von Bankkonto: das P-Konto. Das steht für "Pfändungsschutz-Konto" und ist als Angebot gedacht, das einerseits weniger aufwendig zu nutzen ist, andererseits den Banken Arbeitszeit am Schalter spart und damit Profite steigert. Die besondere Zielgruppe sind Menschen, die aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage sind "Schulden" an ihre "Gläubiger" zu erstatten. Und hier geht es nicht nur um Bankkredite, die nicht abgezahlt werden können, sondern Gläubiger können die AOK, Polizei oder Verkehrsbetriebe sein, die sich anmaßen einseitig Schuld zuzusprechen. Also wegen Fahren ohne Fahrscheins, verlorenen Prozessen gegen Behörden, überwuchernden Krankenkassenbeiträgen ... - oder anderes mehr. Früher führte die Kontopfändung zu anstrengenden Auseinandersetzungen mit Banken und Gerichten, um wieder begrenzten Zugang zum eigenen Geld zu erhalten. Bei erfolgreichem Ergebnis hieß es nun für jede Barauszahlung an den Schalter gehen zu müssen, wo jeweils die Zulässigkeit der Auszahlung vom gepfändeten Konto geprüft werden musste - zeitaufwendig für Personal und kapitalarme Menschen.

Mit dem P-Konto wurde eine weitgehend automatisierte Alternative geschaffen, die einerseits einen regulären Zugriff auch über Bankautomaten auf den gesetzlich festgelegten monatlichen Freibetrag ermöglichen sollte und die Schlangen an den Schaltern verkürzte. Der große Vorteil für die meist reichen Gläubiger ist die integrale Zustimmung der Kontoinhaber*in, dass Vermögen auf dem P-Konto nach Ablauf der gesetzlichen Zugriffsfrist ohne viel Federlesen eingezogen werden kann. Nach Einführung des P-Kontos mussten erst einige Gerichtsprozesse geführt werden, bis höchstrichterlich durch den Bundesgerichtshof[1] festgehalten wurde, dass einE P-Konto-Inhaber*in nicht unverhältnismäßig gegenüber "normalen" Bankkund*innen benachteiligt werden darf - beispielsweise durften keine extra Gebühren mehr für P-Konten erhoben werden. Außerdem hat jeder Mensch Anspruch auf genau ein P-Konto - und jede Bank, die deswegen angesprochen wird, muss dieses ermöglichen, sofern nicht bereits ein solches Konto (auch bei einer anderen Bank) existiert. Natürlich mögen Banken arme Menschen mit schlechten Kapitalperspektiven - also das, was durchschnittliche P-Konto-Inhaber*innen wohl charakterisiert - nicht. Sie ermöglichen nur wenig Profit und sind trotz der Vereinfachungen durch Einführung des P-Kontos aufwendiger zu handhaben, als die anderen Kund*innen. Deshalb wird viel versucht sich dieser Kund*innen auf die eine oder andere Weise zu "entledigen".

Ein jüngeres Beispiel machte die SpardaBank Berlin. Da war mensch scheinbar nicht sehr glücklich mit dem Umstand ein gebührenfreies P-Konto führen zu müssen, da die Kontoinhaber*in zuvor ein "normales" gebührenfreies Konto hatte und durch die höchstrichterliche Grundsatzentscheidung bei Umstellung auf das P-Konto keine Gebühren erhoben werden durften. Die Bank machte es ihrer Kund*in schwer - das Online-Banking wurde gekündigt, eine Praxis, die auch bei vielen anderen Banken Gang und Gebe ist, obwohl es durchaus Banken gibt, die ihren P-Konto-Kund*innen diese Option ausdrücklich anbieten - es handelt sich also nicht um eine gesetzliche oder technische Notwendigkeit. Stattdessen wurde Telefonbanking nach einem Beratungsgespräch durch das Personal freigeschaltet, zumindest um eine Echtzeit-Auskunft zum aktuellen Kontostand zu erhalten. Scheinbar machte die Software der Bank dem einen Strich durch die Rechnung, denn im nächsten Kontoauszug wurde zuerst die Eröffnung des Telefonbankings samt Zugangs-PIN mitgeteilt, dann aber sofort wieder gesperrt. Auf Nachfrage gab es die arrogante Antwort, das es sich schließlich um ein P-Konto handele, wo sowas verboten sei. Komisch nur, dass einzelne Banken das anders handhaben.

Über ein Jahr hatte das Konto mit dem "P"-Status Bestand, währenddessen es sich als schwierig zeigte einerseits rechtzeitig das gesetzlich zugestandene Budget vom Einkommen zu verwenden - durch Überweisungen auf alten Papierformularen, die per Post an die Berliner Zentrale zu schicken waren, oder durch Barabhebungen vom Automaten. Denn nach Ablauf eines Monates erlischt der Zugriff auf das Geld und es kann von den Gläubigern relativ einfach eingezogen werden. Mensch muss also "schnell" sein, damit das erwirtschaftete Einkommen nicht verfällt. Andererseits darf aber nicht zuviel abgehoben und abgebucht werden, deshalb braucht mensch den aktuellen Kontostand. Die SpardaBank hat ihren P-Konto-Kund*innen aber die Option Kontoauszüge bei anderen Banken zu ziehen, abgeschaltet, also gibt es diese Information ausschließlich am SpardaBank-Kontoauszugsdrucker, oder verspätet per Post. SpardaBanken gibt es aber nur in wenigen größeren Städten. So passiert es leicht, dass - beispielsweise durch nicht legitimierte Abbuchungsversuche von Gläubigern und Anderen, deren Rückbuchung mangels Kontodeckung seitens der Bank mit hohen Gebühren bestraft werden, oder weil der letzte zugängliche Kontoauszug schon nicht mehr aktuell war - Abbuchungsaufträge erteilt werden, die dann nicht ausgeführt werden können. - Und wieder entstehen Sanktionsgebühren für die versuchte Kontoüberziehung. Das alles wäre technisch und rechtlich nicht nötig, ein Zugriff auf den Kontostand in Echtzeit wäre kein Problem und nichtlegitimierte Fremdabbuchungen müssten nicht der Kontoinhaber*in berechnet werden. Doch das durch diese Bankpraxis entstehende Hin und Her produziert natürlich einigen Aufwand auf beiden Seiten, und macht das ganze unübersichtlich für die BetroffenE.

Nach Ablauf etwa einen Jahres Bestand trudelte unerwartet eine "ordentliche Kündigung" der SpardaBank mit Forderung die Bankkarte abzugeben ein. Ohne irgendeine Begründung wurde unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Kontokündigung ausgesprochen. Protest per Post und Telefon wurde abgewiegelt und sich auf den Standpunkt, die SpardaBank kann das machen, weil die AGB es erlauben, zurück gezogen. Irgendeine Argumentation hinsichtlich möglichen Fehlverhaltens der Kund*in wurde vermieden - schließlich hätte das auch eine Thematisierung der P-Kontopraxis dieser Bank bewirkt. Ein paar Wochen funktionierte das Konto noch, auch über die geforderte Frist der Bank hinweg, dann wurde die Karte kommentarlos eingezogen und eine scheinheilige Mitteilung per Post geschickt, dass nach der Schließung des P-Kontos noch Guthaben vorhanden sei, und auf welches Konto es denn überwiesen werden solle. Das einzige Konto hatte die SpardaBank ja gerade geschlossen.

Der höchstrichterlichen Rechtsprechung zufolge dürfte dieser Vorgang nicht so ohne weiteres, also ohne eine gute inhaltliche Argumentation, nicht möglich sein - auch wenn die AGBs der Bank es erlauben, die sind dann möglicherweise rechtswidrig. Denn die Kündigung des P-Kontos steht im Widerspruch zum Recht auf "ein P-Konto" und dem Verbot der Benachteiligung solcher Bankkund*innen gegenüber anderen. Zwar steht formal die Neueröffnung eines neuen P-Kontos bei derselben Bank nichts im Wege, das wäre dann aber plötzlich kostenpflichtig, weil es den gebührenfreien Status des Vorläuferkontos nicht hätte und stattdessen ein teures Standardkonto eingerichtet werden müsste. Für die Bank ganz klar ein Gewinn: sie bekommt entweder Gebühren für ein Konto, das vorher kostenlos geführt wurde, oder spart sich die Bürokratie die P-Konto-Betreuung, weil die Kund*in sich angesichts des gestörten Vertrauensverhältnisses gleich eine ganz andere Bank sucht. Der Vorgang zeigt, dass auch eine "Genossenschaftsbank", wo die Kund*innen selbst Miteigentümer*innen sind, ihrer kapitalschwächeren Kund*innen verdrängt - vielleicht nicht überraschend, aber doch sicher nicht dass, was mensch sich unter einer "Genossenschaft" vorstellen würde.