2015-01:Skouries - Goldabbau in Griechenland: Unterschied zwischen den Versionen

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==Skouries – Goldabbau in Griechenland==
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== Skouries – Goldabbau in Griechenland ==
'''Zwiebel'''
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'''Zwiebel''' Mit meinem Rucksack auf dem Rücken schleppe ich mich langsam die Straße hinauf. Eine Polizeistreife fährt an mir vorbei, dann der Wagen eines Security-Unternehmens. Dann kommt die Streife wieder zurück. Und noch ein weiteres Security-Auto. So geht das nun schon die ganze Zeit, seit ich den Weg hoch auf den Kakavos-Berg in Griechenland eingeschlagen habe.
  
Mit meinem Rucksack auf dem Rücken schleppe ich mich langsam die Straße
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Keine zwei Stunden habe ich mit Bus und ausgestrecktem Daumen von Thessaloniki bis ins 3.000-Seelen-Dorf Megali Panagia gebraucht, welches im Osten der Halbinsel Halkidiki gelegen ist. Doch von dort aus ging's dann nur noch zu Fuß weiter. Was mich antreibt? Etwa die wunderschöne Natur, der Wald, die Berge, die Flüsse, das Meer? - In gewisser Weise schon. Jedoch auf eine wahrlich unschöne Art und Weise: Was mich hierher bringt, ist der Kahlschlag des Waldes, die Sprengung des Berges, die Vergiftung von Meer, Flüssen und Grundwasser.
hinauf. Eine Polizeistreife fährt an mir vorbei, dann der Wagen eines
 
Security-Unternehmens. Dann kommt die Streife wieder zurück. Und noch ein
 
weiteres Security-Auto. So geht das nun schon die ganze Zeit, seit ich den
 
Weg hoch auf den Kakavos-Berg in Griechenland eingeschlagen habe.
 
  
Keine zwei Stunden habe ich mit Bus und ausgestrecktem Daumen von
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Auf dem Kakavos-Berg soll eine der zahlreichen geplanten Goldminen in Nordgriechenland entstehen: Skouries. Kaum auszumalen werden die katastrophalen Auswirkungen dieses Projekts sein und es steht bereits mehr als in den Startlöchern.
Thessaloniki bis ins 3.000-Seelen-Dorf Megali Panagia gebraucht, welches im
 
Osten der Halbinsel Halkidiki gelegen ist. Doch von dort aus ging's dann
 
nur noch zu Fuß weiter. Was mich antreibt? Etwa die wunderschöne Natur, der
 
Wald, die Berge, die Flüsse, das Meer? - In gewisser Weise schon. Jedoch
 
auf eine wahrlich unschöne Art und Weise: Was mich hierher bringt, ist der
 
Kahlschlag des Waldes, die Sprengung des Berges, die Vergiftung von Meer,
 
Flüssen und Grundwasser.
 
Auf dem Kakavos-Berg soll eine der zahlreichen geplanten Goldminen in
 
Nordgriechenland entstehen: Skouries. Kaum auszumalen werden die
 
katastrophalen Auswirkungen dieses Projekts sein und es steht bereits mehr
 
als in den Startlöchern.
 
Die Straße, auf der ich gehe, ist neu und wahrscheinlich besser in Schuss
 
als irgendeine Autobahn in Griechenland. An den rot-bräunlichen Steilwänden
 
neben ihr lässt sich leicht ausmachen, wie sie regelrecht in den Berg
 
hineingefressen wurde. Nach einiger Zeit beginnen scheinbar endlose
 
Holzstapel den Weg zu säumen. Unschwer, den Zusammenhang zwischen der
 
Straße und den toten Bäumen herzustellen.
 
Nicht recht wissend, was mich erwartet und wo genau ich hingehen muss, hat
 
mir die nervtötende Präsenz der wie aufgescheucht hin- und her fahrenden
 
Autos von Polizei und Security zumindest die Sicherheit gegeben, auf dem
 
richtigen Weg zu sein. Mein Ziel ist ein 10-tägiges Protestcamp direkt auf
 
dem Berg nur unweit von der geplanten Mine und den bereits stattfindenden
 
Arbeiten zur Errichtung der Infrastruktur. Von Kampfkomitees aus Halkidiki
 
und Thessaloniki war das vom 22. bis 31. August 2014 stattfindende Camp
 
angekündigt worden mit den Worten: „…gegen die Paranoia und die destruktive
 
Raserei von Staat, Gesellschaften und Spekulanten... Die willkürliche Orgie
 
der Verwüstung muss stoppen. Heute, sonst gibt es kein Morgen mehr!“
 
  
Auf dem Camp selber konnte ich dann in zahlreichen Gesprächen,
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Die Straße, auf der ich gehe, ist neu und wahrscheinlich besser in Schuss als irgendeine Autobahn in Griechenland. An den rot-bräunlichen Steilwänden neben ihr lässt sich leicht ausmachen, wie sie regelrecht in den Berg hineingefressen wurde. Nach einiger Zeit beginnen scheinbar endlose Holzstapel den Weg zu säumen. Unschwer, den Zusammenhang zwischen der Straße und den toten Bäumen herzustellen.
Diskussionen, Vorträgen und Spaziergängen meine Wissenslücken über den Ort
 
und das Geschehen schließen und kam zu der Entscheidung, dies in einem
 
Artikel zu verarbeiten. Denn darüber, was hier vor sich geht, sollten mehr
 
Menschen Bescheid wissen.
 
  
In Nord-Griechenland sind zur Zeit zahlreiche Goldminen in Planung. Unter
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Nicht recht wissend, was mich erwartet und wo genau ich hingehen muss, hat mir die nervtötende Präsenz der wie aufgescheucht hin- und her fahrenden Autos von Polizei und Security zumindest die Sicherheit gegeben, auf dem richtigen Weg zu sein. Mein Ziel ist ein 10-tägiges Protestcamp direkt auf dem Berg nur unweit von der geplanten Mine und den bereits stattfindenden Arbeiten zur Errichtung der Infrastruktur. Von Kampfkomitees aus Halkidiki und Thessaloniki war das vom 22. bis 31. August 2014 stattfindende Camp angekündigt worden mit den Worten: „…gegen die Paranoia und die destruktive Raserei von Staat, Gesellschaften und Spekulanten... Die willkürliche Orgie der Verwüstung muss stoppen. Heute, sonst gibt es kein Morgen mehr!“
anderem soll auf der Halbinsel Halkidiki konkret in den Gegenden um Skouries
 
Gold abgebaut werden. In der Nähe der Mine, die bei Skouries entstehen
 
soll, bei Piavitza, befindet sich auch noch ein weiteres Goldvorkommen und
 
die Überlegungen zu einer Mine dort könnten noch zehnmal größere Ausmaße
 
als in Skouries annehmen
 
In Makedonien sind die Regionen Kilkis und Serres betroffen und in Thrakien
 
soll bei Perama eine Mine entstehen.
 
Hinter den Minen auf Halkidiki und bei Perama steckt dabei die gleiche
 
Firma: Eldorado Gold, ein kanadisches Unternehmen mit Sitz in Vancouver.
 
Jeweils ist der Beginn des Abbaus für 2016 geplant und die Laufzeiten gehen
 
teilweise bis zu 27 Jahren. Aber auch bei den anderen für den Goldabbau
 
freigegebenen Regionen ist eine Teilhabe von Eldorado Gold nicht
 
ausgeschlossen.
 
  
'''Zwielichtige Transaktionen – Wie Eldorado Gold ins Spiel kam'''
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Auf dem Camp selber konnte ich dann in zahlreichen Gesprächen, Diskussionen, Vorträgen und Spaziergängen meine Wissenslücken über den Ort und das Geschehen schließen und kam zu der Entscheidung, dies in einem Artikel zu verarbeiten. Denn darüber, was hier vor sich geht, sollten mehr Menschen Bescheid wissen.
  
Im Jahr 1996 waren die Abbaurechte für die Kassandra-Minen im Wege einer
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In Nord-Griechenland sind zur Zeit zahlreiche Goldminen in Planung. Unter anderem soll auf der Halbinsel Halkidiki konkret in den Gegenden um Skouries Gold abgebaut werden. In der Nähe der Mine, die bei Skouries entstehen soll, bei Piavitza, befindet sich auch noch ein weiteres Goldvorkommen und die Überlegungen zu einer Mine dort könnten noch zehnmal größere Ausmaße als in Skouries annehmen.
öffentlichen Ausschreibung für 32 Mio. Euro an TVX Hellas S.A., ein
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Tochterunternehmen der kanadischen TVX Gold, veräußert worden. In den
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In Makedonien sind die Regionen Kilkis und Serres betroffen und in Thrakien soll bei Perama eine Mine entstehen. Hinter den Minen auf Halkidiki und bei Perama steckt dabei die gleiche Firma: Eldorado Gold, ein kanadisches Unternehmen mit Sitz in Vancouver. Jeweils ist der Beginn des Abbaus für 2016 geplant und die Laufzeiten gehen teilweise bis zu 27 Jahren. Aber auch bei den anderen für den Goldabbau freigegebenen Regionen ist eine Teilhabe von Eldorado Gold nicht ausgeschlossen.
darauf folgenden Jahren wurde unter anderem eine Silber-Blei-Zink-Mine in
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Stratoni betrieben sowie eine Mine in Olympiada.
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Doch bereits in 2002 wurde nach heftigen Protesten die Abbaugenehmigung
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=== Zwielichtige Transaktionen – Wie Eldorado Gold ins Spiel kam ===
widerrufen. Das oberste Verwaltungsgericht von Griechenland hatte
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Im Jahr 1996 waren die Abbaurechte für die Kassandra-Minen im Wege einer öffentlichen Ausschreibung für 32 Mio. Euro an TVX Hellas S.A., ein Tochterunternehmen der kanadischen TVX Gold, veräußert worden. In den darauf folgenden Jahren wurde unter anderem eine Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni betrieben, sowie eine Mine in Olympiada. Doch bereits in 2002 wurde nach heftigen Protesten die Abbaugenehmigung widerrufen. Das oberste Verwaltungsgericht von Griechenland hatte entschieden, dass der geplante Goldabbau eine Katastrophe für die Region wäre. TVX Gold stellte daraufhin die Finanzierung ein und schließlich musste TVX Hellas Insolvenz anmelden und wurde offiziell für bankrott
entschieden, dass der geplante Goldabbau eine Katastrophe für die Region
 
wäre. TVX Gold stellte daraufhin die Finanzierung ein und schließlich
 
musste TVX Hellas Insolvenz anmelden und wurde offiziell für bankrott
 
 
erklärt.
 
erklärt.
Dazu kam, dass im Dezember 2002 nach heftigen Regenfällen stark saures und
 
schwermetallhaltiges Wasser aus den Galerien einer von TVX Hellas
 
betriebenen Mine in den Golf von Stratoni lief, wo sich daraufhin das
 
Wasser rot färbte. TVX jedoch sprach von einem „optischen Phänomen“.
 
Am 12. Dezember 2003 wurden die Bergbaukonzessionen der Kassandra-Minen für
 
11 Mio. Euro an den griechischen Staat überschrieben. Diese Transaktion
 
beinhaltete ebenfalls die Übernahme der rund 17 Mio. Euro, die TVX deren
 
472 Arbeiter_innen schuldig geblieben war.
 
Noch am gleichen Tag ging das Vermögen, welches u.a. Minen- und
 
Erkundungsrechte in einem Bereich von 317 km² beinhaltete, für den gleichen
 
Preis an die HELLAS GOLD S.A. Dabei wirkte der damalige Staatssekretär für
 
Finanzen Christos Pachtas (Pasok) intervenierend. Gleicher besetzte später
 
das Bürgermeisteramt der Gemeinde Aristoteles, in der der Bergbau
 
stattfinden sollte.
 
Die Art und Weise, wie diese Transaktion durchgeführt wurde, gibt dabei
 
zahlreiche Aufschlüsse über die Verflechtung politischer und
 
wirtschaftlicher Interessen und deren Erscheinungsformen.
 
Unter anderem fand zuvor weder eine Wertprüfung statt noch gab es eine
 
öffentliche Ausschreibung. Weiterhin wurde das Unternehmen von der
 
Eintragungs- und sonstigen Steuern befreit, erhielt verschiedene
 
Gebührennachlässe, z.B. auf Anwalts- und Notarkosten, und wurde vertraglich
 
aus der Verpflichtung genommen, für Reparationszahlungen aufgrund der
 
Umweltschäden, welche TVX in dem betroffenen Gebiet verursacht hatte,
 
aufzukommen.
 
Eine weitere Tatsache, die mensch stutzig machen sollte, ist, dass HELLAS
 
GOLD S.A. gerade einmal drei Tage zuvor mit einem Aktienkapital von 60.000
 
Euro gegründet wurde – scheinbar kein Hinderungsgrund, ein Vermögen von 11
 
Mio. Euro aufzukaufen.
 
Dazu kommt, dass sechs Monate später der Marktwert der Minen von einem
 
globalen Finanzdienstleister auf 408 Mio. Euro geschätzt wurde. Also 37mal
 
mehr als der Kaufpreis.
 
Dennoch bestätigte der Staat die Transaktion, woraufhin in 2004 eine Phase
 
begann, in der das Unternehmen schrittweise in Teilstücke zerlegt und
 
verkauft wurde. Dabei machten die drei Hauptaktionäre von Hellas Gold -
 
Leonidas Bobolas, Dimitrios Koutras und Frank Timiş -  einen Gewinn von
 
95,7 Mio. Euro und an den Staat ging genau nichts.
 
Bis Ende 2007 erwarb dann die kanadische Firma European Gold Fields 95
 
Prozent von Hellas Gold. Die übrigen 5 Prozent behielt der Aktionär Bobolas
 
mit dessen Baufirma AKTOR. (Zu den Bobolas sei an dieser Stelle noch
 
erwähnt, dass es sich hierbei um einen einflussreichen, regierungsnahen
 
griechischen Familienclan handelt, dem unter anderem auch große Teile der
 
griechischen Medien gehören.)
 
2011 wurde mit der Zulassung der in vielen Teilen fehlerhaften und
 
unvollständigen Studie von Hellas Gold zum Umwelteinfluss (EIA), welche
 
konkret die Standorte in Olympiada, Skouries und Stratoni betrifft, eine
 
weitere bürokratische Hürde geebnet.
 
European Gold Fields ging dann im Februar 2012 an die ebenfalls in Kanada
 
ansässige multinationale Aktiengesellschaft Eldorado Gold über.
 
  
Heute gehört Hellas Gold S.A. also zu 95 Prozent Eldorado Gold und zu 5
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Dazu kam, dass im Dezember 2002 nach heftigen Regenfällen stark saures und schwermetallhaltiges Wasser aus den Galerien einer von TVX Hellas betriebenen Mine in den Golf von Stratoni lief, wo sich daraufhin das Wasser rot färbte. TVX jedoch sprach von einem „optischen Phänomen“.
Prozent AKTOR. Der Wert der Mineralien von Halkidiki wird inzwischen auf
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15,5 Mrd. Euro geschätzt.
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Am 12. Dezember 2003 wurden die Bergbaukonzessionen der Kassandra-Minen für 11 Mio. Euro an den griechischen Staat überschrieben. Diese Transaktion beinhaltete ebenfalls die Übernahme der rund 17 Mio. Euro, die TVX deren 472 Arbeiter_innen schuldig geblieben war.
  
'''Skouries und seine Folgen'''
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Noch am gleichen Tag ging das Vermögen, welches u.a. Minen- und Erkundungsrechte in einem Bereich von 317 km² beinhaltete, für den gleichen Preis an die HELLAS GOLD S.A. Dabei wirkte der damalige Staatssekretär für Finanzen Christos Pachtas (Pasok) intervenierend. Gleicher besetzte später das Bürgermeisteramt der Gemeinde Aristoteles, in der der Bergbau stattfinden sollte
  
Allein die Verstrickungen von Politik und Großkonzernen wären ja nun schon
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Die Art und Weise, wie diese Transaktion durchgeführt wurde, gibt dabei zahlreiche Aufschlüsse über die Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Interessen und deren Erscheinungsformen. Unter anderem fand zuvor weder eine Wertprüfung statt noch gab es eine öffentliche Ausschreibung. Weiterhin wurde das Unternehmen von der Eintragungs- und sonstigen Steuern befreit, erhielt verschiedene Gebührennachlässe, z.B. auf Anwalts- und Notarkosten, und wurde vertraglich aus der Verpflichtung genommen, für Reparationszahlungen aufgrund der Umweltschäden, welche TVX in dem betroffenen Gebiet verursacht hatte, aufzukommen.
Grund genug für einen Aufschrei. Allerdings sind die Probleme, die die
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Goldminen jetzt schon aufwerfen und noch aufwerfen werden noch weitaus
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Eine weitere Tatsache, die mensch stutzig machen sollte, ist, dass HELLAS GOLD S.A. gerade einmal drei Tage zuvor mit einem Aktienkapital von 60.000 Euro gegründet wurde – scheinbar kein Hinderungsgrund, ein Vermögen von 11 Mio. Euro aufzukaufen. Dazu kommt, dass sechs Monate später der Marktwert der Minen von einem globalen Finanzdienstleister auf 408 Mio. Euro geschätzt wurde. Also 37mal mehr als der Kaufpreis.
schwerwiegender.
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Dennoch bestätigte der Staat die Transaktion, woraufhin in 2004 eine Phase begann, in der das Unternehmen schrittweise in Teilstücke zerlegt und verkauft wurde. Dabei machten die drei Hauptaktionäre von Hellas Gold - Leonidas Bobolas, Dimitrios Koutras und Frank Timiş -  einen Gewinn von 95,7 Mio. Euro und an den Staat ging genau nichts. Bis Ende 2007 erwarb dann die kanadische Firma European Gold Fields 95 Prozent von Hellas Gold. Die übrigen 5 Prozent behielt der Aktionär Bobolas mit dessen Baufirma AKTOR. (Zu den Bobolas sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass es sich hierbei um einen einflussreichen, regierungsnahen griechischen Familienclan handelt, dem unter anderem auch große Teile der griechischen Medien gehören.)
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2011 wurde mit der Zulassung der in vielen Teilen fehlerhaften und unvollständigen Studie von Hellas Gold zum Umwelteinfluss (EIA), welche konkret die Standorte in Olympiada, Skouries und Stratoni betrifft, eine weitere bürokratische Hürde geebnet. European Gold Fields ging dann im Februar 2012 an die ebenfalls in Kanada ansässige multinationale Aktiengesellschaft Eldorado Gold über.
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Heute gehört Hellas Gold S.A. also zu 95 Prozent Eldorado Gold und zu 5 Prozent AKTOR. Der Wert der Mineralien von Halkidiki wird inzwischen auf 15,5 Mrd. Euro geschätzt.
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=== Skouries und seine Folgen ===
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Allein die Verstrickungen von Politik und Großkonzernen wären ja nun schon Grund genug für einen Aufschrei. Allerdings sind die Probleme, die die Goldminen jetzt schon aufwerfen und noch aufwerfen werden noch weitaus schwerwiegender.
  
 
Aber der Reihe nach: Was soll eigentlich genau in Skouries passieren?
 
Aber der Reihe nach: Was soll eigentlich genau in Skouries passieren?
  
In der Region Skouries befindet sich ein Gold-Kupfer-Porphyr- Vorkommen.
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In der Region Skouries befindet sich ein Gold-Kupfer-Porphyr- Vorkommen. Dieses will Hellas Gold ab 2016 zunächst im Tagebau abbauen. Mit sechs Tonnen Sprengstoff pro Tag soll über die Jahre ein Loch entstehen mit einem Durchmesser von bis zu zwei Kilometern und einer Tiefe von 220 Metern. 24.000 t Gestein mit einem geschätzten Gehalt von  0,8 g Gold pro Tonne sollen pro Tag abgebaut werden. Unter dem Tagebau soll dann ein bis 770 Meter tiefer Untertagebau mit bis zu 25 km Galerien entstehen. Zusätzlich soll an dem Standort Skouries auch eine Metallurgie-Fabrik zur Reingoldgewinnung entstehen. Dieser Punkt macht Skouries zu einem Schlüsselstandort der griechischen Goldproduktion. Denn hierher würde zu diesem Zwecke auch das Erz der anderen nordgriechischen Minen gebracht werden.
Dieses will Hellas Gold ab 2016 zunächst im Tagebau abbauen. Mit sechs
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Tonnen Sprengstoff pro Tag soll über die Jahre ein Loch entstehen mit einem
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Durchmesser von bis zu zwei Kilometern und einer Tiefe von 220 Metern.
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=== Der Wald ===
24.000 t Gestein mit einem geschätzten Gehalt von  0,8 g Gold pro Tonne
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Um dieses Projekt zu verwirklichen, wurden bereits ca. 3 km² Wald kahlgeschlagen. Ein ganzes Ökosystem und damit auch Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen wird dauerhaft zerstört. Auch die Menschen der umliegenden Dörfer, die Teile des Waldes schon seit Jahrhunderten forstwirtschaftlich genutzt haben, sehen sich nun einer wichtigen Quelle für Brenn- und Bauholz entzogen.
sollen pro Tag abgebaut werden.
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Unter dem Tagebau soll dann ein bis 770 Meter tiefer Untertagebau mit bis
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zu 25 km Galerien entstehen.
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=== Das Wasser ===
Zusätzlich soll an dem Standort Skouries auch eine Metallurgie-Fabrik zur
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Außerdem wird mit mehreren Drainage-Bohrungen das Grundwasser bis zu einer Tiefe von 750m (davon 140m unter dem Meeresspiegel) abgepumpt, um zu verhindern, dass die Mine vollläuft. Dies hat unter anderem die Austrocknung des Berges zur Folge, gefolgt von Bodenerosion und Überflutungen.
Reingoldgewinnung entstehen. Dieser Punkt macht Skouries zu einem
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Schlüsselstandort der griechischen Goldproduktion. Denn hierher würde zu
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In Anbetracht der Tatsache, dass sich an diesem Ort das Haupt-Grundwasser-Vorkommen von Halkidiki befindet, ergeben sich allerdings noch weitere erschreckende Auswirkungen. Zum einen werden bereits 15 Mio.m³ Wasser pro Jahr abgepumpt, was dem Wasserverbrauch der gesamten Halbinsel entspricht. Weiterhin wird jedoch auch das übrig bleibende Wasser kontaminiert. Unter anderem würde es bei dem vom Unternehmen geplanten Zurückführen des Wassers nach Beendigung der Bergbauaktivitäten zum Eindringen von Schadstoffen wie Schwermetallen kommen. Auch das Einlaufen von Salzwasser in küstennahe Grundwasservorkommen stellt ein Problem dar.
diesem Zwecke auch das Erz der anderen nordgriechischen Minen gebracht
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werden.
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Aufgrund der bereits geschehenen Bergbauaktivitäten ist das Wasser in einigen Gegenden schon jetzt mit Schwermetallen verseucht. Des weiteren wird eine unglaubliche Menge an Frischwasser verschwendet: Zur Förderung von einem Kilo Gold werden durchschnittlich 691.000 Liter Wasser benötigt.
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=== Die Luft ===
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Durch die täglichen Sprengungen wird eine Unmenge an Feinerz-Staub produziert – über 3.000 t pro Stunde werden es nach eigenen Einschätzungen von Eldorado Gold sein. Dazu kommen die Emissionen von Kohlenmonoxid, Stickoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen, Schwefeldioxiden und den Aerosolen PM10 und PM2,5 . Diese atmosphärischen Schadstoffe werden über weite Distanzen verteilt.
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Besonders die Feinstaubtypen PM10 und PM2,5 sind gesundheitsgefährdend, da sie aufgrund ihrer Größe von der Lunge nicht herausgefiltert werden und somit direkt in den Organismus von Menschen und anderen Tieren aufgenommen werden. Die sich an die Partikel anlagernden Schwermetalle und radioaktiven Elemente gelangen ebenfalls in den Körper und verursachen schwere Gesundheitsschäden. Allein in Skouries werden geschätzte 430t PM10 pro Jahr anfallen mit hohen Konzentrationen insbesondere an Arsen.
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=== Der Boden ===
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Kohlenmonoxid, Stickoxide und Schwefeldioxide werden zu saurem Regen führen und infolge dessen übersäuert ebenfalls der Boden. Dies, in Verbindung mit der Kontaminierung durch eine lange Liste an Schwermetallen von A wie Antimon bis Z wie Zink, wird es für Pflanzen und andere Organismen unmöglich machen, in dem betroffenen Bereich zu überleben.
  
'''Der Wald'''
 
  
Um dieses Projekt zu verwirklichen, wurden bereits ca. 3 km² Wald
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=== Die „Endlagerung“ ===
kahlgeschlagen. Ein ganzes Ökosystem und damit auch Lebensraum für
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Des weiteren entsteht durch die Goldproduktion Müll und zwar vor allem durch den Prozess des Herauslösens des Goldes aus dem restlichen Gestein. Denn dafür werden heutzutage zahlreiche, in höchstem Maße giftige Chemikalien verwendet. Und all das muss dann anschließend irgendwo hin: Täler werden durch Dämme zu Becken umgewandelt und mit dem Bergbau-Müll gefüllt, der dann in der Regel so lange dort bleibt, bis der entsprechende Damm bricht, wie im Jahr 2000 in einer Goldmine in Baia Mare (Rumänien) geschehen. Dort wurden durch ein Leck 100.000 m³ mit Zyanid und anderen Schwermetallen verseuchtes Wasser freigesetzt. Dieses Wasser floss in den Fluss Tesla und später in den Danube, führte zur Kontamination über Rumänien, Ungarn und Serbien hinaus, vergiftete Trinkwasserressourcen, tötete Tausende Fische und verursachte das Absterben der angrenzenden Ökosysteme. Diese Umweltkatastrophe in Baia Mare gilt direkt nach Tschernobyl als eine der verheerendsten in der Geschichte des europäischen Kontinents. Oder aber die Giftstoffe verdunsten oder sickern langsam in den Boden ein und kontaminieren das Wasser und den Boden.
zahlreiche Tiere und Pflanzen wird dauerhaft zerstört. Auch die Menschen
 
der umliegenden Dörfer, die Teile des Waldes schon seit Jahrhunderten
 
forstwirtschaftlich genutzt haben, sehen sich nun einer wichtigen Quelle
 
für Brenn- und Bauholz entzogen.
 
  
'''Das Wasser'''
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Normalerweise wird bei der Goldproduktion vor allem Zyanid verwendet. Nun rühmt sich aber Hellas Gold damit, ein Verfahren anwenden zu wollen, bei dem kein Zyanid verwendet würde: das soganannte Schwebeschmelzverfahren oder auf Englisch: „Flash smelting“. Dieses wurde niemals in industriellem Ausmaß für die Goldproduktion erprobt und ergibt außerdem kein Reingold sondern Mischungen mit Kupfer, Blei und Eisen. Da es bisher keine Methode zur Trennung gibt, ist es wahrscheinlich, dass das Unternehmen doch auch Zyanid einsetzen wird.
  
Außerdem wird mit mehreren Drainage-Bohrungen das Grundwasser bis zu einer
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Weiterhin gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass das ausgewählte Veredelungsverfahren für den Goldtyp der Kassandra-Minen nicht geeignet ist und die Fabrik, wenn sie gebaut und eingesetzt wird, mehr Arsen in die Umwelt freisetzen wird, als irgendeine andere Fabrik in der EU. Das finnische Unternehmen OUTOTEC, das die Technologie des Schwebeschmelzverfahrens entwickelt hat, drückte bereits ernsthafte Bedenken gegenüber der von Hellas Gold geplanten Anwendung im industriellen Maßstab aus.
Tiefe von 750m (davon 140m unter dem Meeresspiegel) abgepumpt, um zu
 
verhindern, dass die Mine vollläuft. Dies hat unter anderem die
 
Austrocknung des Berges zur Folge, gefolgt von Bodenerosion und
 
Überflutungen.
 
In Anbetracht der Tatsache, dass sich an diesem Ort das
 
Haupt-Grundwasser-Vorkommen von Halkidiki befindet, ergeben sich allerdings
 
noch weitere erschreckende Auswirkungen. Zum einen werden bereits 15 Mio.
 
m³ Wasser pro Jahr abgepumpt, was dem Wasserverbrauch der gesamten
 
Halbinsel entspricht. Weiterhin wird jedoch auch das übrig bleibende Wasser
 
kontaminiert. Unter anderem würde es bei dem vom Unternehmen geplanten
 
Zurückführen des Wassers nach Beendigung der Bergbauaktivitäten zum
 
Eindringen von Schadstoffen wie Schwermetallen kommen. Auch das Einlaufen
 
von Salzwasser in küstennahe Grundwasservorkommen stellt ein Problem dar.
 
Aufgrund der bereits geschehenen Bergbauaktivitäten ist das Wasser in
 
einigen Gegenden bereits mit Schwermetallen verseucht.
 
Des weiteren wird eine unglaubliche Menge an Frischwasser verschwendet: Zur
 
Förderung von einem Kilo Gold werden durchschnittlich 691.000 Liter Wasser
 
benötigt.
 
  
'''Die Luft'''
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Der durch die Produktion des Goldes entstehende Müll wird nun zu etwa 70 Prozent aus arsenhaltigem Eisenoxid-Schlamm (Skorodit) und Kalziumsulfat bestehen und ist besonders aufgrund des Arsens gefährlich. Außerdem ist die Stabilität des kristallinen Skorodit bei der Lagerung mit anderen Stoffen fraglich. Aber auch dafür hat sich nun das Unternehmen von der nationalen technischen Universität von Athen eine Methode ausdenken lassen, welche nicht einmal in Pilot-Tests erprobt wurde, aber dennoch eingesetzt werden soll.
  
Durch die täglichen Sprengungen wird eine Unmenge an Feinerz-Staub
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Die für Skouries geplanten Abfallbecken werden sich in den von den Flüssen Karatzas und Lotsaniko gebildeten Schluchten befinden. Die Bäume dort, einige über 300 Jahre alt, wurden bereits gefällt und 140-160 Meter hohe Dämme sollen gebaut werden. Der abgeladene Müll soll laut Angaben des Unternehmens relativ trocken sein und wie ein Berg an der höchsten Stelle noch 220 Meter über die Dämme hinausreichen. Dass dies starken Regenfällen standhalten würde, ist sehr fraglich.
produziert – über 3.000 t pro Stunde werden es nach eigenen Einschätzungen
 
von Eldorado Gold sein. Dazu kommen die Emissionen von Kohlenmonoxid,
 
Stickoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen, Schwefeldioxiden und den
 
Aerosolen PM10 und PM2,5 . Diese atmosphärischen Schadstoffe werden über
 
weite Distanzen verteilt.
 
  
Besonders die Feinstaubtypen PM10 und PM2,5 sind gesundheitsgefährdend, da
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Nach den Bergbauaktivitäten soll dann alles mit 60 cm Erde zugeschüttet werden und Hellas Gold will „zwei Bäume dort pflanzen, wo vorher einer stand“. Abgesehen davon, dass Bäume dicht gedrängt nicht besser wachsen, ist es auch absolut unmöglich, dass an einem solchen Ort Bäume länger überleben könnten.
sie aufgrund ihrer Größe von der Lunge nicht herausgefiltert werden und
 
somit direkt in den Organismus von Menschen und anderen Tieren aufgenommen
 
werden. Die sich an die Partikel anlagernden Schwermetalle und radioaktiven
 
Elemente gelangen ebenfalls in den Körper und verursachen schwere
 
Gesundheitsschäden. Allein in Skouries werden geschätzte 430t PM10 pro Jahr
 
anfallen mit hohen Konzentrationen insbesondere an Arsen.
 
  
'''Der Boden'''
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Weiterhin will das Unternehmen, um das Einsickern der giftigen Stoffe in den Boden zu verhindern, die Becken mit einer Folie auskleiden. Nach aktuellen Einschätzungen wird diese Folie allerdings höchstens 50 Jahre lang dicht halten. Da Hellas Gold den Goldabbau in Skouries 27 Jahre betreiben will, wird die Lösung des Problems also anscheinend auf die Dauer des Bestehens des Unternehmens angesetzt. Was danach kommt – darum sollen sich andere kümmern.
  
Kohlenmonoxid, Stickoxide und Schwefeldioxide werden zu saurem Regen führen
 
und infolge dessen übersäuert ebenfalls der Boden. Dies in Verbindung mit
 
der Kontaminierung durch eine lange Liste an Schwermetallen von A wie
 
Antimon bis Z wie Zink wird es für Pflanzen und andere Organismen unmöglich
 
machen, in dem betroffenen Bereich zu überleben.
 
  
'''Die „Endlagerung“'''
+
=== Auswirkungen auf die Menschen ===
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Die Menschen in der Gegend um Skouries sind in vielfacher Weise negativ von der Goldmine betroffen: gesundheitlich, sozial und ökonomisch.
  
Des weiteren entsteht durch die Goldproduktion Müll und zwar vor allem
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Gesundheitlich sind sie betroffen, da das verseuchte Wasser, die Schwermetalle und der Staub zahlreiche, auch tödliche Krankheiten verursachen. Dies betrifft nicht nur die Arbeiter (ich schreibe hier nur in männlicher Form, da es vor allem Männer sind, die in der Mine arbeiten) sondern auch alle Bewohner_innen der Region und Besucher_innen.
durch den Prozess des Herauslösens des Goldes aus dem restlichen Gestein.
 
Denn dafür werden heutzutage zahlreiche, in höchstem Maße giftige
 
Chemikalien verwendet. Und all das muss dann anschließend irgendwo hin:
 
Täler werden durch Dämme zu Becken umgewandelt und mit dem Bergbau-Müll
 
gefüllt, der dann in der Regel so lange dort bleibt, bis der entsprechende
 
Damm bricht, wie im Jahr 2000 in einer Goldmine in Baia Mare (Rumänien)
 
geschehen. Dort wurden durch ein Leck 100.000 m³ mit Zyanid und anderen
 
Schwermetallen verseuchtes Wasser freigesetzt. Dieses Wasser floss in den
 
Fluss Tesla und später in den Danube, führte zur Kontamination über
 
Rumänien, Ungarn und Serbien hinaus, vergiftete Trinkwasserressourcen,
 
tötete Tausende Fische und verursachte das Absterben der angrenzenden
 
Ökosysteme. Diese Umweltkatastrophe in Baia Mare gilt direkt nach
 
Tschernobyl als eine der verheerendsten in der Geschichte des europäischen
 
Kontinents.
 
Oder aber die Giftstoffe verdunsten oder sickern langsam in den Boden ein
 
und kontaminieren das Wasser und den Boden.
 
  
Normalerweise wird bei der Goldproduktion vor allem Zyanid verwendet. Nun
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Die sozialen Auswirkungen beschreibt Carlos Zorrilla in dem Ratgeber „Protecting your community against mining companies and other extractive organizers“ sehr passend: „Es ist allgemein üblich, dass multinationale Bergbauunternehmen spezielle Taktiken verfolgen, die darauf zielen, die soziale Anerkennung zu bekommen. Vor allem suchen sie Verbindungen zu lokalen Führungspersonen und Gruppen, die niemanden repräsentieren, aber leicht zu beeinflussen sind. Dadurch wird schrittweise ein Bruch im sozialen Netzwerk verursacht, während die Unternehmen ausgleichende soziale Projekte finanzieren. Sie erachten eingereichte Bewerbungsschreiben als Volksentscheide zu ihren Gunsten und erwerben strategisch Land. Sie benutzen aggressive Methoden gegen oppositionelle Bürgerinitiativen, wie z.B. Terrorismus, Gewalt, Erpressung, Infiltrierung, Überwachung, Klagen, die die finanziellen Möglichkeiten dieser Gruppen erschöpfen, Verbreitung falscher Gerüchte, Erstellung falscher Verbrechen, ausgedachte Anschuldigungen bis sogar hin zu Morddrohungen. Schließlich benutzen sie private Sicherheits-Unternehmen und arbeiten eng mit Milizen und Polizei zusammen.“ Viele, wenn nicht sogar alle dieser Strategien wurden von Hellas Gold S.A. in Halkidiki angewendet.
rühmt sich aber Hellas Gold damit, ein Verfahren anwenden zu wollen, bei
 
dem kein Zyanid verwendet würde: das soganannte Schwebeschmelzverfahren
 
oder auf Englisch: „Flash smelting“. Dieses wurde niemals in industriellem
 
Ausmaß für die Goldproduktion erprobt und ergibt außerdem kein Reingold
 
sondern Mischungen mit Kupfer, Blei und Eisen. Da es bisher keine Methode
 
zur Trennung gibt, ist es wahrscheinlich, dass das Unternehmen doch auch
 
Zyanid einsetzen wird.
 
Weiterhin gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass das ausgewählte
 
Veredelungsverfahren für den Goldtyp der Kassandra-Minen nicht geeignet ist
 
und die Fabrik, wenn sie gebaut und eingesetzt wird, mehr Arsen in die
 
Umwelt freisetzen wird als irgendeine andere Fabrik in der EU. Das
 
finnische Unternehmen OUTOTEC, das die Technologie des
 
Schwebeschmelzverfahrens entwickelt hat, drückte bereits ernsthafte
 
Bedenken gegenüber der von Hellas Gold geplanten Anwendung im industriellen
 
Maßstab aus.
 
  
Der durch die Produktion des Goldes entstehende Müll wird nun zu etwa 70
+
Schließlich wird die Region und die Menschen, die dort leben, noch ökonomisch in den Ruin getrieben. Denn die Haupt-Betätigungsfelder sind hier Landwirtschaft, Imkerei, Fischerei, Forstwirtschaft und Tourismus. All dies ist kaum bis gar nicht mit dem Goldbergbau vereinbar und wenn die Mine dann in einigen Jahren schließen würde, stünden die Menschen nur noch einer komplett zerstörten Umwelt und damit der Zerstörung aller Lebensgrundlagen gegenüber.
Prozent aus arsenhaltigem Eisenoxid-Schlamm (Skorodit) und Kalziumsulfat
 
bestehen und ist besonders aufgrund des Arsens gefährlich. Außerdem ist die
 
Stabilität des kristallinen Skorodit bei der Lagerung mit anderen Stoffen
 
fraglich. Aber auch dafür hat sich nun das Unternehmen von der nationalen
 
technischen Universität von Athen eine Methode ausdenken lassen, welche
 
nicht einmal in Pilot-Tests erprobt wurde, aber dennoch eingesetzt werden
 
soll.
 
  
Die für Skouries geplanten Abfallbecken werden sich in den von den Flüssen
+
Markant ist auch wieder einmal das Bergbaurecht, das ganz eindeutig für die Interessen der Großkonzerne und gegen die Menschen ausgelegt ist. Unter anderem ist jede Aktivität, die den Bergbau stört, in ausgeschriebenen Bergbaugebieten verboten, privater Landbesitz kann enteignet werden (es kann also auch zu Zwangsumsiedlungen kommen), Schutzstatus für Gebiete durch nationale oder internationale Übereinkommen greifen nicht mehr und das Bergbauunternehmen hat den vollen Besitz an den Mineralien, muss also keinerlei Abgaben zahlen.
Karatzas und Lotsaniko gebildeten Schluchten befinden. Die Bäume dort,
 
einige über 300 Jahre alt, wurden bereits gefällt und 140-160 Meter hohe
 
Dämme sollen gebaut werden. Der abgeladene Müll soll laut Angaben des
 
Unternehmens relativ trocken sein und wie ein Berg an der höchsten Stelle
 
noch 220 Meter über die Dämme hinausreichen. Dass dies starken Regenfällen
 
standhalten würde, ist sehr fraglich.
 
Nach den Bergbauaktivitäten soll dann alles mit 60 cm Erde zugeschüttet
 
werden und Hellas Gold will „zwei Bäume dort pflanzen, wo vorher einer
 
stand“. Abgesehen davon, dass Bäume dicht gedrängt nicht besser wachsen,
 
ist es auch absolut unmöglich, dass an einem solchen Ort Bäume länger
 
überleben könnten.
 
  
Weiterhin will das Unternehmen, um das Einsickern der giftigen Stoffe in
+
Die offene Koordination von Thessaloniki gegen die Goldminen schreibt in einem Statement zur ökonomischen Unterwanderung der Region: „Es ist außerdem kein Zufall, dass dieser skandalöse Transaktionsbetrug der nordöstlichen Chalkidiki Minen in einer Periode des Wohlstands  stattfand. Zu einer Zeit, da niemand darauf achtete, während die Umsetzung des Megaprojekts, dem tatsächlichen Aufbau der Minen, inmitten der Krise durchgedrückt wird. Nun werden wir mit unverblümter Erpressung konfrontiert: wir müssen entweder eine deutliche und direkt zerstörerische Absicht akzeptieren oder wir schaffen es sonst nicht zu überleben.
den Boden zu verhindern, die Becken mit einer Folie auskleiden. Nach
 
aktuellen Einschätzungen wird diese Folie allerdings höchstens 50 Jahre
 
lang dicht halten. Da Hellas Gold den Goldabbau in Skouries 27 Jahre
 
betreiben will, wird die Lösung des Problems also anscheinend auf die Dauer
 
des Bestehens des Unternehmens angesetzt. Was danach kommt – darum sollen
 
sich andere kümmern.
 
  
'''Auswirkungen auf die Menschen'''
+
Diese deutliche und direkt zerstörerische Absicht wollen aber bei weitem nicht alle akzeptieren. Denn das Überleben kann es nur ohne die Minen geben und mit den Minen nur den Tod.
  
Die Menschen in der Gegend um Skouries sind in vielfacher Weise negativ von
 
der Goldmine betroffen: gesundheitlich, sozial und ökonomisch.
 
  
Gesundheitlich sind sie betroffen, da das verseuchte Wasser, die
+
=== Der Widerstand (und die Repression) ===
Schwermetalle und der Staub zahlreiche, auch tödliche Krankheiten
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Widerstand regte sich in der Region um die Kassandra-Minen schon in den späten 90ern. Wie oben bereits erwähnt, hatten die Leute dort es geschafft, eine Goldmine in Olympiada zu stoppen.
verursachen. Dies betrifft nicht nur die Arbeiter (ich schreibe hier nur in
 
männlicher Form, da es vor allem Männer sind, die in der Mine arbeiten)
 
sondern auch alle Bewohner_innen der Region und Besucher_innen.
 
  
Die sozialen Auswirkungen beschreibt Carlos Zorrilla in dem Ratgeber
 
„Protecting your community against mining companies and other extractive
 
organizers“ sehr passend:
 
„Es ist allgemein üblich, dass multinationale Bergbauunternehmen spezielle
 
Taktiken verfolgen, die darauf zielen, die soziale Anerkennung zu bekommen.
 
Vor allem suchen sie Verbindungen zu lokalen Führungspersonen und Gruppen,
 
die niemanden repräsentieren, aber leicht zu beeinflussen sind. Dadurch
 
wird schrittweise ein Bruch im sozialen Netzwerk verursacht, während die
 
Unternehmen ausgleichende soziale Projekte finanzieren. Sie erachten
 
eingereichte Bewerbungsschreiben als Volksentscheide zu ihren Gunsten und
 
erwerben strategisch Land. Sie benutzen aggressive Methoden gegen
 
oppositionelle Bürgerinitiativen, wie z.B. Terrorismus, Gewalt, Erpressung,
 
Infiltrierung, Überwachung, Klagen, die die finanziellen Möglichkeiten
 
dieser Gruppen erschöpfen, Verbreitung falscher Gerüchte, Erstellung
 
falscher Verbrechen, ausgedachte Anschuldigungen bis sogar hin zu
 
Morddrohungen. Schließlich benutzen sie private Sicherheits-Unternehmen und
 
arbeiten eng mit Milizen und Polizei zusammen.“ Viele, wenn nicht sogar
 
alle dieser Strategien wurden von Hellas Gold S.A. in Halkidiki angewendet.
 
  
Schließlich wird die Region und die Menschen, die dort leben, noch
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=== Die Mahnwache ===
ökonomisch in den Ruin getrieben. Denn die Haupt-Betätigungsfelder sind
+
Als nun die Pläne um Skouries klar wurden, formten sich in den umgebenden Dörfern Bürgerinitiativen, die Kampfkomitees genannt werden. Im Jahr 2009 errichteten sie auf dem Berg, wo die Mine entstehen sollte, eine Mahnwache. Diese war seitdem dauerhaft besetzt, um jede Aktivität von Hellas Gold mitbekommen und verhindern zu können. Bohrgeräte, die sich vor Ort befanden, wurden dann auch ziemlich schnell entfernt.
hier Landwirtschaft, Imkerei, Fischerei, Forstwirtschaft und Tourismus. All
 
dies ist kaum bis gar nicht mit dem Goldbergbau vereinbar und wenn die Mine
 
dann in einigen Jahren schließen würde, stünden die Menschen nur noch einer
 
komplett zerstörten Umwelt und damit der Zerstörung aller Lebensgrundlagen
 
gegenüber.
 
  
Markant ist auch wieder einmal das Bergbaurecht, das ganz eindeutig für die
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Über Jahre blieb es ruhig auf dem Berg. Das Goldgeschäft schien nur auf dem Papier zu existieren, die Millionengewinne nur mit Spekulationen gemacht zu werden. Keiner rechnete ernsthaft damit, dass das wahnwitzige Projekt tatsächlich durchgeführt werden sollte. Dennoch organisierten dich die Bergbaugegner_innen weiterhin, informierten sich und andere über die katastrophalen Folgen des Goldabbaus, wurden mehr. Alle Kongresse oder ähnliche Propagandaaktivitäten des Konzerns wurden in den Folgejahren gestört, vor allem mit wissenschaftlich fundierten Richtigstellungen der Tatsachen und auch Aktionen wie „Banner-Drops“. Nachdem Anfang 2012 nach zwei Monaten meterhohen Schnees, in denen der Berg „unbesetzt“ blieb, die Leute mitbekamen, dass Hellas Gold mit Angestellten des Archäologischen Instituts von Griechenland den Berg hochfuhren, schrillten die Alarmglocken: Dies schien ein Zeichen für eine tatsächliche Realisierung des Projekts zu sein. Denn das Archäologische Institut muss in Griechenland aufgrund der vielen Funde aus der Antike immer zuerst sein Okay geben, bevor irgendwelche Baumaßnahmen stattfinden dürfen.  
Interessen der Großkonzerne und gegen die Menschen ausgelegt ist. Unter
 
anderem ist jede Aktivität, die den Bergbau stört, in ausgeschriebenen
 
Bergbaugebieten verboten, privater Landbesitz kann enteignet werden (es
 
kann also auch zu Zwangsumsiedlungen kommen), Schutzstatus für Gebiete
 
durch nationale oder internationale Übereinkommen greifen nicht mehr und
 
das Bergbauunternehmen hat den vollen Besitz an den Mineralien, muss also
 
keinerlei Abgaben zahlen.
 
  
Die offene Koordination von Thessaloniki gegen die Goldminen schreibt in
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Nach einer Vollversammlung der Kampfkomitees wurde entschieden, den Fokus auf die Mahnwache zu legen und insgesamt 40 Menschen versammelten sich schließlich dort. Am Tag darauf, am 20. März 2012 passierte dann etwas, mit dem keine_r gerechnet hatte. Hellas Gold zwang unter Androhung der Kündigung alle 350 Arbeiter aus der Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni und zusätzliche 150 potentielle Arbeiter auf den Berg zu gehen. Den potentiellen Arbeitern war erzählt worden, die einzige Möglichkeit für sie, in Zukunft einen Job zu erhalten, wäre, wenn sie dort hochgehen. So kam es, dass 500 Minenarbeiter die 40 Menschen in der Mahnwache, die wohlgemerkt teilweise ihre eigenen Nachbarn waren, angriffen und die Mahnwache selbst komplett zerstörten.
einem Statement zur ökonomischen Unterwanderung der Region: „Es ist
 
außerdem kein Zufall, dass dieser skandalöse Transaktionsbetrug der nord-
 
östlichen Chalkidiki Minen in einer Periode des Wohlstands stattfand. Zu
 
einer Zeit, da niemand darauf achtete, während die Umsetzung des
 
Megaprojekts, dem tatsächlichen Aufbau der Minen, inmitten der Krise
 
durchgedrückt wird. Nun werden wir mit unverblümter Erpressung
 
konfrontiert: wir müssen entweder eine deutliche und direkt zerstörerische
 
Absicht akzeptieren oder wir schaffen es sonst nicht zu überleben.
 
  
Diese deutliche und direkt zerstörerische Absicht wollen aber bei weitem
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In Ierissos, einem der Widerstandsdörfer, wurde daraufhin das Bürgermeisterbüro besetzt und in einer Vollversammlung wurde eine Demo auf dem Berg für den 25. März angesetzt.
nicht alle akzeptieren. Denn das Überleben kann es nur ohne die Minen geben
 
und mit den Minen nur den Tod.
 
  
'''Der Widerstand (und die Repression)'''
 
  
Widerstand regte sich in der Region um die Kassandra-Minen schon in den
+
=== Die Demos ===
späten 90ern. Wie oben bereits erwähnt, hatten die Leute dort es geschafft,
+
Bei der angesagten Demo nahmen ca. 2.500 Leute teil: Dorfbewohner_innen, darunter auch alte Menschen und Kinder. An diesem Tag wurden die Leute zum ersten mal mit der MAT (die griechische Bereitschaftspolizei) konfrontiert, die sie am Eingang zum Berg massiv mit Tränengas attackierte. In den folgenden Tagen, Wochen und Monaten kam es immer wieder zu großen Demonstrationen mit zwischen 2.000 und 5.000 Teilnehmer_innen und im Gleichzug auch immer wieder zu stundenlangen Auseinandersetzungen mit der MAT.
eine Goldmine in Olympiada zu stoppen.
 
  
'''Die Mahnwache'''
+
Als einschneidendes Ereignis prägte sich die Demo am 21. Oktober 2012 in die Gedächtnisse ein, bei der die Polizeigewalt ungeahnte Ausmaße annahm: Die Teilnehmer_innen auf dem Berg wurden  über 7 km von der Polizei gejagt. Sie wurden geschlagen und mit Plastikmunition und Tränengas beschossen. 21 Menschen wurden verhaftet und 14 von ihnen der „Rebellion“ angeklagt.
  
Als nun die Pläne um Skouries klar wurden, formten sich in den umgebenden
+
In der Folgezeit verlagerte sich der Widerstand immer mehr in Richtung Ierissos, anstatt sich weiter auf den Berg und auf das nächstliegendste Widerstandsdorf Megali Panagia zu konzentrieren. Dies ermöglichte es dem Unternehmen, mit Baumaßnahmen für die Infrastruktur zu beginnen. Tausende Bäume wurden gefällt, eine breite Straße entstand dort, wo sich vorher nur ein schmaler Waldweg befand und zahlreiche Straßen wurden komplett neu in den Wald geschlagen. Das Abpumpen des Grundwassers begann, die Flächen für die Mine und die Abfallbecken wurden vorbereitet. Komplexe aus Bürokontainern wurden errichtet und mit dem Bau der Fabrik angefangen. Zeitgleich wurde auch in der Presse nur noch von dem Widerstandsdorf Ierissos berichtet, während absichtlich alle anderen Beteiligten unerwähnt blieben, was teilweise zur Spaltung des Widerstands führte.
Dörfern Bürgerinitiativen, die Kampfkomitees genannt werden.
 
Im Jahr 2009 errichteten sie auf dem Berg, wo die Mine entstehen sollte,
 
eine Mahnwache. Diese war seitdem dauerhaft besetzt, um jede Aktivität von
 
Hellas Gold mitbekommen und verhindern zu können. Bohrgeräte, die sich vor
 
Ort befanden, wurden dann auch ziemlich schnell entfernt.
 
Über Jahre blieb es ruhig auf dem Berg. Das Goldgeschäft schien nur auf dem
 
Papier zu existieren, die Millionengewinne nur mit Spekulationen gemacht zu
 
werden. Keiner rechnete ernsthaft damit, dass das wahnwitzige Projekt
 
tatsächlich durchgeführt werden sollte.
 
Dennoch organisierten dich die Bergbaugegner_innen weiterhin, informierten
 
sich und andere über die katastrophalen Folgen des Goldabbaus, wurden mehr.
 
Alle Kongresse oder ähnliche Propagandaaktivitäten des Konzerns wurden in
 
den Folgejahren gestört, vor allem mit wissenschaftlich fundierten
 
Richtigstellungen der Tatsachen und auch Aktionen wie „Banner-Drops“.
 
Nachdem Anfang 2012 nach zwei Monaten meterhohen Schnees, in denen der Berg
 
„unbesetzt“ blieb, die Leute mitbekamen, dass Hellas Gold mit Angestellten
 
des Archäologischen Instituts von Griechenland den Berg hochfuhren,
 
schrillten die Alarmglocken: Dies schien ein Zeichen für eine tatsächliche
 
Realisierung des Projekts zu sein. Denn das Archäologische Institut muss in
 
Griechenland aufgrund der vielen Funde aus der Antike immer zuerst sein
 
Okay geben, bevor irgendwelche Baumaßnahmen stattfinden dürfen.
 
Nach einer Vollversammlung der Kampfkomitees wurde entschieden, den Fokus
 
auf die Mahnwache zu legen und insgesamt 40 Menschen versammelten sich
 
schließlich dort.
 
Am Tag darauf, am 20. März 2012 passierte dann etwas, mit dem keine_r
 
gerechnet hatte. Hellas Gold zwang unter Androhung der Kündigung alle 350
 
Arbeiter aus der Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni und zusätzliche 150
 
potentielle Arbeiter auf den Berg zu gehen. Den potentiellen Arbeitern war
 
erzählt worden, die einzige Möglichkeit für sie, in Zukunft einen Job zu
 
erhalten, wäre, wenn sie dort hochgehen. So kam es, dass 500 Minenarbeiter
 
die 40 Menschen in der Mahnwache, die wohlgemerkt teilweise ihre eigenen
 
Nachbarn waren, angriffen und die Mahnwache selbst komplett zerstörten.
 
In Ierissos, einem der Widerstandsdörfer, wurde daraufhin das
 
Bürgermeisterbüro besetzt und in einer Vollversammlung wurde eine Demo auf
 
dem Berg für den 25. März angesetzt.
 
  
'''Die Demos'''
 
  
Bei der angesagten Demo nahmen ca. 2.500 Leute teil: Dorfbewohner_innen,
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=== Der Brandanschlag ===
darunter auch alte Menschen und Kinder. An diesem Tag wurden die Leute zum
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In der Nacht zum 17. Februar 2013 betraten laut Polizeiangaben 40-50 Personen das Gelände, auf dem die Baumaßnahmen von Hellas Gold stattfanden und überwältigten vier Sicherheitskräfte. Fahrzeuge, Maschinen und Büroräume gingen in Flammen auf: Die Firma sprach von einem Sachschaden von 900.000 Euro. Als der Vorfall bekannt wurde, sanken die Aktienwerte von Eldorado um sechs Prozent.
ersten mal mit der MAT (die griechische Bereitschaftspolizei) konfrontiert,
 
die sie am Eingang zum Berg massiv mit Tränengas attackierte.
 
In den folgenden Tagen, Wochen und Monaten kam es immer wieder zu großen
 
Demonstrationen mit zwischen 2.000 und 5.000 Teilnehmer_innen und im
 
Gleichzug auch immer wieder zu stundenlangen Auseinandersetzungen mit der
 
MAT.
 
Als einschneidendes Ereignis prägte sich die Demo am 21. Oktober 2012 in
 
die Gedächtnisse ein, bei der die Polizeigewalt ungeahnte Ausmaße annahm:
 
Die Teilnehmer_innen auf dem Berg wurden  über 7 km von der Polizei gejagt.
 
Sie wurden geschlagen und mit Plastikmunition und Tränengas beschossen. 21
 
Menschen wurden verhaftet und 14 von ihnen der „Rebellion“ angeklagt.
 
  
In der Folgezeit verlagerte sich der Widerstand immer mehr in Richtung
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Direkt am nächsten Tag nach dem Anschlag besuchte der rechtsgesinnte Minister für Bürgerschutz Nikos Dendias die Baustelle und versprach, die Täter zu fassen. Die Antiterroreinheit wurde involviert und der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras ließ verkünden, dass „die ausländischen Investitionen um jeden Preis geschützt werden“. Die Repression gegen die Bewohner_innen der Widerstandsdörfer ging ab diesem Zeitpunkt auf eine ganz neue Ebene: Tägliche Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Drohungen, Überwachung. Über 400 Personen wurden gezwungen, DNA abzugeben und auf ca. 70 Personen regnete es Klagen: Die Vorwürfe lauteten unter anderem Gründung einer kriminellen Vereinigung, versuchter Mord und Besitz von Sprengstoffen.
Ierissos, anstatt sich weiter auf den Berg und auf das nächstliegendste
 
Widerstandsdorf Megali Panagia zu konzentrieren. Dies ermöglichte es dem
 
Unternehmen, mit Baumaßnahmen für die Infrastruktur zu beginnen. Tausende
 
Bäume wurden gefällt, eine breite Straße entstand dort, wo sich vorher nur
 
ein schmaler Waldweg befand und zahlreiche Straßen wurden komplett neu in
 
den Wald geschlagen. Das Abpumpen des Grundwassers begann, die Flächen für
 
die Mine und die Abfallbecken wurden vorbereitet. Komplexe aus
 
Bürokontainern wurden errichtet und mit dem Bau der Fabrik angefangen.
 
Zeitgleich wurde auch in der Presse nur noch von dem Widerstandsdorf
 
Ierissos berichtet, während absichtlich alle anderen Beteiligten unerwähnt
 
blieben, was teilweise zur Spaltung des Widerstands führte.
 
  
'''Der Brandanschlag'''
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Im März fielen mehrere Hundertschaften in Ierissos ein, um Menschen festzunehmen und schossen dabei sogar Tränengas in eine Schule. Die Bewohner_innen schafften es jedoch, sich gegen den Angriff zu verteidigen. Zwei Tage später versammelten sich erneut 10-20.000 Menschen in Thessaloniki, um gegen die Polizeigewalt und die Goldmine zu protestieren. Im April wurden zwei Personen festgenommen und für sechs Monate ohne wirkliche Beweise in Untersuchungshaft gesteckt. Bei den Festnahmen brach die Polizei nachts in die Häuser ein und überwältigte die Männer im Beisein ihrer Familie. Zwei weitere Personen wurden im Juli in Ierisso festgenommen und verbrachten drei Monate in U-Haft, ebenfalls ohne Beweise. Es  kam zu stundenlangen Ausschreitungen.
  
In der Nacht zum 17. Februar 2013 betraten laut Polizeiangaben 40-50
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Noch bis in den Juli 2014 hinein wurden Leute für Aussagen bei der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dabei wurden häufig Daten für angekündigte Aktionen und Demonstrationen gewählt. Viele haben Auflagen bekommen, dass sie sich nicht mehr als 3,5 km dem Berg nähern und das Land nicht verlassen dürfen. Die Prozesse stehen noch aus.
Personen das Gelände, auf dem die Baumaßnahmen von Hellas Gold stattfanden
 
und überwältigen vier Sicherheitskräfte.  Fahrzeuge, Maschinen und
 
Büroräume gingen in Flammen auf: Die Firma sprach von einem Sachschaden von
 
900.000 Euro. Als der Vorfall bekannt wurde, sanken die Aktienwerte von
 
Eldorado um sechs Prozent.
 
Direkt am nächsten Tag nach dem Anschlag besuchte der rechtsgesinnte
 
Minister für Bürgerschutz Nikos Dendias die Baustelle und versprach, die
 
Täter zu fassen. Die Antiterroreinheit wurde involviert und der griechische
 
Ministerpräsident Antonis Samaras ließ verkünden, dass „die ausländischen
 
Investitionen um jeden Preis geschützt werden“. Die Repression gegen die
 
Bewohner_innen der Widerstandsdörfer ging ab diesem Zeitpunkt auf eine ganz
 
neue Ebene: Tägliche Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Drohungen,
 
Überwachung. Über 400 Personen wurden gezwungen, DNA abzugeben und auf ca.
 
70 Personen regnete es Klagen: Die Vorwürfe lauteten unter anderem Gründung
 
einer kriminellen Vereinigung, versuchter Mord und Besitz von Sprengstoffen.
 
  
Im März fielen mehrere Hundertschaften in Ierissos ein, um Menschen
 
festzunehmen und schossen dabei sogar Tränengas in eine Schule. Die
 
Bewohner_innen schafften es jedoch, sich gegen den Angriff zu verteidigen.
 
Zwei Tage später versammelten sich erneut 10-20.000 Menschen in
 
Thessaloniki, um gegen die Polizeigewalt und die Goldmine zu protestieren.
 
Im April wurden zwei Personen festgenommen und für sechs Monate ohne
 
wirkliche Beweise in Untersuchungshaft gesteckt. Bei den Festnahmen brach
 
die Polizei nachts in die Häuser ein und überwältigte die Männer im
 
Beisein ihrer Familie. Zwei weitere Personen wurden im Juli in
 
Ierisso festgenommen und verbrachten drei Monate in U-Haft, ebenfalls ohne
 
Beweise. Es  kam zu stundenlangen Ausschreitungen.
 
  
Noch bis in den Juli 2014 hinein wurden Leute für Aussagen bei der
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=== Aktueller Stand ===
Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dabei wurden häufig Daten für angekündigte
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Am 5. August letzten Jahres stimmte das Griechische Parlament positiv über Artikel 36 des neuen Forstgesetzes sowie eine Gesetzesänderung ab, durch welche öffentliche Wälder für private Geschäfte verfügbar werden. Dadurch wurden auch alle bereits geschehenen und auch alle zukünftigen Bau-Aktivitäten von Hellas Gold legalisiert. Alle bisherigen Baumaßnahmen waren nämlich ohne Genehmigung durchgeführt worden. Am Vortag hatten zwölf Frauen aus Protest gegen die Verabschiedung der Gesetzesänderung den Eingang zur Mine blockiert, vier von ihnen hatten sich am Tor festgekettet.
Aktionen und Demonstrationen gewählt. Viele haben Auflagen bekommen, dass
 
sie sich nicht mehr als 3,5 km dem Berg nähern und das Land nicht verlassen
 
dürfen. Die Prozesse stehen noch aus.
 
  
'''Aktueller Stand'''
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Die starke Repression war auch deutlich auf dem Camp zu spüren, da die Teilnehmer_innen von einer Zahl von über 2.000 auf ca. 200 Menschen zusammengeschrumpft war. Weiterhin befürchten nun viele, durch die Wahl des neuen, laut Wahlversprechen Anti-Gold-Bürgermeisters von Ierissos, Yiannis Michos, weitere Kraft des Widerstandes zu verlieren. Denn eine Hoffnung darin, dass Politiker_innen das Problem lösen könnten, wäre nur allzu trügerisch.
  
Am 5. August diesen Jahres stimmte das Griechische Parlament positiv über
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Auch nach den Wahlen im Januar 2015 und mit der neuen links-faschistischen Regierung (die Partei Syriza zusammen mit den Unabhängigen Griechen) wird es noch interessant. Eines der Wahlversprechen war nämlich, die Goldminen zu stoppen. Dies hält die Gemüter zur Zeit noch im Schach. Allerdings könnten sich die Umstände auch schnell ändern, wenn klar wird, dass Politiker_innen nicht die Welt für uns "in Ordnung bringen". Und auch wenn die Widerstandsbewegung gerade schwere Zeiten durchmacht, ist hier auf Halkidiki noch nichts entschieden.
Artikel 36 des neuen Forstgesetzes sowie eine Gesetzesänderung ab, durch
 
welche öffentliche Wälder für private Geschäfte verfügbar werden. Dadurch
 
wurden auch alle bereits geschehenen und auch alle zukünftigen
 
Bau-Aktivitäten von Hellas Gold legalisiert. Alle bisherigen Baumaßnahmen
 
waren nämlich ohne Genehmigung durchgeführt worden. Am Vortag hatten zwölf
 
Frauen aus Protest gegen die Verabschiedung der Gesetzesänderung den
 
Eingang zur Mine blockiert, vier von ihnen hatten sich am Tor festgekettet.
 
  
Die starke Repression war auch deutlich auf dem Camp zu spüren, da die
 
Teilnehmer_innen von einer Zahl von über 2.000 auf ca. 200 Menschen
 
zusammengeschrumpft war.
 
Weiterhin befürchten nun viele, durch die Wahl des neuen, laut
 
Wahlversprechen Anti-Gold-Bürgermeisters von Ierissos, Yiannis Michos,
 
weitere Kraft des Widerstandes zu verlieren. Denn eine Hoffnung darin, dass
 
Politiker_innen das Problem lösen könnten, wäre nur allzu trügerisch.
 
  
Auch nach den Wahlen im Januar und mit der neuen links-faschistischen Regierung (die Partei Syriza zusammen mit den Unabhängigen Griechen) wird es noch interessant. Eines der Wahlversprechen war nämlich, die Goldminen zu stoppen. Dies hält die Gemüter zur Zeit noch im Schach. Allerdings könnten sich die Umstände auch schnell ändern, wenn klar wird, dass Politiker_innen nicht die Welt für "in Ordnung bringen". Und auch wenn die Widerstandsbewegung gerade schwere Zeiten durchmacht, ist hier auf Halkidiki noch nichts entschieden.
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=== Mobilisierung ===
 +
Im Jahr 2015 wird es wieder ein internationales Camp gegen den Goldabbau geben. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Voraussichtlich wird es Ende Juli/Anfang August in Ierissos stattfinden. Haltet Augen und Ohren offen. Infos wird es auf den Internetseiten beyondeurope.net und ak2003.gr geben. Wir sehen uns in Griechenland!
  
'''Mobilisierung'''
 
  
Im Jahr 2015 wird es wieder ein internationales Camp gegen den Goldabbau geben. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Voraussichtlich wird es Ende Juli, Anfang August in Ierissos stattfinden. Haltet Augen und Ohren offen. Infos wird es auf den Internetseiten beyondeurope.net und ak2003.gr geben. Wir sehen uns in Griechenland!
 
  
 
Zum Weiterlesen:
 
Zum Weiterlesen:
https://soshalkidiki.wordpress.com/
+
* https://soshalkidiki.wordpress.com/
http://antigoldgr.org/
+
* http://antigoldgr.org/
http://issuu.com/soshalkidikisintfor/docs/soshalkidiki_01_en
+
* http://issuu.com/soshalkidikisintfor/docs/soshalkidiki_01_en
  
  
[[Kategorie:Artikel, Weltweit]]
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[[Kategorie: Artikel]]
[[Kategorie:Frühjahr 2015]]
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[[Kategorie: Weltweit]]
[[Rubrik:Umweltschutz, Kapitalismus, Politik, Repression]]
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[[Kategorie: Frühjahr 2015]]
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[[Kategorie: Umweltschutz]]
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[[Kategorie: Kapitalismus]]
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[[Kategorie: Politik]]
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[[Kategorie: Repression]]

Aktuelle Version vom 9. März 2015, 21:56 Uhr

Skouries – Goldabbau in Griechenland

Zwiebel Mit meinem Rucksack auf dem Rücken schleppe ich mich langsam die Straße hinauf. Eine Polizeistreife fährt an mir vorbei, dann der Wagen eines Security-Unternehmens. Dann kommt die Streife wieder zurück. Und noch ein weiteres Security-Auto. So geht das nun schon die ganze Zeit, seit ich den Weg hoch auf den Kakavos-Berg in Griechenland eingeschlagen habe.

Keine zwei Stunden habe ich mit Bus und ausgestrecktem Daumen von Thessaloniki bis ins 3.000-Seelen-Dorf Megali Panagia gebraucht, welches im Osten der Halbinsel Halkidiki gelegen ist. Doch von dort aus ging's dann nur noch zu Fuß weiter. Was mich antreibt? Etwa die wunderschöne Natur, der Wald, die Berge, die Flüsse, das Meer? - In gewisser Weise schon. Jedoch auf eine wahrlich unschöne Art und Weise: Was mich hierher bringt, ist der Kahlschlag des Waldes, die Sprengung des Berges, die Vergiftung von Meer, Flüssen und Grundwasser.

Auf dem Kakavos-Berg soll eine der zahlreichen geplanten Goldminen in Nordgriechenland entstehen: Skouries. Kaum auszumalen werden die katastrophalen Auswirkungen dieses Projekts sein und es steht bereits mehr als in den Startlöchern.

Die Straße, auf der ich gehe, ist neu und wahrscheinlich besser in Schuss als irgendeine Autobahn in Griechenland. An den rot-bräunlichen Steilwänden neben ihr lässt sich leicht ausmachen, wie sie regelrecht in den Berg hineingefressen wurde. Nach einiger Zeit beginnen scheinbar endlose Holzstapel den Weg zu säumen. Unschwer, den Zusammenhang zwischen der Straße und den toten Bäumen herzustellen.

Nicht recht wissend, was mich erwartet und wo genau ich hingehen muss, hat mir die nervtötende Präsenz der wie aufgescheucht hin- und her fahrenden Autos von Polizei und Security zumindest die Sicherheit gegeben, auf dem richtigen Weg zu sein. Mein Ziel ist ein 10-tägiges Protestcamp direkt auf dem Berg nur unweit von der geplanten Mine und den bereits stattfindenden Arbeiten zur Errichtung der Infrastruktur. Von Kampfkomitees aus Halkidiki und Thessaloniki war das vom 22. bis 31. August 2014 stattfindende Camp angekündigt worden mit den Worten: „…gegen die Paranoia und die destruktive Raserei von Staat, Gesellschaften und Spekulanten... Die willkürliche Orgie der Verwüstung muss stoppen. Heute, sonst gibt es kein Morgen mehr!“

Auf dem Camp selber konnte ich dann in zahlreichen Gesprächen, Diskussionen, Vorträgen und Spaziergängen meine Wissenslücken über den Ort und das Geschehen schließen und kam zu der Entscheidung, dies in einem Artikel zu verarbeiten. Denn darüber, was hier vor sich geht, sollten mehr Menschen Bescheid wissen.

In Nord-Griechenland sind zur Zeit zahlreiche Goldminen in Planung. Unter anderem soll auf der Halbinsel Halkidiki konkret in den Gegenden um Skouries Gold abgebaut werden. In der Nähe der Mine, die bei Skouries entstehen soll, bei Piavitza, befindet sich auch noch ein weiteres Goldvorkommen und die Überlegungen zu einer Mine dort könnten noch zehnmal größere Ausmaße als in Skouries annehmen.

In Makedonien sind die Regionen Kilkis und Serres betroffen und in Thrakien soll bei Perama eine Mine entstehen. Hinter den Minen auf Halkidiki und bei Perama steckt dabei die gleiche Firma: Eldorado Gold, ein kanadisches Unternehmen mit Sitz in Vancouver. Jeweils ist der Beginn des Abbaus für 2016 geplant und die Laufzeiten gehen teilweise bis zu 27 Jahren. Aber auch bei den anderen für den Goldabbau freigegebenen Regionen ist eine Teilhabe von Eldorado Gold nicht ausgeschlossen.


Zwielichtige Transaktionen – Wie Eldorado Gold ins Spiel kam

Im Jahr 1996 waren die Abbaurechte für die Kassandra-Minen im Wege einer öffentlichen Ausschreibung für 32 Mio. Euro an TVX Hellas S.A., ein Tochterunternehmen der kanadischen TVX Gold, veräußert worden. In den darauf folgenden Jahren wurde unter anderem eine Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni betrieben, sowie eine Mine in Olympiada. Doch bereits in 2002 wurde nach heftigen Protesten die Abbaugenehmigung widerrufen. Das oberste Verwaltungsgericht von Griechenland hatte entschieden, dass der geplante Goldabbau eine Katastrophe für die Region wäre. TVX Gold stellte daraufhin die Finanzierung ein und schließlich musste TVX Hellas Insolvenz anmelden und wurde offiziell für bankrott erklärt.

Dazu kam, dass im Dezember 2002 nach heftigen Regenfällen stark saures und schwermetallhaltiges Wasser aus den Galerien einer von TVX Hellas betriebenen Mine in den Golf von Stratoni lief, wo sich daraufhin das Wasser rot färbte. TVX jedoch sprach von einem „optischen Phänomen“.

Am 12. Dezember 2003 wurden die Bergbaukonzessionen der Kassandra-Minen für 11 Mio. Euro an den griechischen Staat überschrieben. Diese Transaktion beinhaltete ebenfalls die Übernahme der rund 17 Mio. Euro, die TVX deren 472 Arbeiter_innen schuldig geblieben war.

Noch am gleichen Tag ging das Vermögen, welches u.a. Minen- und Erkundungsrechte in einem Bereich von 317 km² beinhaltete, für den gleichen Preis an die HELLAS GOLD S.A. Dabei wirkte der damalige Staatssekretär für Finanzen Christos Pachtas (Pasok) intervenierend. Gleicher besetzte später das Bürgermeisteramt der Gemeinde Aristoteles, in der der Bergbau stattfinden sollte

Die Art und Weise, wie diese Transaktion durchgeführt wurde, gibt dabei zahlreiche Aufschlüsse über die Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Interessen und deren Erscheinungsformen. Unter anderem fand zuvor weder eine Wertprüfung statt noch gab es eine öffentliche Ausschreibung. Weiterhin wurde das Unternehmen von der Eintragungs- und sonstigen Steuern befreit, erhielt verschiedene Gebührennachlässe, z.B. auf Anwalts- und Notarkosten, und wurde vertraglich aus der Verpflichtung genommen, für Reparationszahlungen aufgrund der Umweltschäden, welche TVX in dem betroffenen Gebiet verursacht hatte, aufzukommen.

Eine weitere Tatsache, die mensch stutzig machen sollte, ist, dass HELLAS GOLD S.A. gerade einmal drei Tage zuvor mit einem Aktienkapital von 60.000 Euro gegründet wurde – scheinbar kein Hinderungsgrund, ein Vermögen von 11 Mio. Euro aufzukaufen. Dazu kommt, dass sechs Monate später der Marktwert der Minen von einem globalen Finanzdienstleister auf 408 Mio. Euro geschätzt wurde. Also 37mal mehr als der Kaufpreis.

Dennoch bestätigte der Staat die Transaktion, woraufhin in 2004 eine Phase begann, in der das Unternehmen schrittweise in Teilstücke zerlegt und verkauft wurde. Dabei machten die drei Hauptaktionäre von Hellas Gold - Leonidas Bobolas, Dimitrios Koutras und Frank Timiş - einen Gewinn von 95,7 Mio. Euro und an den Staat ging genau nichts. Bis Ende 2007 erwarb dann die kanadische Firma European Gold Fields 95 Prozent von Hellas Gold. Die übrigen 5 Prozent behielt der Aktionär Bobolas mit dessen Baufirma AKTOR. (Zu den Bobolas sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass es sich hierbei um einen einflussreichen, regierungsnahen griechischen Familienclan handelt, dem unter anderem auch große Teile der griechischen Medien gehören.)

2011 wurde mit der Zulassung der in vielen Teilen fehlerhaften und unvollständigen Studie von Hellas Gold zum Umwelteinfluss (EIA), welche konkret die Standorte in Olympiada, Skouries und Stratoni betrifft, eine weitere bürokratische Hürde geebnet. European Gold Fields ging dann im Februar 2012 an die ebenfalls in Kanada ansässige multinationale Aktiengesellschaft Eldorado Gold über.

Heute gehört Hellas Gold S.A. also zu 95 Prozent Eldorado Gold und zu 5 Prozent AKTOR. Der Wert der Mineralien von Halkidiki wird inzwischen auf 15,5 Mrd. Euro geschätzt.


Skouries und seine Folgen

Allein die Verstrickungen von Politik und Großkonzernen wären ja nun schon Grund genug für einen Aufschrei. Allerdings sind die Probleme, die die Goldminen jetzt schon aufwerfen und noch aufwerfen werden noch weitaus schwerwiegender.

Aber der Reihe nach: Was soll eigentlich genau in Skouries passieren?

In der Region Skouries befindet sich ein Gold-Kupfer-Porphyr- Vorkommen. Dieses will Hellas Gold ab 2016 zunächst im Tagebau abbauen. Mit sechs Tonnen Sprengstoff pro Tag soll über die Jahre ein Loch entstehen mit einem Durchmesser von bis zu zwei Kilometern und einer Tiefe von 220 Metern. 24.000 t Gestein mit einem geschätzten Gehalt von 0,8 g Gold pro Tonne sollen pro Tag abgebaut werden. Unter dem Tagebau soll dann ein bis 770 Meter tiefer Untertagebau mit bis zu 25 km Galerien entstehen. Zusätzlich soll an dem Standort Skouries auch eine Metallurgie-Fabrik zur Reingoldgewinnung entstehen. Dieser Punkt macht Skouries zu einem Schlüsselstandort der griechischen Goldproduktion. Denn hierher würde zu diesem Zwecke auch das Erz der anderen nordgriechischen Minen gebracht werden.


Der Wald

Um dieses Projekt zu verwirklichen, wurden bereits ca. 3 km² Wald kahlgeschlagen. Ein ganzes Ökosystem und damit auch Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen wird dauerhaft zerstört. Auch die Menschen der umliegenden Dörfer, die Teile des Waldes schon seit Jahrhunderten forstwirtschaftlich genutzt haben, sehen sich nun einer wichtigen Quelle für Brenn- und Bauholz entzogen.


Das Wasser

Außerdem wird mit mehreren Drainage-Bohrungen das Grundwasser bis zu einer Tiefe von 750m (davon 140m unter dem Meeresspiegel) abgepumpt, um zu verhindern, dass die Mine vollläuft. Dies hat unter anderem die Austrocknung des Berges zur Folge, gefolgt von Bodenerosion und Überflutungen.

In Anbetracht der Tatsache, dass sich an diesem Ort das Haupt-Grundwasser-Vorkommen von Halkidiki befindet, ergeben sich allerdings noch weitere erschreckende Auswirkungen. Zum einen werden bereits 15 Mio.m³ Wasser pro Jahr abgepumpt, was dem Wasserverbrauch der gesamten Halbinsel entspricht. Weiterhin wird jedoch auch das übrig bleibende Wasser kontaminiert. Unter anderem würde es bei dem vom Unternehmen geplanten Zurückführen des Wassers nach Beendigung der Bergbauaktivitäten zum Eindringen von Schadstoffen wie Schwermetallen kommen. Auch das Einlaufen von Salzwasser in küstennahe Grundwasservorkommen stellt ein Problem dar.

Aufgrund der bereits geschehenen Bergbauaktivitäten ist das Wasser in einigen Gegenden schon jetzt mit Schwermetallen verseucht. Des weiteren wird eine unglaubliche Menge an Frischwasser verschwendet: Zur Förderung von einem Kilo Gold werden durchschnittlich 691.000 Liter Wasser benötigt.


Die Luft

Durch die täglichen Sprengungen wird eine Unmenge an Feinerz-Staub produziert – über 3.000 t pro Stunde werden es nach eigenen Einschätzungen von Eldorado Gold sein. Dazu kommen die Emissionen von Kohlenmonoxid, Stickoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen, Schwefeldioxiden und den Aerosolen PM10 und PM2,5 . Diese atmosphärischen Schadstoffe werden über weite Distanzen verteilt.

Besonders die Feinstaubtypen PM10 und PM2,5 sind gesundheitsgefährdend, da sie aufgrund ihrer Größe von der Lunge nicht herausgefiltert werden und somit direkt in den Organismus von Menschen und anderen Tieren aufgenommen werden. Die sich an die Partikel anlagernden Schwermetalle und radioaktiven Elemente gelangen ebenfalls in den Körper und verursachen schwere Gesundheitsschäden. Allein in Skouries werden geschätzte 430t PM10 pro Jahr anfallen mit hohen Konzentrationen insbesondere an Arsen.


Der Boden

Kohlenmonoxid, Stickoxide und Schwefeldioxide werden zu saurem Regen führen und infolge dessen übersäuert ebenfalls der Boden. Dies, in Verbindung mit der Kontaminierung durch eine lange Liste an Schwermetallen von A wie Antimon bis Z wie Zink, wird es für Pflanzen und andere Organismen unmöglich machen, in dem betroffenen Bereich zu überleben.


Die „Endlagerung“

Des weiteren entsteht durch die Goldproduktion Müll und zwar vor allem durch den Prozess des Herauslösens des Goldes aus dem restlichen Gestein. Denn dafür werden heutzutage zahlreiche, in höchstem Maße giftige Chemikalien verwendet. Und all das muss dann anschließend irgendwo hin: Täler werden durch Dämme zu Becken umgewandelt und mit dem Bergbau-Müll gefüllt, der dann in der Regel so lange dort bleibt, bis der entsprechende Damm bricht, wie im Jahr 2000 in einer Goldmine in Baia Mare (Rumänien) geschehen. Dort wurden durch ein Leck 100.000 m³ mit Zyanid und anderen Schwermetallen verseuchtes Wasser freigesetzt. Dieses Wasser floss in den Fluss Tesla und später in den Danube, führte zur Kontamination über Rumänien, Ungarn und Serbien hinaus, vergiftete Trinkwasserressourcen, tötete Tausende Fische und verursachte das Absterben der angrenzenden Ökosysteme. Diese Umweltkatastrophe in Baia Mare gilt direkt nach Tschernobyl als eine der verheerendsten in der Geschichte des europäischen Kontinents. Oder aber die Giftstoffe verdunsten oder sickern langsam in den Boden ein und kontaminieren das Wasser und den Boden.

Normalerweise wird bei der Goldproduktion vor allem Zyanid verwendet. Nun rühmt sich aber Hellas Gold damit, ein Verfahren anwenden zu wollen, bei dem kein Zyanid verwendet würde: das soganannte Schwebeschmelzverfahren oder auf Englisch: „Flash smelting“. Dieses wurde niemals in industriellem Ausmaß für die Goldproduktion erprobt und ergibt außerdem kein Reingold sondern Mischungen mit Kupfer, Blei und Eisen. Da es bisher keine Methode zur Trennung gibt, ist es wahrscheinlich, dass das Unternehmen doch auch Zyanid einsetzen wird.

Weiterhin gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass das ausgewählte Veredelungsverfahren für den Goldtyp der Kassandra-Minen nicht geeignet ist und die Fabrik, wenn sie gebaut und eingesetzt wird, mehr Arsen in die Umwelt freisetzen wird, als irgendeine andere Fabrik in der EU. Das finnische Unternehmen OUTOTEC, das die Technologie des Schwebeschmelzverfahrens entwickelt hat, drückte bereits ernsthafte Bedenken gegenüber der von Hellas Gold geplanten Anwendung im industriellen Maßstab aus.

Der durch die Produktion des Goldes entstehende Müll wird nun zu etwa 70 Prozent aus arsenhaltigem Eisenoxid-Schlamm (Skorodit) und Kalziumsulfat bestehen und ist besonders aufgrund des Arsens gefährlich. Außerdem ist die Stabilität des kristallinen Skorodit bei der Lagerung mit anderen Stoffen fraglich. Aber auch dafür hat sich nun das Unternehmen von der nationalen technischen Universität von Athen eine Methode ausdenken lassen, welche nicht einmal in Pilot-Tests erprobt wurde, aber dennoch eingesetzt werden soll.

Die für Skouries geplanten Abfallbecken werden sich in den von den Flüssen Karatzas und Lotsaniko gebildeten Schluchten befinden. Die Bäume dort, einige über 300 Jahre alt, wurden bereits gefällt und 140-160 Meter hohe Dämme sollen gebaut werden. Der abgeladene Müll soll laut Angaben des Unternehmens relativ trocken sein und wie ein Berg an der höchsten Stelle noch 220 Meter über die Dämme hinausreichen. Dass dies starken Regenfällen standhalten würde, ist sehr fraglich.

Nach den Bergbauaktivitäten soll dann alles mit 60 cm Erde zugeschüttet werden und Hellas Gold will „zwei Bäume dort pflanzen, wo vorher einer stand“. Abgesehen davon, dass Bäume dicht gedrängt nicht besser wachsen, ist es auch absolut unmöglich, dass an einem solchen Ort Bäume länger überleben könnten.

Weiterhin will das Unternehmen, um das Einsickern der giftigen Stoffe in den Boden zu verhindern, die Becken mit einer Folie auskleiden. Nach aktuellen Einschätzungen wird diese Folie allerdings höchstens 50 Jahre lang dicht halten. Da Hellas Gold den Goldabbau in Skouries 27 Jahre betreiben will, wird die Lösung des Problems also anscheinend auf die Dauer des Bestehens des Unternehmens angesetzt. Was danach kommt – darum sollen sich andere kümmern.


Auswirkungen auf die Menschen

Die Menschen in der Gegend um Skouries sind in vielfacher Weise negativ von der Goldmine betroffen: gesundheitlich, sozial und ökonomisch.

Gesundheitlich sind sie betroffen, da das verseuchte Wasser, die Schwermetalle und der Staub zahlreiche, auch tödliche Krankheiten verursachen. Dies betrifft nicht nur die Arbeiter (ich schreibe hier nur in männlicher Form, da es vor allem Männer sind, die in der Mine arbeiten) sondern auch alle Bewohner_innen der Region und Besucher_innen.

Die sozialen Auswirkungen beschreibt Carlos Zorrilla in dem Ratgeber „Protecting your community against mining companies and other extractive organizers“ sehr passend: „Es ist allgemein üblich, dass multinationale Bergbauunternehmen spezielle Taktiken verfolgen, die darauf zielen, die soziale Anerkennung zu bekommen. Vor allem suchen sie Verbindungen zu lokalen Führungspersonen und Gruppen, die niemanden repräsentieren, aber leicht zu beeinflussen sind. Dadurch wird schrittweise ein Bruch im sozialen Netzwerk verursacht, während die Unternehmen ausgleichende soziale Projekte finanzieren. Sie erachten eingereichte Bewerbungsschreiben als Volksentscheide zu ihren Gunsten und erwerben strategisch Land. Sie benutzen aggressive Methoden gegen oppositionelle Bürgerinitiativen, wie z.B. Terrorismus, Gewalt, Erpressung, Infiltrierung, Überwachung, Klagen, die die finanziellen Möglichkeiten dieser Gruppen erschöpfen, Verbreitung falscher Gerüchte, Erstellung falscher Verbrechen, ausgedachte Anschuldigungen bis sogar hin zu Morddrohungen. Schließlich benutzen sie private Sicherheits-Unternehmen und arbeiten eng mit Milizen und Polizei zusammen.“ Viele, wenn nicht sogar alle dieser Strategien wurden von Hellas Gold S.A. in Halkidiki angewendet.

Schließlich wird die Region und die Menschen, die dort leben, noch ökonomisch in den Ruin getrieben. Denn die Haupt-Betätigungsfelder sind hier Landwirtschaft, Imkerei, Fischerei, Forstwirtschaft und Tourismus. All dies ist kaum bis gar nicht mit dem Goldbergbau vereinbar und wenn die Mine dann in einigen Jahren schließen würde, stünden die Menschen nur noch einer komplett zerstörten Umwelt und damit der Zerstörung aller Lebensgrundlagen gegenüber.

Markant ist auch wieder einmal das Bergbaurecht, das ganz eindeutig für die Interessen der Großkonzerne und gegen die Menschen ausgelegt ist. Unter anderem ist jede Aktivität, die den Bergbau stört, in ausgeschriebenen Bergbaugebieten verboten, privater Landbesitz kann enteignet werden (es kann also auch zu Zwangsumsiedlungen kommen), Schutzstatus für Gebiete durch nationale oder internationale Übereinkommen greifen nicht mehr und das Bergbauunternehmen hat den vollen Besitz an den Mineralien, muss also keinerlei Abgaben zahlen.

Die offene Koordination von Thessaloniki gegen die Goldminen schreibt in einem Statement zur ökonomischen Unterwanderung der Region: „Es ist außerdem kein Zufall, dass dieser skandalöse Transaktionsbetrug der nordöstlichen Chalkidiki Minen in einer Periode des Wohlstands stattfand. Zu einer Zeit, da niemand darauf achtete, während die Umsetzung des Megaprojekts, dem tatsächlichen Aufbau der Minen, inmitten der Krise durchgedrückt wird. Nun werden wir mit unverblümter Erpressung konfrontiert: wir müssen entweder eine deutliche und direkt zerstörerische Absicht akzeptieren oder wir schaffen es sonst nicht zu überleben.“

Diese deutliche und direkt zerstörerische Absicht wollen aber bei weitem nicht alle akzeptieren. Denn das Überleben kann es nur ohne die Minen geben und mit den Minen nur den Tod.


Der Widerstand (und die Repression)

Widerstand regte sich in der Region um die Kassandra-Minen schon in den späten 90ern. Wie oben bereits erwähnt, hatten die Leute dort es geschafft, eine Goldmine in Olympiada zu stoppen.


Die Mahnwache

Als nun die Pläne um Skouries klar wurden, formten sich in den umgebenden Dörfern Bürgerinitiativen, die Kampfkomitees genannt werden. Im Jahr 2009 errichteten sie auf dem Berg, wo die Mine entstehen sollte, eine Mahnwache. Diese war seitdem dauerhaft besetzt, um jede Aktivität von Hellas Gold mitbekommen und verhindern zu können. Bohrgeräte, die sich vor Ort befanden, wurden dann auch ziemlich schnell entfernt.

Über Jahre blieb es ruhig auf dem Berg. Das Goldgeschäft schien nur auf dem Papier zu existieren, die Millionengewinne nur mit Spekulationen gemacht zu werden. Keiner rechnete ernsthaft damit, dass das wahnwitzige Projekt tatsächlich durchgeführt werden sollte. Dennoch organisierten dich die Bergbaugegner_innen weiterhin, informierten sich und andere über die katastrophalen Folgen des Goldabbaus, wurden mehr. Alle Kongresse oder ähnliche Propagandaaktivitäten des Konzerns wurden in den Folgejahren gestört, vor allem mit wissenschaftlich fundierten Richtigstellungen der Tatsachen und auch Aktionen wie „Banner-Drops“. Nachdem Anfang 2012 nach zwei Monaten meterhohen Schnees, in denen der Berg „unbesetzt“ blieb, die Leute mitbekamen, dass Hellas Gold mit Angestellten des Archäologischen Instituts von Griechenland den Berg hochfuhren, schrillten die Alarmglocken: Dies schien ein Zeichen für eine tatsächliche Realisierung des Projekts zu sein. Denn das Archäologische Institut muss in Griechenland aufgrund der vielen Funde aus der Antike immer zuerst sein Okay geben, bevor irgendwelche Baumaßnahmen stattfinden dürfen.

Nach einer Vollversammlung der Kampfkomitees wurde entschieden, den Fokus auf die Mahnwache zu legen und insgesamt 40 Menschen versammelten sich schließlich dort. Am Tag darauf, am 20. März 2012 passierte dann etwas, mit dem keine_r gerechnet hatte. Hellas Gold zwang unter Androhung der Kündigung alle 350 Arbeiter aus der Silber-Blei-Zink-Mine in Stratoni und zusätzliche 150 potentielle Arbeiter auf den Berg zu gehen. Den potentiellen Arbeitern war erzählt worden, die einzige Möglichkeit für sie, in Zukunft einen Job zu erhalten, wäre, wenn sie dort hochgehen. So kam es, dass 500 Minenarbeiter die 40 Menschen in der Mahnwache, die wohlgemerkt teilweise ihre eigenen Nachbarn waren, angriffen und die Mahnwache selbst komplett zerstörten.

In Ierissos, einem der Widerstandsdörfer, wurde daraufhin das Bürgermeisterbüro besetzt und in einer Vollversammlung wurde eine Demo auf dem Berg für den 25. März angesetzt.


Die Demos

Bei der angesagten Demo nahmen ca. 2.500 Leute teil: Dorfbewohner_innen, darunter auch alte Menschen und Kinder. An diesem Tag wurden die Leute zum ersten mal mit der MAT (die griechische Bereitschaftspolizei) konfrontiert, die sie am Eingang zum Berg massiv mit Tränengas attackierte. In den folgenden Tagen, Wochen und Monaten kam es immer wieder zu großen Demonstrationen mit zwischen 2.000 und 5.000 Teilnehmer_innen und im Gleichzug auch immer wieder zu stundenlangen Auseinandersetzungen mit der MAT.

Als einschneidendes Ereignis prägte sich die Demo am 21. Oktober 2012 in die Gedächtnisse ein, bei der die Polizeigewalt ungeahnte Ausmaße annahm: Die Teilnehmer_innen auf dem Berg wurden über 7 km von der Polizei gejagt. Sie wurden geschlagen und mit Plastikmunition und Tränengas beschossen. 21 Menschen wurden verhaftet und 14 von ihnen der „Rebellion“ angeklagt.

In der Folgezeit verlagerte sich der Widerstand immer mehr in Richtung Ierissos, anstatt sich weiter auf den Berg und auf das nächstliegendste Widerstandsdorf Megali Panagia zu konzentrieren. Dies ermöglichte es dem Unternehmen, mit Baumaßnahmen für die Infrastruktur zu beginnen. Tausende Bäume wurden gefällt, eine breite Straße entstand dort, wo sich vorher nur ein schmaler Waldweg befand und zahlreiche Straßen wurden komplett neu in den Wald geschlagen. Das Abpumpen des Grundwassers begann, die Flächen für die Mine und die Abfallbecken wurden vorbereitet. Komplexe aus Bürokontainern wurden errichtet und mit dem Bau der Fabrik angefangen. Zeitgleich wurde auch in der Presse nur noch von dem Widerstandsdorf Ierissos berichtet, während absichtlich alle anderen Beteiligten unerwähnt blieben, was teilweise zur Spaltung des Widerstands führte.


Der Brandanschlag

In der Nacht zum 17. Februar 2013 betraten laut Polizeiangaben 40-50 Personen das Gelände, auf dem die Baumaßnahmen von Hellas Gold stattfanden und überwältigten vier Sicherheitskräfte. Fahrzeuge, Maschinen und Büroräume gingen in Flammen auf: Die Firma sprach von einem Sachschaden von 900.000 Euro. Als der Vorfall bekannt wurde, sanken die Aktienwerte von Eldorado um sechs Prozent.

Direkt am nächsten Tag nach dem Anschlag besuchte der rechtsgesinnte Minister für Bürgerschutz Nikos Dendias die Baustelle und versprach, die Täter zu fassen. Die Antiterroreinheit wurde involviert und der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras ließ verkünden, dass „die ausländischen Investitionen um jeden Preis geschützt werden“. Die Repression gegen die Bewohner_innen der Widerstandsdörfer ging ab diesem Zeitpunkt auf eine ganz neue Ebene: Tägliche Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Drohungen, Überwachung. Über 400 Personen wurden gezwungen, DNA abzugeben und auf ca. 70 Personen regnete es Klagen: Die Vorwürfe lauteten unter anderem Gründung einer kriminellen Vereinigung, versuchter Mord und Besitz von Sprengstoffen.

Im März fielen mehrere Hundertschaften in Ierissos ein, um Menschen festzunehmen und schossen dabei sogar Tränengas in eine Schule. Die Bewohner_innen schafften es jedoch, sich gegen den Angriff zu verteidigen. Zwei Tage später versammelten sich erneut 10-20.000 Menschen in Thessaloniki, um gegen die Polizeigewalt und die Goldmine zu protestieren. Im April wurden zwei Personen festgenommen und für sechs Monate ohne wirkliche Beweise in Untersuchungshaft gesteckt. Bei den Festnahmen brach die Polizei nachts in die Häuser ein und überwältigte die Männer im Beisein ihrer Familie. Zwei weitere Personen wurden im Juli in Ierisso festgenommen und verbrachten drei Monate in U-Haft, ebenfalls ohne Beweise. Es kam zu stundenlangen Ausschreitungen.

Noch bis in den Juli 2014 hinein wurden Leute für Aussagen bei der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dabei wurden häufig Daten für angekündigte Aktionen und Demonstrationen gewählt. Viele haben Auflagen bekommen, dass sie sich nicht mehr als 3,5 km dem Berg nähern und das Land nicht verlassen dürfen. Die Prozesse stehen noch aus.


Aktueller Stand

Am 5. August letzten Jahres stimmte das Griechische Parlament positiv über Artikel 36 des neuen Forstgesetzes sowie eine Gesetzesänderung ab, durch welche öffentliche Wälder für private Geschäfte verfügbar werden. Dadurch wurden auch alle bereits geschehenen und auch alle zukünftigen Bau-Aktivitäten von Hellas Gold legalisiert. Alle bisherigen Baumaßnahmen waren nämlich ohne Genehmigung durchgeführt worden. Am Vortag hatten zwölf Frauen aus Protest gegen die Verabschiedung der Gesetzesänderung den Eingang zur Mine blockiert, vier von ihnen hatten sich am Tor festgekettet.

Die starke Repression war auch deutlich auf dem Camp zu spüren, da die Teilnehmer_innen von einer Zahl von über 2.000 auf ca. 200 Menschen zusammengeschrumpft war. Weiterhin befürchten nun viele, durch die Wahl des neuen, laut Wahlversprechen Anti-Gold-Bürgermeisters von Ierissos, Yiannis Michos, weitere Kraft des Widerstandes zu verlieren. Denn eine Hoffnung darin, dass Politiker_innen das Problem lösen könnten, wäre nur allzu trügerisch.

Auch nach den Wahlen im Januar 2015 und mit der neuen links-faschistischen Regierung (die Partei Syriza zusammen mit den Unabhängigen Griechen) wird es noch interessant. Eines der Wahlversprechen war nämlich, die Goldminen zu stoppen. Dies hält die Gemüter zur Zeit noch im Schach. Allerdings könnten sich die Umstände auch schnell ändern, wenn klar wird, dass Politiker_innen nicht die Welt für uns "in Ordnung bringen". Und auch wenn die Widerstandsbewegung gerade schwere Zeiten durchmacht, ist hier auf Halkidiki noch nichts entschieden.


Mobilisierung

Im Jahr 2015 wird es wieder ein internationales Camp gegen den Goldabbau geben. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Voraussichtlich wird es Ende Juli/Anfang August in Ierissos stattfinden. Haltet Augen und Ohren offen. Infos wird es auf den Internetseiten beyondeurope.net und ak2003.gr geben. Wir sehen uns in Griechenland!


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