2014-03:BEFREIUNG – WAS SONST!?

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BEFREIUNG – WAS SONST!?

apendix – so steht es unübersehbar auf der Internetpräsenz der am 21. Mai diesen Jahres von Gefangenen der JVA Tegel gegründeten Gefangenengewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO).

Bald konnte die GG/BO wachsen und inzwischen gibt es Ortsgruppen in den Justizvollzugsanstalten (JVA) Burg, Sehnde, Tegel, Plötzensee, Willich I und II und Aschaffenburg, sowie den Zweiganstalten (ZwA) Krefeld und Mönchen-Gladbach.


Im August wurde die erste Ausgabe der Zeitschrift "Outbreak" (engl.: Ausbruch) herausgegeben, was den Bekanntheitsgrad der GG/BO bundesweit weiter gesteigert hat. Sie enthält neben redaktionellen Beiträgen gesammelte Erklärungen der GG/BO, Solidaritätstexte, Gastbeiträge sowie ausgewählte Presseartikel, die hinsichtlich der GG/BO in diversen Zeitungen veröffentlicht wurden. Die 1000 Exemplare der ersten Ausgabe sind inzwischen so gut wie vergriffen, der Inhalt wird aber bald auf der Website der GG/BO verfügbar sein.


Gefangene haben keinen Anspruch auf Arbeitslosenversicherung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Oft müssen sie ohne geeignete Schutz-Ausrüstung arbeiten. Die Kernforderungen der GG/BO nach einem Mindestlohn und einer Rentenversicherung für (arbeitende) Gefangene sind in der bürgerlichen Gesellschaft 'draußen' selbstverständliche Standards, die einst gewerkschaftlich erkämpft wurden. Diese Forderungen haben einen klar reformistischen Charakter, dennoch reagiert der Staat mit Repression:

Die Anstaltsleitung der JVA Willich I beschränkt die Möglichkeiten des GG/BO-Sprechers André Borris M.á Moussa Schmitz hartnäckig. Immer wieder werden ihm zugesandte Unterlagen nicht ausgehändigt. So wird er selbst von Informationen abgeschnitten und es wird massiv erschwert, dass er z. B. Flugblätter und Mitgliedschafts-Anträge verbreiten kann. Das ist wohl gesetzeswidrig, aber dass der Staat seine Gesetze bricht, wenn es gerade praktisch erscheint, ist weder eine Neuigkeit, noch eine Ausnahme.


Die basisgewerkschaftliche Organisierung ist offenbar lästig. Immerhin lässt sich aus Gefängnisarbeit, wo der Lohn einen Bruchteil des deutschen Mindestlohn-Standards beträgt, gut Profit schlagen – nämlich geschätzt eine halbe Milliarde pro Jahr, bundesweit. Hier lohnt sich, einen Blick in die USA zu werfen, wo es einen Zusammenhang der Industrialisierung des Knastsystems und wachsenden Gefangenenzahlen gibt.


Von Anfang an appellierte die GG/BO an Gewerkschaften 'draußen', die Belange von Gefangenen nicht länger unbeachtet zu lassen, sich zu solidarisieren und gemeinsam zu organisieren. Von FAU- und ver.di-Gruppen kamen Solidaritäts-Bekundungen. Aktive der Industrial Workers of the World (IWW) hielten Anfang August diesen Jahres eine Solidaritätskundgebung ab.

Linksgewerkschaftliche Basisstrukturen innerhalb und außerhalb von DGB-Einzelgewerkschaften, Sektionen und Ortsgruppen der Basisgewerkschaften (FAU, IWW) haben begonnen, sich mit den zentralen Forderungen nicht nur auseinanderzusetzen, sondern diese auch aktiv aufzugreifen, um diese in ihren Reihen stark zu machen.

Zeigt euch solidarisch, reagiert auf den Ebenen, die euch liegen ob Öffentlichkaitsarbeit, persönlicher Unterstützung oder direkte Aktion!#Ihr könntet z. B. dem mit besonders vielen Repressalien überzogenen André Moussa in Willich und anderen aktiven Gefangenen schreiben (und Briefmarken mitschicken), euch auf juristischer oder politischer Ebene mit der Anstaltsleitung auseinandersetzen oder aktives GG/BO-Mitglied werden – das können nämlich auch Menschen, die nicht (oder treffender: weniger) gefangen sind.



Die Redaktion der Outbreak hat eine eigene Mail-Adresse, die für Leserbriefe, eigene Beiträge, aber auch für Bestellungen genutzt werden soll: outbreak@gefangenengewerkschaft.de


Abgesehen von den Schikanen, die seine Tätigkeit als GG/BO-Sprecher betreffen, hat André auch darunter zu leiden, dass er seine Medikamente seit drei Jahren zu einer Uhrzeit verabreicht bekommt, die es ihm unmöglich macht, an der Freistunde teilzunehmen. Er freut sich sehr über Briefe und andere Formen der Unterstützung:

André Borris M. Á Moussa Schmitz Gartenstr. 1 47877 Willich


Diesmal steht hier erfreulicherweise keine Knast-Adresse von Oliver Rast, einem Mitbegründer der GG. Er wurde nämlich am 10.09.14 nach über drei Jahren entlassen!

„Auch wenn ich jetzt draußen bin, werde ich mich weiterhin für die Gefangenengewerkschaft einsetzen und gegen Zustände wie in der JVA Tegel vorgehen,“ so Oliver Rast nach seiner Entlassung.