2006-02:Bye bye Berlusconi

Aus grünes blatt
Zur Navigation springenZur Suche springen
The printable version is no longer supported and may have rendering errors. Please update your browser bookmarks and please use the default browser print function instead.

Bye bye Berlusconi

liz Jetzt ist es also soweit - der "cavaliere" ist weg vom Fenster. Auch wenn er selbst es noch nicht wahrhaben will und sich mit aller Kraft an die Macht klammert, die er fünf Jahre lang missbrauchen durfte. Das hier soll kein Artikel werden, wie schlecht Berlusconi regiert hat. Das soll kein Bericht werden über gefälschte Statistiken (welche Prodi auch schon mal gebracht hatte), eklatante Lügen und zum Himmel schreiende Äußerungen offensichtlichen Größenwahns.

Es geht um ein Magazin, das allen italienischen Haushalten in den letzten Wochen zugesandt wurde. Wie praktisch es besonders in Wahlzeiten ist, TV Sender und Verlage zu kontrollieren, ist Signore Berlusconi nicht neu und auch denjenigen nicht, die bei jeder Wahl mit einem neuen Magazin made by Forza Italia traktiert werden.

Bei der letzten Wahl hieß es noch "Una storia italiana", eine italienische Geschichte. Diesmal wurde es "La vera storia italiana" getauft, die wahre italienische Geschichte. Dass in Wahlzeiten sooft gelogen wird, wie sonst nur selten, ist bekannt. Aber Berlusconi dürfte dieses Mal echt alle Rekorde gebrochen haben.

Auf der Titelseite des Magazins ist Berlusconi als strahlender Held zu sehen, der tapfer und unerschrocken einer unsicheren Zukunft entgegenschreitet - auf dem roten Teppich der ihm gebührt, natürlich. Ebenso auf der Titelseite sind die Hauptthemen des Magazins angezeigt, die da wären: Die Verteidigung des made in Italy, der Wechsel von der Lira zum Euro, dann die Minister (bezeichnenderweise ist eine Frau in der Rolle einer Ministerin abgebildet, damit wollte die Forza Italia wohl übertünchen, dass unter ihrer Ägide noch weniger Frauen in den Ministerrat berufen würden, als das beispielsweise mit Prodi der Fall wäre) und dann hat sich noch ein Artikel über den elften September 2001 auf die Titelseite verirrt.

Hä?

Plumper kann Panikmache nicht sein. Erst wird gegen den Rest der Welt gewettert, der Italien die Marktanteile an der Weltwirtschaft streitig machen will, laut Forza Italia, dann wird auf zwei Doppelseiten der elfte September missbraucht, um gegen Anderslebende zu hetzen.

Dem verblüfften Leser springt - unter anderem - folgendes ins Auge: Es ist keine Auseinandersetzung zwischen Zivilisationen: aber bestimmt ist es ein "neuer Krieg" der Verteidigung der Zivilisation. Was mit diesem "neuen Krieg" gemeint sein soll, kann man sich vorstellen, wenn man sich vor Augen hält wie sich die Regierung Berlusconi bei Bush und Konsorten angebiedert hat, doch bitte auch ein paar Trüppchen nach Afghanistan und den Irak entsenden zu dürfen.

Sogar der G8 Gipfel von Genua hat sich in das Magazin verirrt. Er sein ein Erfolg gewesen. Ein Bild von einem vermummten Demonstranten ist zu sehen, der einen Stein auf ein Gefährt der Carabinieri wirft. Es steht geschrieben, dass, tausende von Jugendlichen während des G8 Gipfels die Stadt terrorisiert haben.

Es steht geschrieben, dass wer gegen den G8 Gipfel ist und kämpft, nicht gegen acht demokratisch (ja, wirklich, das steht da) gewählte Vertreter ihrer Länder kämpft, sondern gegen den Okzident, seine Philosophie (welche immer das sein mag), die Freiheit und den freien Markt. Gerade der G8 Gipfel von Genua zeigt diese Werte auf, auf deren Grundlage ein Aktionsplan für Afrika aufgebaut und öffentliche Verwaltungen von Entwicklungsländern angepasst werden können. Im Klartext: Der G8 Gipfel zeigt auf, wie man mit revolutionärem Pack verfahren soll.

Berlusconi setzt noch eins drauf, in dem er die PACE Flaggen die überall gegen Krieg demonstrierten, verurteilt, da sie auch von Bürgermeistern aus dem linken Lager an der Fassade der Ratshäuser angebracht worden waren.

Die Gesetze in Italien gelten meist nicht, so das Magazin, aber das Gesetz Nr. 22 vom 5. Februar 1998, das unter der Regierung des Ulivo (also Prodi) durchgesetzt wurde, verbietet das Anbringen der Symbole der Partei, die im Ratshaus grade das Sagen hat, weil sie nicht die Meinung aller Bürger wiederspiegelt.

Blättern wir weiter. Da ist sogar Bono von U2 zu sehen, der dem Ministerpräsidenten dankbar sein soll für seine versprochene Hilfeleistung der italienischen Regierung für arme Länder. Bono hat in einem öffentlich abgedruckten Artikel dementiert und den Cavaliere eingeladen mit ihm über Politik zu sprechen. Dann werde sich herausstellen, ob er ihm dankbar sein könne.

Jemand hat mal geschrieben, in Italien wird nicht die politische Linie verfolgt, die dem Land und den Menschen am Meisten bringt, sondern einer, der die Macht hat, verteilt die Jobs so, dass für ihn und seine Kumpels am meisten raus springt.

Es überrascht also nicht, dass Berlusconi in herzlicher Umarmung mit Schröder, Aznar, Blair und Bush, immer wieder Bush, zu sehen ist. Sogar Merkel darf mit dabei sein, im Klub der Berlusconi Buddys. Viel hat er über sie nicht zu sagen, nur, dass er sich auf die bilaterale Arbeit freut und ihr alles Gute bei ihrer Arbeit wünscht. Wie nett.

In kleinen schwarzen Kästen werden die dem linken Block zugerechneten Philosophen (etwa Marx) und in weißen Kästen, die dem rechten Block zugeordneten PhIosophen (etwa Kant) gegenübergestellt. In schwarzen Kästen werden übrigens auch die totalitären Herrscher dargestellt, die anscheinend die Ideale des linken Blocks unter Prodi darstellen sollen. Die totalitären Herrscher wären: Mao, Stalin, Castro und last but not least Hitler.

Ein umfangreicher Bildteil stellt einen dauergrinsenden Berlusconi bei der Arbeit hinterm Schreibtisch dar, mit Feuerwehrhelm als Mann der Tat, umringt von Kindern, inmitten von jungen Menschen (junge, auffallend schöne Frauen in unmittelbarer Nähe), wie sie begeistert und voller Tatendrang die Arme in die Luft werfen.

Scheinbar hatten viele Menschen genug von solch populistischem Blödsinn. Wurde auch Zeit. Jetzt ist es an Prodi sich unbeliebt zu machen und die Karre, die Berlusconi fünf Jahre lang mit bemerkenswerter Ausdauer für eigene Zwecke missbraucht hat, aus dem Dreck zu ziehen.