2015-01:Ticker: Agrogentechnik und ihre Seilschaften. Neues vom Acker (machen)!

Aus grünes blatt
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Ticker: Agrogentechnik und ihre Seilschaften

jb Kampagne „Monsanto auf Deutsch“
c/o Projektwerkstatt, Ludwigstr. 11, 35447 Reiskirchen, 06401/903283
saasen@projektwerkstatt.de, www.biotech-seilschaften.de.vu

Polemik aus dem Gentechnik-Fanblock: „Wir haben es satt“ = PEDIGA???

Mit Nazi-Vergleichen sind die Gentechniklobbyist_innen ja geübt - mensch denke an die absurde Behauptung des Prof. Klaus Ammann, die Lage der Gentechniker_innen in Deutschland sei ähnlich der von Juden im Dritten Reich. Nicht viel besser war der Versuch, aus der Kritik profitgeleiteter Wissenschaft eine neue Variante der Bücherverbrennung zu basteln. Aktuell dienen die dumpfen bis braunen Pegida-Aufläufe für solche Niveaulosigkeiten. In einem Kommentar von Joachim Müller-Jung, seit 2003 Ressortleiter der FAZ für Natur und Wissenschaft heißt es (FAZ am 22.1.2014, http://www.faz.net/aktuell/wissen/verbot-der-gentechnik-pegida-in-gruen-ein-kommentar-13379736.html): „Die Großdemonstration zum Start der Grünen Woche in Berlin war das Pegida der Wissenschaft. Wut statt Vernunft, das hat auch dieser Marsch von Zehntausenden gegen Gentechnik, Intensivlandwirtschaft und Freihandelsabkommen gezeigt, ist ein lautes und ergo probates Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. ... Nun kann man den Menschen sehr wohl ihre Meinung und ihre Verschwörungstheorien lassen, ohne gleichzeitig die Politik aus ihrer Verantwortung für die Wahrheit zu entlassen. Denn sie treibt damit ein doppeltes Spiel auf dem Rücken der Wissenschaft. Der Präsident der Royal Society, Nobelpreisträger Paul Nurse, hat die politische Rede gegen unpopuläres Wissen kürzlich als einen Mangel an Führungsstärke bezeichnet. Es ist mehr: die Feigheit vor den Fakten und die Kapitulation vor der Demagogie. Eine Bankrotterklärung der Aufgeklärten.“


Aktualisierte Übersicht über Seilschaften

Andreas Bauer-Panskus und Christoph Then haben zusammengetragen, was sich in den letzten Jahren Neues getan hat in den Gentechnik-Seilschaften - quasi ein Update zu „Monsanto auf Deutsch“. Die Veröffentlichung unter dem Titel „Der lange Arm der Industrie: Einflussnahme auf Forschung und Behörden in Deutschland im Bereich Gentechnik und Lebensmittelsicherheit“ kann unter http://www.testbiotech.org/sites/default/files/ Langer_Arm_der_Industrie.pdf heruntergeladen werden. Wie bei den beiden Autoren üblich, ist die Schrift sehr empfehlenswert. Neue Namen werden benannt, während gescheiterte Existenzen wie Kerstin Schmidt sogar noch vom an Genehmigungsverfahren beteiligten BfR in die Gentechnikkommission gehievt wurden. Eine Mathematikerin, die Raps und Rüben nicht unterscheiden kann (siehe www.biotech-seilschaften.de.vu) als Risikowissenschaftlerin - offenbar gibt es in der „Szene“ kein besseres Personal. Zusammenfassend meinen die Autoren: „Insgesamt ergab sich das Bild einer organisierten und zum Teil verdeckten Einflussnahme auf Behörden und Forschung insbesondere im Bereich der Agro-Gentechnik. ... Es zeigt sich, dass die Politik auch bei äußerst problematischen Personalien über Jahre hinweg nicht aktiv wird. Der gegenwärtige Zustand ist das Ergebnis einer regelrechten Tradition der institutionellen Verflechtung zwischen Behörden und industrienahen Einrichtungen in Deutschland. Dabei scheint sich die Bundesregierung auf den Standpunkt zu stellen, dass man Interessenkonflikte am besten einfach verleugnet. Ähnlich wie dies im Umfeld der Tabakindustrie über Jahrzehnte hinweg üblich war (siehe zum Beispiel Kyriss et al., 2008; Grüning et al., 2012), hat sich hier eine gewisse Selbstverständlichkeit im distanzlosen Umgang mit den Interessen der Industrie entwickelt, eine Überprüfung der Unabhängigkeit findet oft nicht statt. Damit leistet die Bundesregierung einem äußerst bedenklichen Zustand Vorschub: Die vielfältigen Verflechtungen weisen darauf hin, dass die Industrie über verschiedene Institutionen versucht, systematisch Einfluss auf Behörden, Forschung und Risikobewertung zu nehmen.
Die beschriebenen Netzwerke nehmen Einfluss auf die Forschungspolitik, die Risikoforschung, die Durchführung von Forschungsprojekten, die Entscheidungsfindung in der Politik und die öffentliche Meinung. Gleichzeitig hat der Einfluss der Industrie über Drittmittel-Projekte auch an den Universitäten in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Heute dominiert daher die Sichtweise der Industrie in der Diskussion über Gentechnik-Risiken. Dies gibt Anlass zur Sorge, dass beispielsweise eine kritische Untersuchung der Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen erheblich be- bzw. verhindert wird. Damit haben Politik und Gesellschaft keine ausreichende Basis, um Chancen und Risiken des Einsatzes der Agro-Gentechnik wirklich abzuwägen.“
Leider fehlen wieder alle Hinweise auf „Monsanto auf Deutsch“ als Quelle. Wer von den Geldern der Obrigkeit lebt, spielt halt nicht gern mit den Schmuddelkindern ...


Mehr Infos?

Wer regelmäßig Nachrichten aus der Agrogentechnik-Welt haben will, kann auf dem Nachrichtenportal http://www.keine-gentechnik.de nachsehen und/oder den GMwatch-Newsletter beziehen, den es auch als deutsche Übersetzung gibt. Mehr unter http://www.gmwatch.org/index.php/news/newsletter-subscription.


Zwei neue Veranstaltungsangebote zum Gentechnik-Widerstand

Die Ton-Bilder-Schau „Monsanto auf Deutsch“ ist Geschichte - fast alle Hauptdarsteller_innen sind besiegt: FINAB - aufgelöst. BioOK - aufgelöst. Biovativ - in der Restverwaltung von Kerstin Schmidt. Das BioSicherheits-Programm - weg. Seit 2013 wurde keine gv-Pflanze mehr ausgebracht. Da lohnt es sich, auf die Abläufe der vergangenen Jahre zu schauen. Denn der Erfolg, eine solche Technologie samt großen Konzernen und vielen ambitionierten Universitäten zu verdrängen, kann ja Hoffnung machen und Anregung sein für viele Kämpfe - sei es gegen das TTIP, gegen Massentierhaltung, Fracking, Braunkohle und vieles mehr. Ein abendfüllender Film und die neue Ton-Bilder-Schau mit dem Rückblick auf die Auseinandersetzungen seien empfohlen - auch und gerade allen, die aus dem Widerstand gegen die Gentechnik für ihre eigenen Themen Mut und Ideen entnehmen wollen.

1. Für einen spannenden Kino-/Filmabend: „Aufstieg und Fall der Agro-Gentechnik“

124 spannende Minuten über die Hintergründe der aufstrebenden, profitträchtigen Technik und den Widerstand dagegen. In Hunderten von Zitaten, Interviews, Bildern und Filmsequenzen wird nachgezeichnet, wie Parteien, Landesregierung, Universität Rostock, große Welt- und dubiose Kleinstfirmen in Mecklenburg-Vorpommern ein Eldorado der Agro-Gentechnik aufbauten. Doch aus der vermutet widerstandslosen Region wurde ein bemerkenswertes Symbol für die Kraft des Widerstandes, in dem sich kreative Aktivist_innen, Umweltschützer_innen und Anwohner_innen gegen die scheinbare Übermacht verbündeten. Spektakuläre Bilder von Feldbesetzungen, O-Töne von Ohrenzeug_innen der nächtlichen Feldbefreiungen und Dokumente aus dem Inneren der Gentechnik-Seilschaften machen den Film zu einem bemerkenswerten Rückblick auf fast zehn Jahre Aufstieg und Fall der Agro-Gentechnik. Am Ende siegte, zumindest in Deutschland und vorläufig, der Widerstand - ein nicht alltägliches Ergebnis. Wie das kam, zeigt der Film - am Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern.

2. Die neue Ton-Bilder-Schau: „Gene, Gelder, Gegenwehr“

Mit viel Geld, der Power großer Konzerne und einem geberfreundlichen Staat im Rücken startete 1990 das Projekt, die Landwirtschaft weiter dem Diktat von Markt und Macht zu unterwerfen. Die neue Waffe: Gentechnik. Damit schienen Saatgutkontrolle und Patente möglich - der Traum aller, die Profite erhöhen und Kapital akkumulieren, also kapitalistisch erfolgreich sein wollen. Um ihr Ziel zu erreichen, schufen sie dubiose Firmenkonstrukte, platzierten ihre Leute überall in Behörden und Regierungen und vernetzten die wichtigen Stellen zu Seilschaften der Agrogentechnik. Doch diesmal gewannen sie nicht, zumindest in Deutschland nicht (was nicht reicht!). Denn schon Mitte der 90er Jahre udn dann wieder b 2005 entwickelte sich eine spannende Mischung des Widerstandes: Feldbefreiungen, Feldbesetzungen, Aktionen vor Konzernzentralen und -versammlungen, Recherchen hinter den Kulissen, brisante Veröffentlichungen und viele informative Veranstaltungen. Mit Erfolg: 2011 wurden die letzten Versuchsfelder in einer spektakulären Aktion zerstört. Monsanto, BASF & Co. kündigten ihren Abgang aus Deutschland an. Seit 2013 wächst keine gv-Pflanze mehr. Wie gelang das? Was lässt sich daraus für andere Kampagnen und Aktionen lernen - z.B. für den Widerstand gegen Atom oder Kohle, Tierfabriken oder übergriffige Behörden, Nazis oder Sozialabbau, Militär oder Repression. Fotos, kurze Filme und ausgewählte Anekdoten machen die Ton-Bilder-Schau zu einer rasanten Erinnerung an den Aufstieg und Fall der Agrogentechnik in Deutschland.

  • Mehr Infos und weitere Veranstaltungsthemen auf www.vortragangebote.de.vu.
  • DVD bestellen: www.aktionsversand.de.vu.


Mehr Filme in Planung ...

Die Filmschneideecke in Saasen, in der der Film entsteht, ist durch allerlei Spenden inzwischen einigermaßen gut ausgestattet. Was noch fehlt, ist eine hochwertige Kamera mit der Möglichkeit, externe Mikrofone anzuschließen. Entsprechende Buchsen müssen also vorhanden sein. Außerdem braucht es immer wieder Festplatten - so Filme sind ungeheuer speicherintensiv. IDE- oder SATA-Festplatten ab 100 GB sind weiter hilfreich. Ansonsten findet sich die Sachspendensuchliste unter http://www.projektwerkstatt.de/gesucht.