2007-01:Guten Tag, ich bin die Wand

Aus grünes blatt
Zur Navigation springenZur Suche springen

Guten Tag, ich bin die Wand.

mo Darf ich mich vorstellen? Ich habe eine große Familie. Architekten interessieren sich oft nur für das, was zwischen uns ist – für den Raum. Dabei gäbe es den ohne uns gar nicht. Der Volksmund weiß uns da schon mehr zu schätzen, denn wer wünscht sich nicht seine eigenen vier Wände? Denn wir sind es doch, die den Regen und den Wind draußen halten, die Sonne draußen oder die Ofenwärme drinnen, den Lärm, die Blicke, Feuchtigkeit und Schmutz sollen wir aufhalten. Manche von uns sind schon ganz schön alt – und dennoch rüstig. Andere sind meiner Meinung nach, nun ja, nicht so ganz auf der Höhe der Zeit. Die haben in ihrem Leben, bis sie endlich im Haus ankommen, schon eine ganze Menge Dreck gemacht. Manche sind dick und manche dünn, manche werden alt und andere hoffen auf ihre Wiedergeburt... Vor vielen Generationen hat sich unsere Familie in zwei Arme aufgespalten. Die einen haben ein Skelett und ein dickes Fell dazwischen oder drumherum, die anderen vereinen beides homogen in sich.

Die Massiveren unter meinen Verwandten sind meist aus Stein oder aus Stahlbeton. Meine Urgroßmutter, die massive Natursteinwand, habe ich lang nicht mehr gesehen – nur so manche alte Kirche oder Burg noch. Heute werden eher Wände aus Künstlichen Steinen in verschiedensten Formaten geboren. Alle diese Wände sind ziemlich dauerhaft, sie können viel Wärme in sich speichern und halten den Schall auf. Aber ihre Wärmedämmeigenschaften sind nicht allzu hoch – darum werden sie oft in einen dicken Mantel eingepackt. Diese massiven Wände sind ziemlich energieaufwändig in ihrer Herstellung, somit hängt ihre tatsächliche Umweltverträglichkeit stark davon ab, mit welchen Dämmstoffen sie kombiniert sind, wie lange die tatsächliche Lebensdauer des Gebäudes ist, und ob sie danach etwa wiederverwendet werden. Dann gibt es den knochigen Teil meiner Verwandtschaft. Sie haben meist ein Skelett aus Holz oder Stahl, dazwischen irgendeine Form von Windschutz und Dämmstoff. Die sind ganz schön flexibel – das Skelett kann im Prinzip immer wieder ab- und aufgebaut werden. Bei den „Füllstoffen“ gibt es natürlich wieder Umweltfreundlichere und Schmutzigere. Zum Überblick über die verschiedenen Materialien: Tragen können energieaufwändige Stoffe wie Steine (natürliche und künstliche), Metall oder aber schlichtes Holz, welches weniger Energieaufwändig ist und bei sorgfältigem Einsatz auch erstaunliche Lebensdauer aufweisen kann: Es gibt heute noch in manchen Fachwerkhäusern Balken aus dem 16./17. Jahrhundert.

Zur Wärmedämmung können einerseits energieaufwändige, künstliche Stoffe eingesetzt werden wie verschiedene Kunststoffschäume oder Mineralfasern. Diese haben den Vorteil,dass sie meist weniger anfällig gegen Feuchtigkeit sind. Andererseits gibt es eine ganze Reihe weniger energieaufwändiger Dämmstoffe: geflocktes Papier , Holzwolle, Hanfwolle, Schafwolle, … und Stroh.

Ich werde oft als Strohkopf belächelt. Aber so dumm bin ich nicht. Und ich habe auch kein Stroh im Kopf, nein ich bin ganz aus Stroh. Dadurch bin ich zugegebenermaßen ganz schön mollig, ja geradezu dick. Aber ich kann etwas, was keine der anderen Wände kann: ich kann ein ganzes Haus tragen, gleichzeitig bin ich eine super Wärmedämmung, ganz einfach, umweltfreundlich und billig herzustellen und super leicht zu entsorgen – falls wir uns irgendwann verzanken sollten... Das scheint dir Quacksalberei? Gut, dann darfst du mich im Detail auseinander nehmen.

Stroh-Geschichte(n)

Häuser mit Stroh zu bauen, ist keine neue Erfindung. Schon lange wurden Dächer mit Strohbündeln gedeckt, Stroh mit Lehm gemischt wurde für Ziegel und Putze verwendet, Fachwerkhäuser wurden nicht selten mit einem Gemisch aus Stroh und Lehm gedämmt. 1884 gab es in den USA erste Dampfbetriebene Strohballenpressen, womit der Verwendung von Stroh neue Dimensionen eröffnet wurden. Zuerst schichteten LandarbeiterInnen in Nebraska (eine Region mit ausgedehntem Getreideanbau) die überdimensionalen Ziegel zu eingeschossigen Häusern, welche zunächst nur als temporäre Bauten gedacht waren. Diese Bauweise ist heute als „lasttragende Bauweise“ bekannt.

In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts entstanden weitere Strohballenhäuser, auch zweistöckige Holzständerkonstruktionen mit Strohdämmung. Einige dieser ältesten europäischen Strohballenhäuser stehen heute noch. Nachdem in den 1950er bis 80er Jahren Strohhäuser mehr und mehr durch die standardisierten Massen-Baustoffe ersetzt wurden, erhielten sie ab den 1980er Jahren ein Revival. Zunächst von der Ökobewegung und einer breiten Selbstbauer-Bewegung getragen, erfreut sich heute der Strohballenbau zunehmender Beliebtheit. Es gibt einige Forschungsprogramme, und baurechtlich ist Stroh als Baustoff zwar noch nicht standardisiert, aber durchaus genehmigungsfähig.

Was muss ich können?

Eine Wand trennt Räume. Sie soll dafür sorgen, dass sich der klimatische Zustand im Innenraum vom Außenraum unterscheiden kann, im Innern soll ein für Menschen angenehmes Klima entstehen. Und sie hat statische Aufgaben zu erfüllen. Ich werde die Strohwand vor allem auf ihren Einsatz im Wohnungsbau hin betrachten. Hierzu muss eine Wand winddicht sein. Sie muss Regen und Feuchtigkeit draußen halten, aber auch im Innenraum ist sie der Feuchtigkeit ausgesetzt (v.a. Bad, Küche). Des Weiteren soll sie gute Wärmedämmeigenschaften aufweisen und am besten auch ein hohes Wärmespeichervermögen. Auch gegen Schallbelastung und Abgasbelastung der Luft soll die Außenwand schützen. Eine Wand soll mindestens so lange halten, wie die Nutzung des Hauses dauern soll. Darum muss sie UV-beständig sein, Insekten und Pilze könnten die Wand angreifen, und sie ist hohen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Chemische Belastungen aus Luft und Regen greifen die Oberfläche der Wand an, der Wechsel von hoher Luftfeuchtigkeit und extremer Trockenheit zu verschiedenen Jahreszeiten tut das seine. Aber auch hohen mechanischen Belastungen muss die Wand standhalten – zum einen muss sie alle Lasten aus dem gesamten Gebäude ins Fundament leiten, zum anderen muss sie auch der Abnutzung durch die BewohnerInnen standhalten.

Und wie kriegt das ein Haufen Grashalme hin?

Konstruktion und Statik

Stroh wird heute in verschiedenen Formen verwendet. Zum einen werden Strohballen in lasttragender Bauweise eingesetzt, zum anderen als Raumabschluss und Dämmebene in Holzständerkonstruktionen. Stroh wird auch als Dämmstoff im Holztafelbau und Holzrahmenbau eingesetzt, welche die Herstellung von Fertigteilen ermöglichen. Des Weiteren gibt es Strohmatten und Strohplatten, die als Dämmstoff, Putzträger oder Trennwandelemente einsetzbar sind. Auch die nachträgliche Dämmung vorhandener Wände ist möglich, bringt aber einigen konstruktiven Aufwand mit sich. Im Folgenden wird die Stroh-Wand in lasttragender und nicht-lasttragender Bauweise vorgestellt. Bei der Lasttragenden Bauweise werden die stark verdichteten Ballen im Verband aufgeschichtet. Früher wurden sie oft auf im Fundament verankerten Stangen aufgespießt, heute ist das Anbringen von Latten auf der Außenseite üblicher. Den oberen Abschluss der Wand bildet ein Ringanker, welcher mit Gurten oder Gewindestangen zum Fundament hin verspannt wird. Die so erzielte Vorspannung soll etwas größer sein als die durch die einzubringende Dachlast erzeugte Spannung, um den späteren Setzungsprozzess vorweg zu nehmen. Der Putz trägt weitgehend zur Horizontalaussteifung des Gebäudes bei und trägt seinerseits auch Lasten ins Fundament ab. Diese Bauweise ermöglicht kurze Bauzeiten und niedrige Baukosten durch ihre einfache Konstruktion mit geringem Planungsaufwand. Bisher sind jedoch mit Kleinballen nur eingeschossige, mit Jumboballen zweigeschossige Gebäude möglich. Die Tragfähigkeit lasttragender Strohballenkonstruktionen wird derzeit noch erforscht.

Bei der nicht-lasttragenden Konstruktionsweise werden die Strohballen als Ausfachung einer Holzständerkonstruktion oder als durchgehende Scheibe vor oder hinter den Ständern eingesetzt. Die Ballen sind untereinander und mit dem Fundament verbunden. Diese Konstruktionsart ermöglicht auch größere Öffnungen und mehrgeschossige Bauten, bringt aber auch einen größeren Planungsaufwand mit sich. Wände aus Strohballen weisen eine extrem hohe Elastizität auf: Ein Strohballen, der bei einer Last von 36 Tonnen auf die Hälfte seiner Höhe komprimiert wird, erlangt nach Entfernen der Drucklast innerhalb weniger Tage exakt seine ursprüngliche Form wieder (Bou-Ali: SHB AGRA-Tests). Ähnliche Elastizität ist nur bei Gummi oder Stahlfedern bekannt. Durch diese außerordentliche Elastizität können Strohballenkonstruktionen sehr gut äußeren Belastungen wie Wind, Schnee oder Erdbeben standhalten. An elastischen bzw. reißfesten Putzen wird noch geforscht, auch besteht die Frage, in welcher Form nicht-elastische Bauteile wie Fenster oder Türen in die Konstruktion eingebunden werden können sodass die Vorteile der Elastizität ausgenutzt werden können. Anfang 2005 wurde das erste mehrgeschossige Strohballen-Mehrfamilienhaus Europas in der Altmark fertig gestellt. 20 Menschen leben hier auf ca. 530qm Nutzfläche. Eine lasttragende Strohballenkonstruktion kann Dachlasten von mehr als 500kg/m tragen, wird sie gegen Ausbeulen geschützt sind wahrscheinlich auch höhere Belastungen möglich.

Wärme

Strohballen weisen eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit auf, wobei liegende Ballen relativ zur Wanddicke mehr Wärme durchlassen. Schon bei der Verwendung von stehenden Strohballen (d=35cm) kann der Passivhausstandart mit einem U-Wert unter 0,15 W/m²K erreicht werden. Strohballen Speichern aufgrund ihrer geringen Masse nur wenig Wärme – umso relevanter ist für die Wärmespeicherung der innere Raumabschluss der Strohballenwand. Ein 6cm dicker Lehmputz beispielsweise kann durch wesentlich zum Wärmepuffer des Gebäudes beitragen. Die gesamte Wärmespeicherfähigkeit Wand aus stehenden Kleinballen mit 6cm Lehmputz innen entspricht etwa der Speicherfähigkeit einer 11,5 cm dicken Backsteinwand.

Feuchtigkeit

Stroh hat eine relativ hohe Wasserdampf-Durchlässigkeit. Der ideale Feuchtegehalt von Stroh beträgt 8-14% relativer Feuchte, Schimmel entsteht bei einem Feuchtigkeitsgehalt der Strohballen von 15-20% (das entspricht einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70% in den Ballen) und bei einer Temperatur ab 20 Grad C. Was möglichen Tauausfall in der Wand angeht, befinden sich Strohballenwände am Rand des Rechenbaren. Wird aber die innere Bekleidung sorgfältig und rissfrei ausgeführt und besteht ein Dampfdiffusionsgefälle von innen nach außen, so sind aus der Praxis bisher keine Probleme bekannt. Rechnerisch (z.B. nach dem Glaser-Verfahren) ist des Öfteren mit Kondenswasserausfall zu rechnen, dies ist jedoch unkritisch, wenn es sich nur um geringere Mengen handelt, die durch Verdunstung und Belüftung wieder entweichen können, auch Sonnenbestrahlung hilft hier über kritische Situationen hinweg. Hinzu kommt, dass Stroh aufgrund seines hohen Silikat-Gehaltes langsam verrottet (selbst ungeschützt bewitterte Strohballen halten sich jahrelang), und dass ein Lehmputz stark feuchtigkeitsausgleichend wirkt. Unter Berücksichtigung eines durchdachten konstruktiven Feuchteschutzes, ggf. mit

Holzbeplankung an der Wetterseite, ist die Strohballenwand also durchaus wetterfest: Ein Strohhaus braucht nur hohe Stiefel und einen großen Hut.

Schädlingsbefall

Die Sorge vor Schädlingsbefall liegt bei dem Gedanken an ein Strohhaus nahe. Bei Untersuchungen in alten und neuen Strohhäusern konnten aber keine Hinweise auf Schädlingsbefall festgestellt werden. Ein 1994 in Swarthmore, Pennsylvania, errichteter Testbau wurde nach 4 Jahren wieder abgebaut und untersucht – auch hier lag keinerlei Schädlingsbefall vor. Das begründet sich zum einen in der hohen Dichte der Strohballen, welche ihn als Nistplatz etwa für Mäuse unattraktiv macht. Ist die Strohballenwand rundherum intakt verputzt, so ist auch die Gefahr, dass sich Insekten und andere Kleinstlebewesen einnisten äußerst gering. Stroh ist auch kein Nahrungsmittel für irgendwelche Nagetiere, da das Korn ja fehlt.

Feuer

Durch die kompakte Pressung enthält der Strohballen nur wenig Luft und verhält sich im Brandfall wie Holz: er verkohlt außen und baut so eine Schutzschicht auf. Somit wird die Strohwand der Baustoffklasse B2 als normal entflammbar zugeordnet und erreicht einen Feuerwiderstandswert F90 – Tests in den USA haben sogar eine Feuerwiderstandsdauer von 120 Minuten ergeben. Das heißt also, dass die Wand bei 90 bzw. 120 Minuten intensiver Befeuerung noch nicht zusammenbricht. Selbst unverputzte Strohwände widerstanden der Befeuerung 36 Minuten und der Brand ging nach beendetem Versuch von selbst wieder aus.

Schall

Strohballen bieten durch ihre relativ geringe Dichte und hohe Elastizität einen sehr guten Schallschutz.

Gesundheit

Im Bauprozess kann es bei StauballergikerInnen zu unangenehmen Reaktionen kommen, im fertigen, verputzten Gebäude sind keinerlei gesundheitliche Auswirkungen bekannt. Im Gegenteil hat das Stroh in Verbindung mit Lehm ausgesprochen positive Auswirkungen auf das Raumklima. Der Lehmputz wirkt feuchtigkeitsausgleichend und luftreinigend. Eventuelle Auswirkungen von Spritzmitteln bei Stroh aus konventioneller Landwirtschaft sind bisher nicht untersucht worden. Es empfiehlt sich aber natürlich aus ökologisch-politischer Sicht, Stroh aus biologischer Landwirtschaft zu kaufen und diese damit zu unterstützen.

Lebenszyklus

Strohballen sind ein Abfallprodukt aus dem Getreideanbau, welcher eine unserer Haupt- Nahrungsquellen darstellt. 20% der gesamten Ernte in Deutschland werden nicht für landwirtschaftliche Zwecke benötigt und wurden bislang hauptsächlich verbrannt. Damit ließen sich bundesweit jährlich ca. 350 000 Einfamilienhäuser bauen. Prinzipiell ist das Stroh von jedem Getreide zum Hausbau geeignet, hierzulande wird meist Roggen- oder Weizenstroh verwendet, zuweilen auch Gerste. Langhalmiges Stroh liefert die beste Stabilität und Wärmedämmung. Die Halmlänge variiert je nach verwendetem Mähdrescher, Wetter und Tageszeit, abhängig von der Feuchtigkeit. Das Stroh wird lose in die Ballenpressen eingefüllt, welche 10cm dicke stark verdichtete Strohmatten herstellt die dann zu Ballen gebunden werden. Technisch sind also Ballen verschiedenster Abmessungen denkbar. Die üblichen Kleinballen messen 28-35cm x 40-50cm x 60-90 cm (John-Deere- Hochdruckpresse). Großpackenpressen (Fa. Claas) erzeugen 50cm x 85cm x 85-240cm große Ballen, welche, je nach Länge, 40-120kg wiegen. Es gibt derzeit keinen Hersteller im üblichen Sinne, da Strohballen wie gesagt ein Abfallprodukt sind und in fertigen Abmessungen direkt auf dem Feld gepresst werden. Strohballen sind somit ein regional, also dezentral hergestelltes Produkt, dessen Fertigung im Vergleich zur sonstigen Entsorgung praktisch keinen Mehraufwand erfordert. So entstehen äußerst geringe Transportkosten und die ansässigen Landwirte werden unterstützt. Strohballen sind äußerst einfach zu verarbeiten, sodass zum Strohballenbau einfaches Werkzeug ausreicht und auch Ungeübte leicht in den Bauablauf einbezogen werden können. Gerade im Wohnungsbau ist das attraktiv, denn es ermöglicht einen großen Eigenbauanteil und wird somit zu einem ganz eigenen Erlebnis für die zukünftigen BewohnerInnen – besonders für Kinder. Die Verarbeitung von Strohballen ist gesundheitlich absolut unbedenklich – im Gegenteil zu beispielsweise dem Einsatz von Glaswolle. Es gilt beim Einbau von Strohballen besonders auf ausreichend Regenschutz für die Ballen zu achten, sowie darauf dass das Stroh gleichmäßig und dicht gestopft wird und der Putz sorgfältig und lückenlos angebracht wird. Strohballen wird eine erstaunliche Lebensdauer zugesprochen: etwa 80 Jahre scheinen normal, in den USA bestehen noch einige Häuser welche über 100 Jahre alt sind. Ein beispiellos kostengünstiger Baustoff sind sie auch: Strohballen können direkt ab Feld erworben werden und sind leicht zu transportieren. Konventionelle, eingelagerte Kleinballen kosten etwa 60-80ct pro Ballen, die größeren Ballen gibt es ab 2,50€ pro Ballen. Auch die Arbeitskosten sind recht gering da vieles von ungelernten Händen ausgeführt werden kann. Der Rückbau von Strohballenhäusern ist unproblematisch. Nach dem Entfernen des Innenausbaus muss nur der Putz abgeschlagen werden, dann kann mensch die Ballen einzeln herunternehmen. Die Untersuchungen des Swarthmore-College, Pennsylvania, ergaben dass die Ballen eines Testbaus nach dem Abriss nach 4 Jahren noch vollkommen intakt waren und also problemlos wieder verwendet werden können. Die Entsorgung von Stroh ist auch unproblematisch, denn es ist vollständig kompostierbar und geht damit wieder in den Stoffkreislauf ein – oder es kann thermisch genutzt werden.

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Verpackungsbeilage…

Strohballen werden aus einem Abfallprodukt eines nachwachsenden Rohstoffes hergestellt, der in kürzester Zeit nachwächst und zu 100% biologisch abbaubar ist. Berechnungen von Richard Hofmeister (F.Ll.Wright School of Architecture, Arizona) ergaben, dass Strohballen einen Primärenergiegehalt von 14 MJ/m³ haben (vgl. Mineralwolle: 1667 – 2520 MJ/m³, Ceuterik 1993). Während der Herstellung der Strohwand wird ein ökologischer Fußabdruck von 2364 m²a/m² verursacht – nur ein Zehntel dessen, was ein vergleichbarer konventioneller Wandaufbau an natürlichen Flächen verbraucht. Während ihres Wachstums bindet die Getreidepflanze CO2 aus der Atmosphäre, welches bei der Verwendung der Strohballen als Baustoff gespeichert wir – anstatt durch Verbrennung oder Verrottung sofort wieder freigesetzt zu werden. Somit bietet dieser Baustoff eine positive CO2-Bilanz (ich vermute aber, dass hierbei die Abgase der Ackermaschinen außer Acht gelassen wurden.).

Eigenarten und Gefühlswelten

„Ja aber du bist doch so hässlich dick, und gänzlich unmodern!“ – Das wird mir des Öfteren vorgeworfen, nachdem ich meine Ökologischen Seiten aufgeschlagen habe. Eine ganz andere Sicht meines strohigen Charakters weiß Christopher Day, Wales, zu schildern:

Massive Wände erzeugen bei allen Öffnungen nach außen sichtbare Übergangszonen, die in verschiedensten Ausformungen möglich sind. Sie können zu sozialen Räumen werden, Sitze, Nischen und Vitrinen beherbergen oder persönlich gestaltete Passagen bilden - im Gegensatz zu den Türen und Fenstern konventioneller Gebäude, die genau genommen nichts als Öffnungen in einer Wand sind. Die Massivität dieser Wände erlaubt es den BewohnerInnen nicht nur, sie individuell zu gestalten und den eigenen Bedürfnissen anzupassen sondern erzeugen auch das physische und psychologische Gefühl von Wohlfühlen und Geborgenheit. „Ein Aspekt beim traditionellen Bauen mit naturnahen Materialien war ihre Dimensionierung nach den Maßen des menschlichen Körpers. Sie sind so bemessen, dass sie von Hand verlegt werden können.”

Trotzdem gilt es natürlich, für jede Bauaufgabe den passenden Baustoff zu wählen, und auch hier möchte ich mit Christopher Day sprechen:

Alle Materialien haben individuelle Eigenschaften. Holz ist warm, es birgt Leben in sich, obwohl der Baum längst gefällt ist, Ziegel vermittelt beim Anfassen und Betrachten immer etwas von der Wärme des Brennofens. Stahl ist hart, kalt und zeugt vom Druck starker, mächtiger Industriemaschinen, die ihn gerollt und gepresst haben; Kunststoff hat etwas von dem unnatürlichen molekularen Prozess (Polymerisation) an sich, durch den er entstanden ist, er steht außerhalb der Sphäre des Lebens und ist, wie Stahlbeton, durch nicht sichtbare Strukturgesetze gebunden. Aus diesen Eigenschaften heraus sprechen die Materialien zu uns. Es ist schwer, aus unbehandeltem Holz einen Raum mit kühler Ausstrahlung herzustellen, und schwierig, einen warmen, weichen, zugänglichen Raum aus Beton zu bauen.

Schöne Aussichten?

Ich, die Strohballenwand, bin also unter ökologischen Gesichtspunkten beinahe unschlagbar. Konstruktiv hab ich da so meine Einschränkungen – aber es gibt ja verschiedenste Anwendungsgebiete, und üben kann ich auch noch. Ich sehe meine Zukunft in einer neuen, energiebewussten Architektur und Stil, hier könnte ich auch Trendsetterin werden. Ich hoffe, also nicht als Strohpuppe abgestempelt, noch als Strohbesen in die Ecke gestellt zu werden. Und ich denke, es gibt viele überzeugende gebaute Beispiele, welche das alte Kindermärchen von den drei Schweinchen Zilli, Billi und Willi der Vergangenheit angehören lassen: Zilli baute sich ein Haus aus Stroh, Billi eines aus Holz und Willi eines aus Stein. Da kam der böse Wolf zuerst zu Zilli und blies sein Haus einfach davon. Auch das Haus von Billi blies er mit einem kräftigen Atemzug hinweg, sodass sich die beiden Schweinchen zu Willi ins Steinhaus retten mussten…