2005-03:Culture Jamming - Die Rückeroberung der Zeichen

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Culture Jamming - Die Rückeroberung der Zeichen

pn Adbusting oder Subvertising sind schwer in Mode - die cool aufgeladenen Begriffe bezeichnen die subversive Veränderung von Werbetafeln, die sich zur Zeit im deutschsprachigen Raum großer Beliebtheit erfreut. Die Aktionsform ist "hip" - die Inhalte dahinter meist oberflächliche Konsumkritik. So überrascht es nicht, dass nun ein Buch im Fahrwasser dieser "Bewegung" surft. Dabei werden alle negativen Klischees deutlich überholt.

In den ersten beiden Schwerpunkten des Buches werden die gesellschaftskritischen Grundlagen vorgestellt, die dem Adbusting vorausgehen - allerdings sehr dünn bleiben: Im Zielvisier seiner Kritik liegen ausschließlich "Konsumkapitalismus", Werbung und die Macht der Konzerne, immer wieder verbunden mit Forderungen nach demokratischer Kontrolle, d.h. der Erweiterung staatlicher Macht, die an keiner Stelle kritisch reflektiert wird. Selbst die Kritik an der Ökonomie bleibt immer an der Oberfläche - der seltsam positive Bezug auf den "amerikanischen Traum" zeigt auch sehr klar, dass selbst die kapitalistische Konsumkultur für Lasn nur in ihren Auswüchsen problematisch ist: "Eine wohlhabende Konsumkultur war entstanden. Was wir benötigten, zahlten wir in Cash." (S. 69) Aber auch die Schauermärchen von der ökologischen Apokalypse dürfen nicht fehlen - bis hin zu gruseligen Argumentationen, in der Lasn einfach mal "Überbevölkerung" phantasiert und damit typische Muster rechter Ökologie wiedergibt. Einzig die Bezüge zu situationistischen Theorien weisen etwas Tiefe auf.

Aber auch der Praxisteil kann nicht überzeugen. Auffällig ist, dass sich selbst im Aktionsteil des Buches kaum etwas findet, dass mit Subversion zu tun hat: Als Adbusting-Aktionen werden überraschenderweise vor allem das Einkaufen von Sendezeit kommerzieller Fernsehsender für kritische Werbespots, das Verklagen von Konzernen oder Medien (S. 187) und angepasste Protest-Aktionen (S.153) vorgestellt. Dazu kommt auffällig viel Schleichwerbung für die Adbusters-Organisation, die Lasn gegründet hat. Unverkennbar ist auch der arrogante Blick professionalisierter NGO-Politik: Statt Aktionen auf der Straße sei es wichtig, im Fernsehen zu erscheinen (S. 136). Nur an wenigen Stellen streift das Buch tatsächlich Praxen, die mit Verfremdung oder Subversion zu tun haben - diese stehen sehr isoliert, ohne schwarzen Faden oder Bezüge zum restlichen Buch da.

Insgesamt eher eine Mogelpackung, die sich mit dem Flair der Radikalität und subversiven Strategien schmückt - ohne damit auch nur ansatzweise etwas zu tun zu haben.

  • Orange Press 2005, 224 Seiten, 20 EUR